Automobil Revue | 14.06.2024
Mit dem EL8 bringt der chinesische Hersteller Nio jetzt sein grösstes SUV nach Kontinentaleuropa. Der elektrische Siebensitzer soll ein besonders bequemes Wohnzimmer auf Rädern sein – und zugleich mit kolossalen Fahrleistungen BMW und Tesla Konkurrenz machen.
Viele Nio sieht man noch nicht auf Europas Strassen. Doch wer die Marke kennt, wird auch das neueste Produkt schon von Weitem erkennen: Mit seiner markant gefalteten Haifisch-Nase und den Scheinwerfer-Schlitzen darüber kommt auch das grosse SUV EL8 so angriffslustig heran wie seine zierlicheren SUV- und Limousinen-Brüder.
Über Türen mit versenkbaren Griffen gelangt man in den Innenraum, der von zwei Monitoren geprägt ist. Einer hinter dem Lenkrad – und ein zentraler 11.3 Zoll grosser Touchscreen, der zur Bedienung des Infotainmentsystems dient. Alternativ geht vieles auch über den Sprachassistenten Nomi. Geschmeidiges Leder, ein besonders aufgeräumtes Inneres und hochwertige Verarbeitung – die eigene Handschrift der Münchner Designer kennen Interessierte ähnlich aus den Schwestermodellen. Auf fünf Metern Länge, zwei Metern Breite, 1.75 Metern Höhe und rund drei Metern Radstand bietet der Nio Platz für bis zu sechs Personen und bis zu 810 Liter Gepäck. Die dritte Reihe lässt sich nahtlos flachlegen, die zweite allerdings nicht.
Die Standardversion des EL 8 verfügt über einen Mittelgang zur dritten Sitzreihe, 14-fach verstellbare Rücksitze und breite Armlehnen. Die Executive Edition hat in Reihe zwei eine Mittelkonsole mit integriertem Kühlschrank und 12-fach verstellbare Ottomanen-Liegesitze. Zudem ist in der Executive-Variante eine Hot-Stone-Massage-Funktion für die erste und zweite Sitzreihe enthalten, elektrische Bein- und Schulterunterstützung sorgen für Komfort auf langen Strecken.
Zum Ruheraum wird das SUV dank geräuschdämpfenden Glasflächen und Reifen sowie einer Funktion, die Nickbewegungen beim Bremsen minimiert. Das Duftsystem „Forest“, 174 LED zur Beleuchtung und ein 2300-Watt-Surround-Sound-System sollen das Lounge-Gefühl perfekt machen.
Der EL8 hat gleich vier Isofix-Halterungen für Kindersitze und ein sogenanntes Child Presence Detection System: Das warnt nicht nur, wenn ein Kind oder Haustier versehentlich im Fahrzeug zurückgelassen wurde, sondern bietet auch Sicherheitsfunktionen wie Antikollisionsschutz beim Öffnen der hinteren Türen und intelligente Fenster- und Türverriegelung. Ein spezieller Haustiermodus hält die Innenraumtemperatur konstant bei 22°C und deaktiviert bestimmte Funktionen, damit Waldi im Innenraum relaxen kann. Mit einer Anhängelast von 2000 Kilo und einem Campingmodus ist der EL8 ebenfalls familienfreundlich unterwegs.
Der komfortbetonte EL8 kann aber auch Rakete: Der serienmässige Allradler kombiniert dazu einen 180 kW (245 PS) starken SiC-Permanentmagnetmotor und einen 300 kW (409 PS) leistenden Induktionsmotor und nutzt den weltweit ersten dualen Dreiphasen-Wechselrichter. Das soll für verbesserte Spitzenleistung und Zuverlässigkeit sorgen. Mit einem Drehmoment von 850 Newtonmeter erreicht der EL8 aus dem Stand die 100-km/h-Marke in 4.1 Sekunden. Leistungen auf der Höhe eines Tesla Model X oder BMW iX – die ebenfalls fast 2.5 Tonnen gen Horizont schieben.
Die austauschbare Long-Range-Batterie mit 100 kWh Kapazität ermöglicht laut WLTP-Zyklus eine Reichweite von 510 km. Alternativ ist auch eine Standard-Batterie mit 75 kWh Kapazität erhältlich. Und der kombinierte Norm-Stromverbrauch nach WLTP liegt zwischen 21.2 und 23.1 kWh auf 100 Kilometer.
Die serienmässige Luftfederung stammt vom Zulieferer Continental, der auch den Mercedes EQC damit ausstattet. Die Lenkung von Thyssen wird in ähnlicher Form auch im BMW X5 verbaut. Die Konzentration der eigenen Techniker liegt dafür auf Merkmalen, mit denen sich der Nio vom Wettbewerb absetzen soll. Ähnlich wie Tesla setzen auch die Chinesen auf ein komplett eigenes Betriebssystem und klar gegliederte und logisch aufbauende Bedienoberflächen.
Der EL8 ist neben fast unzählbaren Sensoren und Kameras auch mit sehr hoher Rechnerleistung ausgestattet, Voraussetzung für hochautomatisierte Funktionen wie dem selbstständigen Fahrspurwechsel auf der Autobahn.
Aktuell ist der Nio in der Schweiz noch nicht erhältlich. Die folgenden Preise gelten für Deutschland. Wichtig: Der Akku ist in den offiziellen Preisen nicht inkludiert – es ist ja im Wechsel stets ein anderer. Die 82‘900 Euro (Executive: 87‘900 Euro), ab denen der EL8 zu haben sind, können deswegen etwa mit den 97‘990 Euro des Tesla Model X oder 77‘300 des BMW iX nicht eins zu eins verglichen werden. Denn bei Nio fallen noch mindestens 169 Euro Akku-Leihgebühr an oder gleich 12‘000 Euro für den Kauf des Akkus. Für die grössere Batterie sind es sogar 289 und 21‘000 Euro. Drei Batteriewechsel pro Monat in einer der 15 Akkuwechselstationen in Deutschland sind beim Abo-Modell gratis. SP-X/AR
