Unterhalb von drei Millimetern Profiltiefe lassen Autoreifen spürbar in ihrer Leistungsfähigkeit nach, vor allem auf regennasser Fahrbahn. Bislang gilt also der Rat an Autofahrer: Wenn die drei Millimeter unterschritten werden, sollte ein Reifen-Neukauf in Angriff genommen werden. Erst recht gilt das bei Winterreifen. Hier geht man davon aus, dass unterhalb von vier Millimetern die Traktion und das Bremsverhalten auf schneeglatter Fahrbahn leidet. Im Nachbarland Österreich zum Beispiel erfüllen Winterreifen mit weniger als vier Millimetern nicht mehr die Voraussetzungen, bei Wintersperren in den Bergen (Winterausrüstung vorgeschrieben) entsprechend ausgeschilderte Strecken zu befahren.
Allerdings ist der vorzeitige Austausch der Pneu – jeder zweite Reifen wird schon mit drei Millimetern und mehr Profil entsorgt – ein Problem in Fragen der Umweltbelastung: Würden die Reifen tatsächlich bis zur gesetzlichen Profilgrenze genutzt, fielen in Europa pro Jahr 128 Millionen Altreifen weniger an, rechnet Reifenhersteller Michelin vor. Das entspricht 6.6 Millionen Tonnen CO2-Emissionen, und in Geld ausgedrückt fast sieben Milliarden Franken, die sich die Autofahrerinnen an Ausgaben sparen könnten. Weltweit werden nach Angaben von Michelin jährlich 400 Millionen Reifen vorzeitig entsorgt. Die dabei entstehenden 35 Millionen Tonnen CO2 entsprechen den Emissionen einer Grossstadt wie New York in einem halben Jahr.
Die EU hat deshalb zu Anfang Juli ein geändertes Genehmigungsverfahren zur Typzulassung von Reifen eingeführt. Wurden bislang ausschliesslich neue, fabrikfrische Reifen während des Testprozederes bewertet, werden jetzt auch Reifen mit Mindestprofil in das Testverfahren aufgenommen. Geregelt ist dies in der zum 1. Juli in Kraft getretenen Verordnung UN R 117.04. Diese gilt europaweit und ermittelt Leistungsfähigkeit von Reifen für Personenwagen, Leicht-Lkw und Lkw. Ziel ist es, die sichere Nutzung von Reifen bis zur gesetzlich festgelegten Mindestprofiltiefe von 1.6 Millimetern zu garantieren.
Beim Bremstest auf nasser Fahrbahn ermitteln die europäischen Prüforganisationen den Weg, den ein Fahrzeug auf einer Standardfahrbahn mit einer Wasserhöhe von einem Millimeter benötigt, um von 80 auf 20 km/h abzubremsen. Neben diesem spezifischen Wert umfasst der Test auch andere Parameter wie den Haftungs-Koeffizienten oder die Umgebungstemperatur.
Neureifen werden bereits auf nasser Fahrbahn getestet, um zu überprüfen, ob ihre Leistung innerhalb der definierten Toleranzen liegt. Dieses Verfahren ist von der Reifenindustrie weitgehend anerkannt. Die Tests decken auch extreme Fahrsituationen ab, denen Autofahrerinnen auf der Strasse ausgesetzt sein könnten.