Elektromobilität im Vergleich: Die Schweiz platziert sich unter den Top 10

Klaus Justen | 12.08.2024

Wie gut – oder wie schlecht – ist die Schweiz im internationalen Vergleich bei der Elektromobilität aufgestellt? Eine weltweite Studie des Flottenanbieters Ayvens stellt der Eidgenossenschaft ein gutes Zeugnis aus mit einer deutlichen Verbesserung im letzten Jahr.

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Deutlich verbessert: Das Angebot an Schnelladestationen.

Der Mobility Guide von Ayvens, der neuen Mobilitätsmarke der beiden Flottenanbieter ALD Automotive und LeasePlan, bewertet 47 Länder weltweit. Auf Grundlage von sechs Kernfaktoren werden die Länder in drei E-Mobilitäts-Reifegrade eingeteilt: Developed (ausgebaut), Transitioning (im Übergang) und Emerging (aufstrebend). Bewertungszeitraum ist das Jahr 2023.

Die Schweiz landet dabei, wie der überwiegende Teil der europäischen Länder, in der ersten Kategorie. Mit deutlichem Abstand an der Spitze stehen Norwegen und die Niederlande, die Schweiz ist auf Platz acht und erreicht insgesamt 64 von 100 möglichen Punkten. Damit liegt die Schweiz einen Platz vor Deutschland, im Vergleich der DACH-Länder aber auch einen Rang hinter Österreich. Bei der Punktausbeute hat die Schweiz kräftig zugelegt, denn zu 2022 gelang eine Steigerung um zehn Zähler.


Ranking EV Märkte

Die besten Märkte für Elektromobilität.

Anhand dieser sechs Bewertungskriterien hat Ayvens das Ranking erstellt:

• Zahl der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen (Batterieelektrische Fahrzeuge, BEV und Plug-in-Hybride, PHEV) und deren Marktanteil, getrennt ausgewertet nach Personenwagen und leichten Nutzfahrzeugen, jeweils im gewerblichen Markt.

• Ausbau der Ladeinfrastruktur, Zahl der Ladestationen mit niedriger Ladeleistung (bis 22 kW) und DC-Säulen bis hin zu High Performance Chargern.

• Besteuerung und Regulierung, staatliche Förderung alternativer Antriebe.

• Angebot an umweltfreundlichen Antrieben, also die Modellvielfalt, die von den Importeuren und ihren Händlern geboten wird.

• Relevanz für die Nachhaltigkeit, das ist die Bewertung des nationalen Strommixes und der CO2-Emission bei der Stromerzeugung.

• Gesamtbetriebskosten im Vergleich zu Verbrennern.

Topwerte für die Schweiz bei Fahrzeugangebot und Betriebskosten

Sehr gut schneidet die Schweiz bei den letzten drei Punkten ab. Das Angebot an elektrisch angetriebenen Fahrzeugen ist sehr gut, 143 verschiedene Modelle wurden 2023 verkauft. Damit erreicht die Schweiz in dieser Kategorie 13 von 15 möglichen Punkten. Volle Punktzahl, nämlich 5 von 5, gibt es für die Stromerzeugung und den Strommix mit hohem Anteil an erneuerbaren Enegien und 86 Gramm CO2 pro Kilowattstunde. Ebenfalls sehr gut stellt sich die Situation in der Schweiz bei den Gesamtkosten für ein Fahrzeug dar. Gerechnet auf vier Jahre Haltedauer und insgesamt 80‘000 Kilometer Fahrleistung ergeben sich Kilometerkosten von 46 Eurocent für ein BEV, während ein Verbrenner auf 54 Cent pro Kilometer kommt.

