- Sechs Generation in 60 Jahren
- Über 75'000 Exemplare gebaut
- Edle Automobil-Geschichte
Jubiläum: 60 Jahre Maserati Quattroporte
Automobil Revue | 21.02.2024
Palast-Revolution im Club der Prestigelimousinen: Vor 60 Jahre feierte der Maserati Quattroporte seine Markteinführung.
Den majestätischen Dreizack im Chromgrill, dazu erstmals vier Türen, fünf Sitze und acht Zylinder für eine Vmax auf Weltrekordniveau: Maserati-Chef Adolfo Orsi wusste, welche Sensation seine finanziell angeschlagene Supercar-Marke 1964 zurück auf die Einkaufsliste der Reichen und Mächtigen bringen sollte. Passend zum 50. Jubiläum der einst vom Rennfahrer Alfieri Maserati gegründeten Marke ging das Modell Quattroporte in Serie. Der klangvoll-schlichte Modellname – anfangs auch 4 Porte geschrieben – betonte: Vier Türen für einen mondänen Hochleistungssportwagen mit 4,1-Liter-V8 aus italienischer Motorenbaukunst, das hatte es noch nie gegeben.
Die erste Generation des Maserati Quattroporte startete 1964 - Maserati
Neu war ausserdem, dass der von Stardesigner Pietro Frua mit bahnbrechend lichtem Glashaus und niedriger Gürtellinie inszenierte Quattroporte nicht wie bei Supercars üblich auf Einzelbestellung, sondern in Serie gebaut wurde. Adolfo Orsi kalkulierte damit, dass die Gewinner des globalen Wirtschaftsbooms – 1964 wuchs die Weltwirtschaft um 7,3 Prozent, die bis dahin höchste Wachstumsrate – und die High Society des Jet-Set-Zeitalters seinem 230 km/h flotten Quattroporte nicht widerstehen konnten. Tatsächlich verkaufte Maserati bis 1969 beachtliche 679 Einheiten dieses damals weltschnellsten Luxusliners, aber zu wenige, um die Maserati-Finanzen zu konsolidieren. Dennoch schreibt der Gran Turismo als «Limousine mit Rennsportgeist» (Werbeslogan) Automobilgeschichte, wurden doch bis heute in sechs Generationen über 75'000 Quattroporte gebaut.
Den Zeitgeist mit italienischen Emotionen mitten ins imaginäre Herz treffen - das war die Mission des Viertürers - Maserati
Den Zeitgeist mit italienischen Emotionen mitten ins imaginäre Herz treffen, wie dieses Kunststück gelingen konnte, erkannten sie bei Maserati vor 60 Jahren erstaunlich genau. Alitalia verband mit schnellen DC-8-Jets gerade erstmals alle Kontinente, in Japan kam der Shinkansen als global erster Hochgeschwindigkeitszug in Fahrt, die Deutsche Bundesbank gab im Wirtschaftswunder die ersten Banknoten mit dem höchsten Nennwert von 1000 Mark aus, und italienische Weltstars wie Sophia Loren oder der junge Luciano Pavarotti (mit Debüt am Opernhaus in Modena, damals neuer Maserati-Stammsitz), aber auch die erst 16-jährige Gigliola Cinquetti mit dem ersten Sieg Italiens beim Grand Prix Eurovision kündeten von Aufbruchsstimmung. Die furiosen französischen Luxusliner starben gerade mit Facel-Vega, aus UK kamen nur ultrateure Lagonda, behäbige Bentley und weniger prestigeträchtige Jaguar, aus Deutschland allein Sechszylinder-Mercedes oder der riesige Mercedes 600: Was in diesem Limo-Konzert fehlte, war eine V8-Berlina mit Supercar-Talenten, die gleichzeitig als Repräsentationskarosse taugte.
Gegen neue Businessjets wie den Jaguar XJ V12 war der zweite Quattroporte chancenlos - Maserati
Für Pietro Frua eine willkommene Design-Herausforderung, die er mit dem fünf Meter langen Maserati-Viertürer so stilprägend löste, dass sich bald andere an der Grandezza des Quattroporte I orientierten. Für den Glas 2600/3000 V8 etwa durfte Frua das Maserati-Konzept auf ein Coupé übertragen, das dann als bayerischer «Glaserati» Aufsehen erregte. Tatsächlich gaben sich die Frua-Linien in den extrem schnelllebigen 1960ern so zeitlos elegant, dass die Einführung modischer Doppelscheinwerfer (1965) und eines Leistungsnachschlags auf 213 kW/290 PS aus 4,7 Liter Hubraum genügte, um die Faszination des V8-Italieners bis 1969 aufrecht zu halten. Nicht einmal der Dampfhammer Mercedes 300 SEL 6.3 entthronte den nun 240 km/h schnellen Maserati, den Fürst Rainier III. von Monaco ebenso schätzte wie der sowjetische Staatsführer Leonid Breschnew oder die Hollywoodstars Stewart Granger, Anthony Quinn und Peter Ustinov. Als aber Citroen 1968 den finanziell maladen Autobauer aus Modena übernahm, fiel ein Jahr später der Vorhang für den ersten Quattroporte. Auch eine 1971 in frisches Frua-Design gekleidete Berlina revidierte diese Entscheidung nicht.
