Statusfrage Veteran

Martin Sigrist | 25.01.2024

Erfahrungen mit Code 180 Alles wie neu und schön glänzend? Zum Veteranenstatus gibt es manche Unsicherheit.

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Erfolg Veteranenstatus für den Graham-Paige des Autors dank sorg­fältiger Abklärung und Vorbereitung von Martin Rudolf (r.) von Madmotors.

Foto: Martin Sigrist

Es ist der Traum eines jeden Klassikliebhabers: Ein Auto steht jahrzehntelang unberührt in einer Garage und hat eine durchgehend erfasste Vergangenheit. Nie hat daran jemand Hand angelegt, sowohl die Lackierung wie der Innenraum zeigen sich in einem unberührten Zustand – eine ideale Situation.

Natürlich hat sich so ein historisches Auto Spuren aus der Zeit seines Gebrauch und von später eingefangen. Sie beweisen, dass der Wagen eine Geschichte hat. Diese ist gerade bei Grosserien­wagen oftmals weit spannender als die allgemeine Modellgeschichte, die hinter dem Fahrzeug steckt. An der Art und Intensität der Alters- und Gebrauchsspuren aber, die einem Auto zum Prädikat «Veteran» gereichen – oder eben nicht –, scheiden sich oft die Geister. Sind es Freunde und Bekannte, die darüber debattieren, so können dies überaus inspirierende Gespräche sein, mit dem Garagisten und Restaurator sind es dann bereits Diskussionen und Abklärungen, die einen Einfluss auf das Budget haben können. Ist es hingegen eine Diskussion mit dem Prüfer der Motorfahrzeugkontrolle und geht es darum, ob es den Stempel respektive den Eintrag «Veteranenfahrzeug» und den Code 180 im grauen Fahrzeugausweis gibt, kann es richtig emotional werden. In den meisten Fällen ist es dann allerdings zu spät. Einerseits steht nicht viel Zeit zur Begutachtung des Autos zur Verfügung, andererseits ist man womöglich schlicht an die falsche Person geraten.

Zeit und Abklärungen

Wer bereits im Vornherein weiss, dass sein Fahrzeug Anlass zu Diskussionen liefern könnte, weil der Lack nicht mehr glänzt, die Polster Risse haben oder unter der Haube ein Motor aus einer anderen Herstellungsserie schlummert, sollte sich die Mühe nehmen, vorab die nötigen Abklärungen zu tätigen. Wo lasse ich den Wagen prüfen, welche Informationen brauche ich, wo kann ich mich vergewissern, dass meine Angaben korrekt sind, mein Lack zwar alt, aber dafür original? Denn in der Regel ist es vorteilhaft, selbst mindestens so viel Wissen über sein Auto zu haben wie der Prüfer. Andererseits hilft es, sich darüber im Klaren zu sein, was jeder seriöse Prüfer bemerken und womöglich bemängeln wird. Ein falscher Motor, eine ver- statt gebrauchte Innenausstattung stehen ausser Frage. Lange Geschichten zu erzählen, bringt dann nicht viel. Fakten anzuführen ist viel besser, besonders wenn die Originalität des Fahrzeugs gesichert ist. Originale Werksunterlagen, bei der Betriebsanleitung angefangen, belegen viele Details oder – umso wichtiger – Besonderheiten. Ein Stoss von Dokumenten im Auto zur Beantwortung von Fragen hilft. Selten hilfreich ist hingegen, Dinge zu behaupten, die ein Prüfer selber mit wenigen Klicks im Internet überprüfen kann, etwa zur Originalität eines Teils oder eines Farbtons. Und immer gut macht sich der freundliche Ton.

Kein Garant und die Ermessensfrage

Doch zurück zum Kernproblem. Als der Veteranenstatus in den 1990er-Jahren eingeführt wurde, half er, das Streben der Sammler und Liebhaber zum Erhalt eines Teils unserer Mobilitätsgeschichte zu erleichtern und es auch anzuerkennen. Damals war klar, dass ein Fahrzeug dann besonders erhaltenswürdig sei, wenn es in tadellosem Zustand daherkomme. Damit war nicht nur der technische und insbesondere sicherheitsrelevante Zustand des Autos gemeint, sondern auch der optische. Seither wurde viel geredet, ein neuer Dachverband, die Swiss Historic Vehicle Federation (SHVF), wurde gegründet und von der Fédération Internationale des Véhicules Anciens (Fiva) die Charta von Turin etabliert. Fast überall herrscht Einigkeit, dass historische Substanz erhalten werden soll, dass Spuren wertvoll sind und die rollenden Zeitzeugen mit ihnen an (historischem!) Wert gewinnen.

Nun gilt es, dieses Verständnis auch bei den Prüfern auf den Ämtern und bei Prüfpartnern wie dem TCS zu etablieren. Bei manchen ist das bereits geglückt, bei anderen fehlt es noch etwas an Verständnis oder Willen. Gewiss, es sind keine Historiker, sondern Techniker, die ihre Arbeit im Auftrag der Öffentlichkeit und im Interesse von Sicherheit und Umweltschutz leisten und nicht für ein paar verschrobene Oldtimerenthusiasten. Doch genau darum hilft es, bei der Beurteilung so viel Unterstützung zu bieten wie irgendwie möglich. Dann klappt es meistens auch mit dem Veteranen. 

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