Automobil Revue | 01.09.2024
Mitten im Zweiten Weltkrieg präsentierte Volvo 1944 ein „Friedensfahrzeug“, das den Traum vom schwedischen Volksauto realisieren sollte. Der Typ PV444 machte Volvo weltweit bekannt: Als Hersteller sicherer und robuster Familienautos.
Am 1. September 1944 stellte Volvo in Stockholm ein Familienauto vor, das Vorfreude auf unbekümmerte Fahrten ans Meer oder an den friedlichen See im idyllischen Småland machen sollte. „Friedensauto“ nannten die Volvo-Marketingstrategen den Typ PV444, denn noch tobte rund um das neutrale Schweden der Zweite Weltkrieg.
Aber für die erhofften friedlichen Zeiten mit wirtschaftlichem Aufschwung hatte Volvo die zweitürige Fastbacklimousine PV444 als erstes schwedisches Volksauto entwickelt. Ein kompakter Vierzylinder für die Fahrt zur Arbeit oder in die Ferien.
Volvo stellte den Produktionsstart des bezahlbaren PV444 schon zum nächsten oder spätestens übernächsten Sommer in Aussicht. Ganz so schnell ging es doch nicht, der Materialmangel in der frühen Nachkriegszeit liess die Fliessbänder für den Volvo PV444 mit bucklig-runder Karosserieform erst 1947 anlaufen. Dann aber startete der „Buckel“ durch: Mit ihm stieg Volvo 1951 zur meistgekauften Automarke in Schweden auf, avancierte mit dem chromblinkenden PV444 „California Car“ zur Kultmarke in Nordamerika und bewirkte schliesslich weltweites Aufsehen als Hersteller bahnbrechend sicherer und robuster Pkw.
Ein Drittel der geplanten Produktion in wenigen Tagen ausverkauft
Diesen kompakten Volvo sollten sich sogar Arbeiter leisten können, und so schickte der Göteborger Autobauer seine Belegschaft mit Sonderzügen nach Stockholm. Aber auch aus allen anderen Landesteilen reisten die Menschen zu den Königlichen Tennishallen in der Hauptstadt, in denen eine „Volvo-Expo“ den erschwinglichen, Fastback präsentierte. Rund 2300 Schweden unterzeichneten spontan einen Kaufvertrag für den 4.37 Meter langen Viersitzer mit Frontmotor und Hinterradantrieb. Eine Sensation, denn das entsprach bereits fast einem Drittel der von Volvo geplanten Gesamtauflage des Modells.
Auch den Urahn der bis heute fortgeführten Volvo-Kombi-Dynastie initiierte die PV444 Limousine: Der Volvo PV445 Duett kombinierte ab 1953 die Transporttalente eines Kastenwagens für Handwerker und Speditionsbetriebe mit dem Schick eines Familien- und Freizeitkombis in modischer Zweifarblackierung derart gekonnt, dass er 1960 zum aktualisierten P210 Duett mutierte, sogar seinen designierten Nachfolger Volvo Amazon überlebte – und ab 1968 noch mit dem Volvo 145 konkurrierte. Das Aus für den Volvo Duett kam 1969 nur, weil neue Zulassungsgesetze die Einstellung des Klassikers erzwangen.
Der erste serienmässige Dreipunkt-Sicherheitsgurt
Der Volvo PV444 überraschte mit einer frühen Sicherheitsfahrgastzelle, einer Frontscheibe aus neuartigem Verbundglas sowie als 1958 aufgelegtes Faceliftmodell PV544 sogar mit den weltweit ersten, serienmässigen Dreipunkt-Gurten für Fahrer und Beifahrer. Bahnbrechende Sicherheitsausstattungen, deren lebensrettende Wirkung die 1958 gegründete Volvo-Dependenz in Deutschland bei Überschlagversuchen auf dem Frankfurter Messegelände demonstrierte. Auch die Entwicklung rückwärtsgerichteter Kindersitze zum Schutz für die Kleinsten begann im PV544. SP-X/AR