Die dritte Generation startete 1979 - Maserati
Stattdessen motorisierte Maserati zuerst den 1970 vorgestellten Citroen SM mit einem innovativem Vier-Nockenwellen-V6, ehe dieser Motor auch im 1974 vorgestellten Quattroporte II für artgerechte Fahrleistungen sorgen sollte. Gegen neue Businessjets wie den Jaguar XJ V12 war dieser zweite, nun von Kultdesigner Marcello Gandini bei Bertone gezeichnete Quattroporte mit einem 147 kW/200 PS starken 3,0-Liter-V6 jedoch chancenlos. Als auch Citroen das Geld ausging und die Marke von Peugeot im PSA-Konzern aufgefangen wurde, kam die Serienfertigung des Quattroporte II nicht mehr in Gang. Stattdessen übernahmen der illustre Sportwagenbauer Alejandro de Tomaso und der italienische Staatskonzern Gepi Maserati. De Tomaso hatte bereits seit 1971 den 230 km/h flotten Deauville mit V8-Motor als Alternative zum Quattroporte im Portfolio, schob aber nun die Entwicklung eines Quattroporte III für die 1980er Jahre an.
Speziell in der 1986 eingeführten Evolutionsstufe «Royale» setzte der Maserati neue Standards in italienischem Luxus - Maserati
Diesmal durfte Giorgio Giugiaro die 4,93 Meter lange Berlina als stilistisches Kunstwerk inszenieren, souveräne Performance sollte ein 4,9-Liter-V8 mit 221 kW/300 PS in finaler Ausbaustufe sichern. Den Kampf um Platz eins der Vollgasbewegung konnte der Quattroporte III nie für sich entscheiden, aber er fuhr in der Spitze mit, bis Ende der 1980er die 250-km/h-Fraktion aus BMW 750i, Mercedes 560 SE und Lexus LS die Tempodebatte vorläufig für sich entschied. Stattdessen setzte der Quattroporte – speziell in der 1986 eingeführten Evolutionsstufe «Royale» – neue Standards in italienischem Luxus, inklusive Gläser für Kühlschrank-temperierte feinste Ferrari Riserva Spumante. Den Verkauf der Marke an Fiat im Jahr 1993 konnte jedoch weder dieses in 2241 Einheiten ausgelieferte Flaggschiffmodell noch die erfolgreichen, bezahlbareren Maserati-Biturbo-Modelle abwenden.
Generation vier kam 1984 auf die Strasse - Maserati
Ein Biturbo-V6 befeuerte ab 1994 auch den nur 4,55 Meter messenden Quattroporte IV, dessen distinguiertes Design von Marcello Gandini stammte. Unwiderstehlich für Sportwagenfans wurde dieser Viertürer allerdings erst mit 246 kW/335 PS starkem V8, denn gegen diesen 270-km/h-Athleten blieben auch alle weit kostspieligeren V12 chancenlos. Überdies liebten italienische Politiker und Prominente die zurückhaltend dimensionierten Konturen des insgesamt etwa 2400-mal verkauften Viertürers.
Vom elitären Manufaktur-Modell zum «Massen»-Modell, diesen Sprung machte der Quattroporte in den Generationen V - Maserati
Vom elitären Manufaktur-Modell zum «Massen»-Modell, diesen Sprung machte der Quattroporte in den Generationen V (ab 2003) und VI (ab 2013): Bei über 75'000 Einheiten soll die Quattroporte-Gesamtproduktionszahl heute laut Maserati stehen. Dazu hatte Fiat zuerst das Werk Modena modernisieren lassen, ab 2001 auch wieder in den USA Flagge gezeigt, und für den Quattroporte V mit anfangs 294 kW/400 PS von Pininfarina emotional-muskulöse Formen schneidern lassen. Es war ein Mix, der dem italienischen Staatspräsidenten (Panzerung gab es nun ebenfalls) ebenso gefiel wie den anspruchsvollen Speedjunkies. Wie souverän Länge laufen kann, demonstriert seit 2013 der 5,26 Meter messende Quattroporte VI, vor allem mit Allradantrieb und V8. Heute heisst es allerdings «Arrivederci V8» – ein V6 soll trösten – und warten auf den Folgore, mit dem der Quattroporte VII in die vollelektrische Zukunft startet. (SP-X/AR)
Bei über 75'000 Einheiten soll die Quattroporte-Gesamtproduktionszahl heute laut Maserati stehen - Maserati
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