Die Farbe gelb leuchtet für die Schweiz bei den Kategorien Besteuerung und Regulierung auf, hier gibt es bescheidene 6 von möglichen 20 Punkten, und auch beim Thema Ladeinfrastruktur ist noch Luft nach oben (12 von 20 Punkten). Aber immerhin hat sich die Zahl der Ladesäulen binnen Jahresfrist um mehr als 50 Prozent erhöht. Insgesamt müssen sich statistisch 10.4 Elektroautos eine Ladesäule teilen und es stehen 20.1 Ladesäulen pro 100 Kilometer Strasse. In den Niederlanden, weltweiter Musterknabe in dieser Disziplin, teilen sich 4.2 Autos eine Säule, und alle 1400 Meter gibt es eine Lademöglichkeit – auf 100 Kilometer Strasse kommen 72.8 Säulen.

Beim Bewertungspunkt, wie Elektrofahrzeuge von den Käufern angenommen werden, hat das sehr gute Neuzulassungsjahr 2023 der Schweiz 15 von 25 Punkten eingebracht. Das dürfte sich bei der Neuauflage der Ayvens-Studie im kommenden Jahr nicht halten lassen angesichts der zurückgehenden BEV-Immatrikulationen.

Daten Schweiz

Die Detailergebnisse der Schweiz.

Erhebliche Unterschiede bei der Ladeinfrastruktur

Gesamtfazit der Analyse: Die Elektrifizierung des Individualverkehrs kommt voran, dabei belegen West- und Nordeuropa die Spitzenplätze.13 europäische Länder fallen in die Kategorie „ausgebaut“ (2023 waren es noch 11 Länder). Dies deute „auf eine starke Präsenz von Elektrofahrzeugen und günstige Bedingungen für eine weitere Elektrifizierung hin“, so die Studie. Am weitesten entwickelte Länder sind Norwegen (82 von 100 Punkten), die Niederlande (80/100) und Finnland (74/100). Auch neue geografische Regionen wie Süd- und Osteuropa sowie Thailand (43/100), in denen mehr Elektrofahrzeuge eingeführt werden und die Ladeinfrastruktur ausgebaut wird, tragen aktiv zum Wachstum des E-Mobilitätsmarkts bei. Die USA übrigens zählen mit 34/100 Punkten noch zu den aufstrebenden Elektromärkten.

Die Ladeinfrastruktur variiert von Land zu Land immer noch stark. Auf einer Skala von 0 bis 20 sind die Niederlande mit 17 Punkten das reifste Land in Sachen Ladeinfrastruktur, noch vor dem Elektromobilitätspionier Norwegen (15/20). Österreich (16/20), Deutschland (14/20) und Dänemark (14/20) haben ihre Ladeinfrastruktur-Werte klar verbessert und den Zugang zu Lademöglichkeiten für Fahrerinnen und Fahrer deutlich erleichtert. In Australien (4/20), Irland (5/20) und Polen (5/20) dagegen kann die Infrastrukturentwicklung mit dem rasanten Anstieg an Elektrofahrzeugen kaum Schritt halten.

Europa zweite Liga

Die Länder der zweiten Reihe mit dem Reifegrad "im Übergang".

In 20 Ländern gibt es mittlerweile mindestens 100 verschiedene BEV-Modelle. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der verfügbaren E-Modelle auf dem Markt rasant angestiegen und deckt mittlerweile ein breiteres Spektrum im Personenwagen- und Transporter-Segment ab. Mit der Markteinführung des Citroen eC3, des Renault 5, des Volvo EX30, des Kia EV3, des Lancia Y und des Alfa Junior werde zudem eine breitere und stärker diversifizierte Kundenbasis mit unterschiedlichen Wünschen und Budgets angesprochen, so Ayvens.

Der Ausbau der Ladeinfrastruktur wurde unter anderem durch die Umsetzung der europäischen „Alternative Fuels Infrastructure Regulation“ (AFIR) weiter vorangetrieben, die die EU-Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, in regelmässigen Abständen Ladesäulen an Autobahnen zu installieren.

Foto: GoFast, Grafiken: Ayvens

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