Jubiläum: 130 Jahre Peugeot Kombi

Automobil Revue | 03.04.2024

Die Familie war ihm das Wichtigste, und so präsentierte Automobilpionier Armand Peugeot 1894 den Typ 10 Break als Urvater aller Kombi.

01 Peugeot 403 Familiale ab 1957 Quelle Peugeot Stellantis

  • Schon 1894 der erste Kombi
  • Der 403 als erster «Break» mit Diesel
  • Sogar ein französischer «Shooting Brake»

Die Deutschen Daimler und Benz wollen 1886 das Automobil erfunden haben, gesellschaftlich akzeptiert wurden die Motorkutschen aber zuerst im zukunftsgläubigen Frankreich. Die Grande Nation trug deshalb vor 130 Jahren das erste Autorennen der Welt aus, und der visionäre Unternehmer Armand Peugeot stellte das Siegerfahrzeug. Vor allem konnte Peugeot damals bereits mit einer ganz neuen Automobilgattung auftrumpfen: dem «Break», also Kombi. Eine funktionelle und familienfreundliche Karosserieform, die Anfang 1894 mit dem fünfsitzigen Peugeot Typ 10 in Fahrt kam, bald auch für weitere Typen angeboten wurde und die ihre Zuverlässigkeit bereits in jener allerersten Motorsport-Challenge Paris-Rouen unter Beweis stellte. An die dynamischen Qualitäten späterer Kombis war bei den frühen Peugeot-Break-Typen allerdings nicht zu denken, wichtig waren viel Platz für die Passagiere und das Gepäck. Tatsächlich war Armand Peugeot ein Familienmensch, für den seine fünf Kinder und seine Ehefrau im Mittelpunkt standen – und einem Ferienresort im bretonischen Morgat galt seine Liebe. Für die Fahrt ans Meer passte perfekt ein geräumiger Kombi. Viel Platz bedeutet Komfort, so legte Peugeot 1897 den achtsitzigen Typ 18 Break auf, und zwei Jahre später konnten im Typ 29 sogar zehn Personen auf Reisen gehen.

02 Peugeot Typ 10 Break ab 1894 Quelle Peugeot Stellantis

Der fünfsitzige Peugeot Typ 10 Break mit Daimler-Motor debütierte 1894 als Vorreiter familienfreundlicher Kombifahrzeuge - Peugeot

Bis in die 1960er Jahre galt der Kombi auch in der Schweiz als Handwerkerauto und nüchternes Nutzfahrzeug. Anders in Frankreich, dort trugen Autobauer wie Armand Peugeot den geräumigen und vielseitigen Break – die Bezeichnung leitet sich vom Jagdwagen «Break de Chasse» ab – vom Beginn der Motorisierung an in die Mitte der Gesellschaft. Kombis verkörpern bei unseren westlichen Nachbarn seit jeher die Schönheit des Nützlichen: Nicht nur als Lademeister für Postsäcke, Farbeimer, Weinfässer oder Obstpaletten, sondern vor allem als Freunde fürs Leben, die Kinder zum Sport, Familien in den Urlaub oder Geschäftsleute stilsicher zum Business-Termin transportieren. Sogar Schöngeister und Avantgardisten konnten die Peugeot-Kombis schon in den 1930er Jahren glücklich machen. Auf den pragmatischen Peugeot 201 – die Presse feierte den Kleinwagen mit vorderer Einzelradaufhängung als «Archetyp des modernen Automobils» – folgten ab 1933 die Modellreihen 301, 401 und 402 als schicke und komfortable Familiale mit bis zu sieben Sitzplätzen.

03 Peugeot 402 Familiale ab 1936 Quelle Peugeot Stellantis

Der Peugeot 402 Kombi bot 1936 sieben Sitzplätze und ein damals einzigartiges, serienmässiges Schiebedach sowie ein sensationelles elektromagnetisches Cotal-Dreigang-Vorwahlgetriebe - Peugeot

Mit dem legendären Peugeot 402 erreichte 1935 die Sensation der Stromlinie das Kombisegment. Hatte die Presse 1934 noch mit grossem Pomp die Premiere des technisch kühnen Citroen 15 CV Traction Avant zelebriert, wirkte der futuristisch gezeichnete Peugeot optisch fast eine Generation jünger. Innovativ waren auch technische Details wie das damals einzigartige, serienmässige Schiebedach, der Schaltkomfort durch ein elektromagnetisches Cotal-Vorwahlgetriebe und die Erprobung eines 2,3-Liter-Vierzylinder-Dieselmotors. Die fliessende Aerolinie kam anschliessend den Baureihen Peugeot 302 und 202 zugute, ehe 1948 der Peugeot 203 als erste Nachkriegskonstruktion aus Sochaux und als erstes Peugeot-Modell mit selbsttragender Karosserie amerikanischen Design-Glamour für europäische Kunden adaptierte.

