Werner J. Haller | 25.01.2024
Schweizer Rennsport Erste Piloten in Schweizer Meisterschaften stiegen 2023 auf synthetischen Treibstoff um. Trotz Erfolgen bei Bergrennen bleibt der Siegeszug des grünen Benzins aber aus.
Marcel Steiner war 2023 der erste Pilot, der mit synthetischem Treibstoff im Tank ein Bergrennen und den Titel gewann: «Wahrscheinlich mache ich weiter.» Michel Zemp wartet zu (s. AR 50/2023), vor einem Jahr hatte er noch angekündigt, dass er den neuen Motor seines Prototyps mit synthetischem Treibstoff betreiben wolle. Entschlossen sind derweil Simon Wüthrich und Martin Epp. Die beiden Pioniere im Schweizer Rennsport halten am nachhaltigen Treibstoff fest. Für sie ist es eine Frage der Dringlichkeit. «Wenn wir wollen, dass unser Sport überlebt, müssen wir etwas tun», sagt Wüthrich. «Ich mache das nicht wegen mir. Ich mache es, damit auch die Generation nach uns noch Rennen in der Schweiz fahren kann», so Epp
Schade, dass wenig passiert
Trotz bester Werbung durch Steiners Erfolge schreibt der synthetische Treibstoff im nationalen Rennsport keine Erfolgsstory. Es passiere zu wenig, heisst es unisono. 2023 war es schon ein kleiner Erfolg, als Pilot Mathias Schläppi dafür sorgte, dass Autos mit Alternativtreibstoff grüne Startnummern bekamen. Wüthrich: «Wir fangen wieder bei null an.» Epp: «Es ist schade, dass von organisatorischer Seite her zu wenig passiert.»
Die Kritik der Fahrer richtet sich vorab gegen den
Verband Auto Sport Schweiz (ASS). Er habe es in der Hand, zum Beispiel
einen Cup für «grüne» Fahrer auszuschreiben. ASS-Direktor Patrick Falk
täte das wohl nur zu gerne, aber: «Wir können aktuell für Piloten mit
kleinem Budget nicht einen Treibstoff vorschreiben, der in der
Anschaffung das Doppelte oder Dreifache des regulären Treibstoffes
kostet. Da müsste über kurz oder lang etwas in der Preisgestaltung
geschehen, und die Verfügbarkeit muss garantiert werden können.»
Eine Frage des Geldes
Im vergangenen Jahr bezogen die Piloten den synthetischen Treibstoff bei Horag Racing in Sulgen TG, welches wiederum bei P1 Performance Fuels in Berlin einkaufte. Es gebe auch andere Anbieter von synthetischem Treibstoff, weiss Wüthrich, «aber dort kostet es noch mehr». Rund tausend Franken mehr kostete Wüthrich die vergangene Saison wegen des alternativen Treibstoffs. Zudem schütte er aktuell keinen anderen Treibstoff als jenen von P1 in seine Golf Turbiene. «P1 hat den Treibstoff auf unsere Bedürfnisse abgestimmt. Der in der Schweiz bestens bekannte Motorenbauer Mario Illien half dabei. Würde man nun auch den Treibstoff eines anderen Anbieters testen und freigeben, würde das sehr bald sehr teuer», erklärt Wüthrich.
Mit dem Thema vertraut ist auch Marcel Fässler (s. AR
26/2023). Den dreimaligen Le-Mans-Sieger ärgert der Stillstand. Auch er
appelliert an ASS, aber vor allem auch an die Renngemeinschaft: «Nur
wenn wir gemeinsam – und zwar alle! – an einem Strang ziehen, bringt es
etwas. Agieren statt reagieren. Denn es gibt gewiss genug Menschen in
unserem Land, die Bergrennen am liebsten schon heute verböten.»
Noch eine Idee – plötzlich ein Verbot
Fässler weiss, dass es manchmal schnell geht, und zählt Beispiele auf: «Im Stockental fährt kein Kart mehr, weil sich ein einzelner Zugezogener über den Lärm beklagte. In Lignière gibt es massive Lärmvorschriften, auch hier wegen der Klage eines Einzelnen. Unter dem Strich übertrieb man es so lange und sah darüber hinweg, bis es vorgeschrieben wurde.» In Arosa GR, so heisst es, sei Nachhaltigkeit von Events – und da gehören die Classics dazu – im Trend, verschiedene Institutionen wie Gemeinden oder Tourismus thematisierten dies. «Jetzt ist es noch eine Idee – plötzlich ist es eine Auflage oder gar ein Verbot!», sagt Fässler deshalb. Das meint auch Epp: «Wir müssen agieren, sodass wir etwas in der Hand haben, und nicht erst reagieren, wenn Verbände oder Parteien Regeln vorschreiben.»
Aufgeben wollen Wüthrich, Epp und Fässler noch nicht: «Es braucht eben manchmal Zeit, bis etwas Früchte trägt.» Auf ein Neues.
Fotos: Werner J. Haller, Sportec