Sacha Althaus – von der Hölle in den siebten Himmel
Jean-Claude Schertenleib | 25.04.2024
Rallye-SM Mit dem Saisonauftakt gibt es einen neuen Sieger in der Schweizer Rallyemeisterschaft. Sacha Althaus gewann beim Critérium Jurassien erstmals.
Critérium Jurassien: Beim Auftakt zur Schweizer Rallyemeisterschaft gewann Sacha Althaus in einem Skoda Fabia Rally 2 Evo.
Das Fazit des 45. Critérium Jurassien, des Auftakts zur Schweizer Rallyemeisterschaft 2024, ist recht einfach: Bevor man als Sieger im siebten Himmel schwelgt, muss man durch die Hölle. In diesem Fall war es eher Les Enfers, die kleine Gemeinde in den Freibergen, deren deutscher Name einst Die Hell oder Inderhöll lautete. Dort endete die erste Wertungsprüfung des Critériums Jurassien.
Diese Wertungsprüfung war mit über 29 Kilometern Länge bei winterlichen Bedingungen mit Kälte, Schnee und stürmischem Regen ein heftiger Einstieg in die neue Rallyesaison. Der Jurassier Sacha Althaus und seine Co-Pilotin Lisiane Zbinden im Skoda Fabia Rally 2 Evo fühlten sich aber offensichtlich wohl in ihrem Territorium. Michaël Burri, der von vielen favorisiert wurde, wies im Ziel der ersten Wertungsprüfung einen Rückstand von 12.3 Sekunden auf, der ehemalige Schweizer Meister Mike Coppens lag sogar fast 30 Sekunden zurück.
Sacha Althaus: Zusammen mit seiner Co-Pilotin Lisiane Zbinden führt der Jurassier die Schweizer Rallyemeisterschaft an.
«Mit jedem Kilometer wurde es immer komplizierter. Mit
jedem Dorf, das ich durchquerte, wurde es schwieriger. Ich hatte Spass,
aber in den letzten drei Haarnadelkurven hatte ich das Gefühl, auf
Blitzeis zu fahren, ich stand fast. Ich hatte nicht erwartet, einen so
grossen Vorsprung herauszufahren», wirkte Sacha Althaus beim Gespräch
mit dem Regionalradio Fréquence Jura zwiegespalten. Insgeheim wusste er,
dass er die Weichen zum Sieg gestellt hatte, aber er wollte nicht
euphorisch werden: «Achtung, denn am zweiten Tag der Rallye trifft man
auf sehr viele Fallen. Ich kenne das Critérium Jurassien und weiss
deshalb, dass es selbst mit 30 Sekunden Vorsprung noch nicht vorbei
ist.»
Es ist noch lange nicht vorbei
Dem Hyundai i20 N Rally 2 des Duos Michaël Burri und
Gaëtan Aubry blieb nichts erspart. «Die Bedingungen waren dantesk! «In
der Mitte der Prüfung tobte ein richtiger Sturm, wir hatten
Schwierigkeiten, weil es sehr viel Aquaplaning gab. Während der Prüfung
habe ich etwas an Selbstvertrauen verloren, trotzdem kamen wir ohne
grosse Fehler an, und wir werden nicht nachlassen. Sacha Althaus ist
eine unglaubliche Zeit gefahren», meinte Burri. Hatte Althaus, der sich
sozusagen in der Unterwelt durchgesetzt hatte, mit seinem famosen Start
zum Critérium Jurassien tatsächlich schon den Sieg im Sack?
Ein neuer Motor, neue Aufhängungen und eine gewagte
Reifenwahl: Der zweitplatzierte Michaël Burri machte trotz einiger
Hürden vieles richtig.
Ein neuer Motor, neue Aufhängungen und eine gewagte
Reifenwahl: Der zweitplatzierte Michaël Burri machte trotz einiger
Hürden vieles richtig.
Bis zum frühen Samstagnachmittag gewann Althaus drei
weitere Prüfungen, in der vierten wies er Burri erneut in die Schranken
und nahm seinem ersten Verfolger 15 Sekunden ab, womit der Vorsprung im
Gesamtklassement auf 40 Sekunden anwuchs. Coppens lag bereits über eine
Minute hinter Althaus zurück. Damit war die Rallye entschieden. Das Team
von Althaus ging den Rest der Rallye vorsichtig und konzentriert an,
Burri kümmerte sich um Entwicklungs- und Abstimmungsarbeiten (s. Box
rechts), und Coppens hatte nichts mehr zu verlieren und deshalb vor
allem sehr viel Spass.
