Der Diesel ist tot, es lebe der Diesel!

Simon Tottoli | 09.11.2023

Editorial

Tottoli Simon RGB

Simon Tottoli, Chefredaktor

Zwei ausführliche Fahrzeugtests finden Sie in dieser aktuellen Ausgabe der AUTOMOBIL REVUE. Bei beiden geht es um Modelle mit Dieselmotor unter der Haube. Was beim Pick-up VW Amarok als veritablem Arbeitstier noch auf der Hand liegt, scheint beim SUV Mazda CX-5 schon nicht mehr so naheliegend zu sein. Denn viele SUV-Modelle (und nicht nur sie) verfügen mittlerweile über einen Hybridantrieb auf Benzinerbasis oder sind gar vollelektrisch.

Dem Diesel ist es in den letzten Jahren wirklich an den Kragen gegangen. Noch 2015 lag sein Anteil bei den PW-Neuzulassungen bei 38.9 Prozent, schon sechs Jahre später hatten nur noch 13.6 Prozent der neuen Autos einen Selbstzünder unter der Haube. Dieser tiefe Wert sank 2022 erneut, auf 11.6 Prozent. Und 2023? Da sieht es schwer nach einem Rückgang auf unter zehn Prozent aus, von Januar bis Oktober betrug der kumulierte Dieselanteil 9.4 Prozent. Ganz so schlimm ist der reale Einbruch zwar nicht, denn (mild-)hybridisierte Diesel werden separat gezählt. Doch Erfolg sieht anders aus.

Bei all diesen Negativwerten könnte man glatt übersehen, dass der Selbstzünder für viele immer noch der Antrieb der Wahl ist. Für einen Pick-up wie den Amarok sowieso. Der gilt als Nutzfahrzeug, und bei Nutzfahrzeugen kommen sattes Drehmoment und tiefer Verbrauch noch besser zur Geltung als im Privatalltag. Aber auch Personenwagenkäufer schätzen die Dieselvorzüge, vor allem wenn sie täglich weite Strecken zurücklegen müssen. Ein moderner Diesel schafft locker 1000 Kilometer mit einer Tankfüllung, selbst wenn ein Grossteil der Strecke über die Autobahn führt. Von solchen Werten können Elektroautofahrer nur träumen, ganz besonders im Winter.

Dass es trotzdem so schlecht steht um den Diesel, hat bekanntlich auch politische Gründe. In den Köpfen der Menschen ist er dreckiger denn je (obwohl das Gegenteil der Fall ist), ihm haftet das Image eines Schmutzfinks an, das mit einem luxuriösen Neuwagen nicht mehr so richtig harmoniert. Dass die Hände nach dem Tanken riechen, wenn vorher nicht zum Plastikhandschuh gegriffen wurde, hilft auch nicht.

Vielfahrern ist das alles egal. Sie sind froh, wenn sie überall tanken können und wissen, dass ihr Diesel sauberer ist, als man es ihm nachsagt. Und vorerst müssen sich Dieselfans auch keine Sorgen um die Modellauswahl machen, denn es gibt zwar heute weit weniger Modelle mit Selbstzünder als noch vor ein paar Jahren, aber selbst bei Neuvorstellungen wie dem neuen Skoda Superb steht noch eine Dieselvariante zur Verfügung. Doch es gilt auch: Wer möglichst lange Diesel fahren will, sollte sich wohl in naher Zukunft noch einen sichern.

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