04 Peugeot 203 Familiale ab 1950 Quelle Peugeot Stellantis

Im Juli 1950 kam der 203 Kombi Familiale mit sechs Sitzen auf den Markt - Peugeot

Ab Mitte der 1950er Jahre spielte die Marke im Zeichen des Löwen so virtuos auf der Kombi-Klaviatur wie kaum ein anderer europäischer Hersteller. Die Kooperation mit dem Starcouturier Pininfarina führte zum Peugeot 403, der als Break und Familiale im eleganten italienischen Anzug Designgeschichte schrieb. Hinzu kam, dass der 403 Break den Dieselmotor als weltweit erster Kombi zur Grossserie führte. Am Ende stieg die Baureihe 403 als erster Peugeot zum Produktionsmillionär auf. Noch besser machte es ein 1962 in Kombiform vorgestellter Trapezkünstler: Das neue Mittelklassemodell 404 verriet durch seine «linie l’italienne» die Fortsetzung der Kooperation mit Pininfarina, der damals das Trapezdesign weltweit etablierte. Insgesamt 2,8 Millionen Käufer fand der Peugeot 404, darunter viele, die den sieben- bis achtsitzigen 404 Familiale oder den fünf- bis sechssitzigen 404 U6 bzw. die 404 Break/Commerciale wählten.

05 Peugeot 404 Familiale ab 1962 Quelle Peugeot Stellantis

Im Herbst 1962 erweiterte Peugeot das 404-Angebot um den sieben- bis achtsitzigen Kombit 404 Familiale - Peugeot

Kombi ganz nach Kundenwunsch, lautete fortan das Credo bei Peugeot. Dazu passte 1967 der 3,97 Meter kurze 204 Break, den es als erstes Löwenmodell mit Frontantrieb und weltweit kleinstem Diesel gab, einem 40 PS starkem und rau laufendem 1,25-Liter-Selbstzünder, der ein Drittel weniger Kraftstoff als ein vergleichbarer Benziner konsumierte. Nicht zu vergessen, ein sportives Designjuwel: das Peugeot 204 Coupé, gezeichnet in den Linien eines Shootingbrakes. So viel Schick kannten deutsche Kleinwagen wie der Opel Kadett damals noch nicht. Auch das 1971 eingeführte Duo aus Peugeot 504 Break und Familiale zeigte sich bekannten Grössen wie Ford 17 M/Granada oder Opel Rekord weit überlegen in Platzangebot und Popularität. Zudem errangen die global erfolgreichen Franzosen mit markanter Stufe in der Dachlinie für mehr Kopfraum im Fond in Afrika den Ruf mechanisch unzerstörbarer Dauerläufer und in den USA als Umweltaktivisten mit frühem Abgas-Katalysator. Korrosionsprobleme gab es, aber diese waren auch bei der Konkurrenz Thema.

06 Peugeot 204 Break ab 1967 Quelle Peugeot Stellantis

Der kleinste Pkw-Dieselmotor der Welt debütierte 1967 im Peugeot 204 Break - Peugeot

Einen anderen Meilenstein erzielte 1983 der Peugeot 505 Kombi: 2'240 Liter Ladevolumen konnte nicht einmal der Volvo 240 toppen. Hybrid-Vorreiter Volvo zu überholen gelang den Peugeot-Ingenieuren auch mit dem 405 V.E.R.T 1 im Jahr 1991, der schon damals die Effizienz eines Diesel-Hybridantriebs im Versuch unter Beweis stellte. Bis zur Grossserie des Fullhybrid-Diesels Peugeot 508 RXH sollte es zwar noch dauern, aber die Selbstzünder in Break-Modellen wie dem 405 und dem 1996 lancierten Nachfolger 406 erzielten auch ohne Elektro-Unterstützung verblüffend niedrige Verbrauchswerte. Schliesslich konnte Peugeot dafür seine Expertise als damals global grösster Dieselmotorenhersteller einbringen. (SP-X/AR)

In der monatlich erscheinenden Klassik-Beilage der AUTOMOBIL REVUE finden Sie immer schöne Old- und Youngtimer. Abos gibt es: hier. Eine Sammlung der «Geburtstagsfeiern» finden Sie: hier.

Kommentare

Keine Kommentare