«Es war schrecklich»
Die Bedingungen blieben sehr kompliziert, weil
unvorhersehbar. Während es bei Saignelégier schneite, sah man 15
Kilometer Luftlinie entfernt zwischen den Wolken blaue Flecken am
Himmel. Coppens holte sich den Sieg der fünften Prüfung, insgesamt
sollte er bei diesem Critérium von den verbleibenden drei
Wertungsprüfungen noch zwei gewinnen. Und auch Burri schoss einmal an
die Spitze, er war Sieger der sechsten Wertungsprüfung. Trotzdem stellte
niemand mehr den Gesamtsieg von Sacha Althaus in Frage. Weil er
weiterhin Ruhe ausstrahlte, weil er eher zurückhaltend fuhr, aber immer
auf einem sehr hohen Niveau.
Mike Coppens begann das Critérium Jurassien verhalten. Aber im Verlauf der Rallye gewann der ehemalige Schweizer Meister drei Wertungsprüfungen.
Aber da war noch die achte und letzte Wertungsprüfung,
nochmals Richtung Les Enfers, Richtung Hölle. Und zuvor noch eine
90-minütige Pause im Servicepark. Viel Zeit, um sich Gedanken zu machen
oder sich verrückt machen zu lassen. Aber Althaus blieb motiviert und
konzentriert. Erst das Ziel des Critériums Jurassien brachte Erlösung.
«Es war schrecklich», meinte der Sieger dort lachend. «Am Anfang lief es
noch gut, dann ging alles den Bach hinunter, ich hatte Stress, ich
hatte Angst, dass ich auf den letzten Kilometern doch noch einen Fehler
machen könnte.»
Es reichte Sacha Althaus und seiner Co-Pilotin Lisiane
Zbinden aber zum Sieg, zum ersten in einem Lauf zur Schweizer
Rallyemeisterschaft. Ein verdienter Erfolg für die Arbeit eines Fahrers,
der sich stetig weiter entwickelt. Auch Burri freute sich. Er habe viel
über seinen Hyundai gelernt, «und ein zweiter Platz ist gut für die
Meisterschaft». Coppens war hin- und hergerissen zwischen seinem etwas
zu braven Start und den nachfolgenden Siegen: «Hier im Jura ist es immer
das Gleiche: Du hast am Start einen Kloss im Hals, aber wenn es vorbei
ist, möchtest du, dass die Rallye nochmals losgeht.»
Ewiges Familienduell
Der Zweikampf zwischen den Familien Althaus und Burri hat Tradition. Olivier Burri gewann das Critérium Jurassien sechsmal, Nicolas Althaus setzte sich dreimal durch. In den vergangenen Wochen wurde gemunkelt, dass Nicolas Althaus am Start stehen könnte. «Aber schliesslich habe ich mir gesagt, dass es besser sei, Sacha den Vorzug zu geben», erklärte der Vater des Siegers vom Wochenende. Es muss an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass Althaus jun. viele Leute verblüffte, insbesondere durch die Art und Weise, wie er Michaël Burri beim jüngsten Critérium von Anfang an in die Schranken wies. Träumt Sacha Althaus nach diesem Sieg beim Auftakt zur Schweizer Rallyemeisterschaft gar vom Titel? «Oh nein, denn dazu war die vergangene Saison in finanzieller Hinsicht eine zu grosse Belastung», sagt Papa Nicolas Althaus. «Der Plan ist es, dass Sacha im Herbst bei der Rallye du Valais startet, aber auch zu Jahresbeginn 2025 bei der Rallye Monte Carlo – mit einem R5 mit Allradantrieb.»
Vater Althaus war auf einigen Wertungsprüfungen auch Vorfahrer für seinen Sohn. Olivier Burri, der Vater vom Michaël Burri, der am Wochenende beim Critérium Jurassien Zweiter wurde, überlässt diese Aufgabe anderen. «Ich habe mit meiner Rolle als Vater und Ingenieur schon genug zu tun», sagt er und lacht. «Ausserdem ist es viel stressiger, der Vater eines Fahrers zu sein als selbst zu fahren!» Und was hat es mit seiner Rolle als Ingenieur auf sich? «Wir haben den neuen Motor des Hyundai erst in der Woche vor dem Rennen erhalten. Und da wir auch eine neue Aufhängung verwendeten, gab es einige Unbekannte. Wir hatten nur einen kurzen Test von etwa 20 Kilometern, aber nach 15 Kilometern gab es bereits ein technisches Problem. Michaël fuhr den Shakedown zur Rallye somit mit einem Auto, das in keiner Weise dem ähnelte, das er kannte. Am Samstag versuchten wir bei der zweiten Wertungsprüfung von Réclère einen Reifenpoker, der jedoch nicht funktionierte. Trotzdem will ich Sacha gratulieren. Er fährt seit einem Jahr mit seinem Skoda, die beiden haben sich sehr gut entwickelt. Hut ab!» JCS