Rallye-SM – Mike Coppens macht sich auf zum nächsten Titel
Jean-Claude Schertenleib | 06.06.2024
Rallye du Chablais Mike Coppens dominierte die Rallye du Chablais. Bei teils widerlichen Wetterbedingungen hatte der Walliser stets den Durchblick. Der Konkurrenz könnte Angst und Bang werden.
Mike Coppens gewann erstmals die Rallye du Chablais – und setzte ein Zeichen in der Meisterschaft.
Es war schon vor dem Start zur Schweizer Rallyemeisterschaft klar, dass Konkurrenz im Titelkampf fehlen würde. Sacha Althaus, der Sieger beim Saisonauftakt Critérium Jurassien, wird nicht die komplette Meisterschaft fahren. Jonathan Michellod, in den beiden vergangenen Jahren jeweils Gesamtzweiter hinter Titelgewinner Jonathan Hirschi, fehlte im Jura, weil er wenige Tage zuvor Vater geworden war. Die diesjährige Schweizer Rallyemeisterschaft dreht sich also um Michaël Burri und Ex-Titelgewinner Mike Coppens. Coppens stellte beim zweiten Lauf, bei der Rallye du Chablais, auch gleich klar, wer aus diesem Duell als Sieger herausgehen könnte. Coppens meisterte die Rallye im Chablais trotz schwieriger Wetterbedingungen hervorragend. Bei der zweitägigen Rallye erteilte Coppens seinem Gegner Burri am Freitagnachmittag und am Samstagvormittag eine Lektion.
Ein nasser Freitag
Am Freitag, als die 56 Teilnehmer der Kategorie moderne Rallye ein erstes Mal den Col de la Croix in Angriff nahmen, sprachen die Teilnehmer des Feldes mit historischen Fahrzeugen bereits von dantesken Bedingungen. Es braute sich etwas zusammen. Zurück im Geschäft, war es Jungpapa Michellod, der auf der ersten Wertungsprüfung Coppens sechs Sekunden hinter sich liess, Ismaël Vuistiner sogar um bereits elf Sekunden. Burri dagegen wurde nur Vierter.
Im Lauf des Vormittags gab es auf Radio Chablais erschreckende Aussagen zu hören. «Nie zuvor hatte ich so viel Angst. Du bremst und hast das Gefühl, auf Glatteis zu stehen», meinte beispielsweise der Jurassier David Erard. Nach der vierten Wertungsprüfung (von 14) lag Coppens mit seinem Skoda Fabia bereits 7.3 Sekunden vor Burri (Hyundai i20), 10.4 Sekunden vor dem Belgier Charles Munster (Hyundai) und zwölf Sekunden vor Michellod (Skoda). «Wir sind seit heute Morgen komplett durch den Wind», gestand Michaël Burri. «Wir müssen unbedingt ein besseres Set-up für das Auto finden, ich kämpfe ständig mit Aquaplaning, ich habe kein Vertrauen.»
Jonathan Michellod meldete sich nach seinem Vaterschaftsurlaub zurück, gewann
die erste Wertungsprüfung der Chablais und wurde am Ende Gesamtdritter.
Mike Coppens dagegen wirkte trotz der turbulenten
Wetterbedingungen ruhig. «Man muss natürlich die Bedingungen
berücksichtigen, aber man muss sich vor allem die richtigen Fragen
stellen», sagte der Fahrer aus Verbier VS, der sich mehr denn je wie auf
einer Mission fühlt. Wie sehr, sollte sich am Nachmittag des ersten
Rallyetages zeigen. Bei der zweiten Durchfahrt der Wertungsprüfung Tour
d’Aï – mit 18.66 Kilometern die längste der diesjährigen Rallye du
Chablais – war schon absehbar, dass Coppens diese Rallye erstmals
gewinnen könnte. Allein auf dieser siebten Wertungsprüfung nahm der
Walliser seinem ersten Verfolger Michellod 9.9 Sekunden ab, Munster 12.1
und Burri sogar 13.5 Sekunden. Am Freitagabend nach acht
Wertungsprüfungen war Coppens solider Gesamtleader, 20 Sekunden vor
Burri, 28 vor Michellod und fast 44 vor Munster. Aber der erste
Rallyetag war eine Herausforderung, vielleicht würde der Samstag
besseres Wetter bringen und damit Piloten mit mehr Selbstvertrauen auf
der Verfolgungsjagd.
Coppens lässt nichts anbrennen
Am Samstagmorgen lud das Wetter jedoch nicht dazu ein,
um sich an einem See zu sonnen oder auf einer Bergwiese ein Nickerchen
zu machen. Aber zumindest schüttete es nicht wie aus Kübeln. Eine Chance
liess Coppens den Konkurrenten trotzdem nicht. Auf den ersten drei
Wertungsprüfungen des Tages sorgte der Walliser für ein Donnerwetter.
Allein auf den Kilometern von Collombey bis Muraz distanzierte er Burri
um 16.9 Sekunden! Burris Rückstand auf Coppens war in der Gesamtwertung
auf 43 Sekunden angewachsen. Die Rallye war nach elf von 14
Wertungsprüfungen entschieden. Das wusste der zweitplatzierte Burri
besser als jeder andere: «Auf den verbleibenden Wertungsprüfungen war es
unmöglich, zurückzuschlagen. Ich habe einen grossen Fehler gemacht: In
einer Linkskurve bin ich in ein Loch gefahren, aus dem wir zwar
rückwärts wieder herausfahren konnten, aber ich habe etwa zehn Sekunden
verloren. Zudem hat Mike in Collombey eine Superzeit hingelegt. Man kann
ihm nur gratulieren.»
