C’est le ton qui fait la musique

Simon Tottoli | 16.11.2023

Editorial

Tottoli Simon RGB

Simon Tottoli, Chefredaktor

Neue Autos verfügen heute über diverse Assistenzsysteme ab Werk. Selbst eher preisgünstige Fahrzeuge haben sie, was nicht nur mit dem technologischen Fortschritt, sondern vor allem auch mit einer EU-Verordnung zu tun hat. Seit 6. Juli 2022 zwingt diese die Hersteller, in ihre neu homologierten Modelle bestimmte Assistenten ab Werk einzubauen. Ab Juli 2024 müssen ausnahmslos alle Neuwagen damit vorfahren.

Zu den obligatorischen Systemem gehören unter anderem der Notbremsassistent, der Notfall-Spurhalteassistent und der intelligente Geschwindigkeitsassistent. Während man dem Notbrems- und dem Spurhalteassistenten noch eine gewisse Sinnhaftigkeit zuschreiben kann (wobei wir schon mehrfach erleben mussten, dass ihr übereifriges Eingreifen auch gefährdet statt schützt), ist der Geschwindigkeitsassistent eine waschechte Bevormundung. Sobald die zulässige, mittels Verkehrszeichenerkennung oder per Navigationskartenmaterial ermittelte Höchstgeschwindigkeit überschritten wird, muss der Fahrer visuell oder akustisch gewarnt werden. Am liebsten sieht es die EU, wenn der Geschwindigkeitsassistent von sich aus aktiv wird und das Fahrzeug beispielsweise mittels Drosselung der Leistung verlangsamt.

Dass derlei Eingriffe nicht gerade förderlich für das Freiheitsgefühl hinter dem Lenkrad sind, steht ausser Frage. Schon ein Kilometer pro Stunde zu viel ruft den Geschwindigkeitsassistenten auf den Plan – auch dann, wenn der Wagen gar nicht zu schnell fährt. Der Assistent orientiert sich nämlich am Tacho, der weniger genau ist als GPS. Immer korrekt informiert ist er leider auch nicht. Dass er deaktiviert werden kann, ist nur ein schwacher Trost, weil er bei jedem Fahrzeugneustart wieder aktiviert wird.

Trotz allem gibt es auch eine gute Nachricht: Die Hersteller haben ziemlich freie Hand, wie sie diese Vorgabe umsetzen. Die meisten wählen eine Kombination aus optischer und akustischer Warnung. Vor allem fürs Gehör sind dabei die Unterschiede frappant und dürften zukünftig so manche Probefahrt zum alles entscheidenden Erlebnis machen. Vor allem asiatische Marken neigen dazu, mit extrem penetranten Pieptönen auf die Verkehrsdelikte hinzuweisen. Die Europäer (wo das Gesetz ja herkommt) beschränken sich auf ein dezentes Summen oder Brummen, das zwar ebenfalls nerven kann, aber nicht jedesmal auf direktem Weg ins Menü zum Abschalten führt. Von europäischen Importeuren asiatischer Marken wissen wir, dass sie die Hersteller aus Japan, Korea und China dazu bewegen wollen, mehr akustische Zurückhaltung zu üben. Denn dass ausgerechnet sie die EU-Vorgabe am vorlautesten umsetzen, kann irgendwie nicht das Ziel sein.

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