Der zweitplatzierte Michaël Burri wurde beim zweiten Lauf der Schweizer Rallyemeisterschaft von Konkurrent Mike Coppens geradezu deklassiert.
Bravo an Mike Coppens, der endlich zum ersten Mal die
Rallye du Chablais gewann. «Ich hatte hier schon oft Pech. In diesem
Jahr haben wir die Rallye perfekt gemeistert, obwohl die Bedingungen
nicht einfach waren. Wenn man an der Spitze liegt, denkt man oft: ‹Mist,
noch drei Wertungsprüfungen. Wir müssen uns zügeln!› Heute dachte ich
mir aber eher: ‹Mann, nur noch drei Wertungsprüfungen!› Ich hätte locker
noch ein paar Wertungsprüfungen anhängen können.»
Und Titelkonkurrent Burri? Der hat einen Fahrplan für
die nächste Rallye: «Ich muss ruhig bleiben, denn ich will im
Titelrennen ein Wörtchen mitreden. Ich werde die nächste Rallye
gewinnen!» Sie findet am 7. Juli in der Region Burgund-Côte Chalonnaise
(F) statt.
Fotos: Ludovic Carnal
«Ich war mir sicher, dass das ein Scherz war»
Ismaël Vuistiner und seine Co-Pilotin Florine Kummer im Renault Clio R3 beeindruckten bei der Rallye du Chablais als Fünfte der Gesamtwertung und Sieger der Michelin Trophy Alps Open. «Ich bin einfach nur gefahren und habe Spass gehabt», meinte der Walliser. «Ich weiss nicht, was ich sagen soll. Wir kennen diese Rallye gut, aber ehrlich gesagt, habe ich mich nicht so gut gesehen. Bei schwierigen Bedingungen wie am Freitag kann der Fahrer eines weniger leistungsstarken Autos wie des unsrigen ein Zeichen setzen. Am Samstag waren die Bedingungen anders, aber wir sind weiterhin stark gefahren.» Die drittbeste Laufzeit in der ersten Wertungsprüfung spricht für Vuistiner: «Das letzte Mal bin ich im Herbst bei der Rallye du Valais gefahren. Deshalb hatte ich zuerst ein bisschen Angst, weil es sicher leichtere Aufgaben gibt, als in einer Wertungsprüfung bei Regen auf den Col de la Croix zu fahren. Im Ziel dachte ich: ‹Gut, es ist vorbei!› Dann rief mir Florine zu: ‹Wir sind die drittschnellste Zeit gefahren!› Ich war mir sicher, dass das ein Scherz war», erklärte Vuistiner lachend. Und wo können die Fans das Renault-Duo noch sehen? «Wenn das Budget stimmt, werde ich die Rallye Mont-Blanc fahren – und natürlich die Rallye du Valais.» JCS
Resultate
Schweizer Rallyemeisterschaft. Rallye du Chablais, 2. Lauf. 14 Wertungsprüfungen, total 165.46 km. Gesamtklassement: 1. Mike Coppens/Christophe Roux (CH), Skoda Fabia Rallye 2 Evo, 1:46:38.6 Stunden. 2. Michaël Burri/Gaëtan Aubry (CH), Hyundai i20 N Rally 2, 46.1 Sekunden zurück. 3. Jonathan Michellod/Stéphane Fellay (CH), Skoda Fabia Rally 2 Evo, 1:51.2 Minuten zurück. 4. Thibault Maret/Kévin Bronner (CH/F), Skoda Fabia Rally 2 Evo, 3:53.3. 5. Ismaël Vuistiner/Florine Kummer (CH), Renault Clio Rally 3, 4:20.2. 6. Nicolas Lathion/Romana Formica (CH), Skoda Fabia Rally 2 Evo, 5:11.3 (inkl. 1 Minute Strafe). 7. Jonathan Scheidegger/Thomas Jacon (CH/F), Peugeot 208 T16, 5:51.4. 8. Simone Tettamanti/Nicola Petraglio (CH), Skoda Fabia Rally 2 Evo, 6:00.7. 9. Martin Pastor/Charlotte Pastor (CH), Peugeot 208 Rally 4, 7:07.3. 10. Francis Delorme/Emilien Blanc (F), Peugeot 208 Rally 4, 7:37.8. 11. Fabien Cheseaux/Fabien Produit (CH), Skoda Fabia R5, 9:44.3. 12. Stefano Mella/Stefano Tiraboschi (CH/I), Skoda Fabia RS Rally 2, 10:39.8. 13. Gauthier Hotz/Nicolas Blanc (CH/F), Peugeot 208 Rally 4, 10:44.7. 14. Cédric Moulin/Pierre-Jean Vardanega (CH/F), Renault Clio Rally 4, 12:10.0. 15. Anthony Raoult/Elodie Georges (F), Peugeot 208 Rally 4, 13:14.7. 16. Daniel Guex/Philippe Contentin (CH/F), Hyundai i20 N Rally 2, 14:22.4. 17. Alexandra Bastard/Mathieu Genaoud-Duvillaret (F), Renault Clio R3 Maxi, 14:32.6. 18. David Erard/Sarah Junod (CH), VW Polo GTI R5, 16:24.2. 19. Jérôme Rey/Jean-Philippe Zuber (CH), Subaru Impreza STI N10, 16:32.8 (inkl. 10 Sekunden Strafe). 20. Cédric Betschen/Charlène Bori (CH), Renault Clio S1600, 17:05.3. – 54 Autos gestartet, 42 klassiert.