Fahrgeräuschen auf der Spur: BMW nimmt weltweit grössten Akustik-Windkanal in Betrieb

Automobil Revue | 13.12.2024

Aeroakustik wird für Fahrzeughersteller immer wichtiger – denn bei leisen Elektroantrieben fallen Geräusche durch Wind oder das Abrollen der Räder stärker auf. BMW intensiviert seine Entwicklungsarbeit in diesem Bereich nun in seinem neuen Aeroakustik- und E-Antriebs-Zentrum (AEZ).

Aerodynamik

Der neue Windkanal, der zu diesem Gebäudekomplex im Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) der BMW Group gehört, liefert Zahlen der Superlative: Mit einer Länge von knapp 100 Metern, einer Höhe von 45 Metern und Breite von 25 Metern ist er der weltweit grösste Akustik-Windkanal in vertikaler Bauweise und gleichzeitig der leiseste.

«Leise ist premium», sagt Daniel Boettger, Leiter Entwicklung Gesamtfahrzeug bei BMW. «Der neue Windkanal ermöglicht wegweisende Fortschritte in der Aeroakustik-Forschung».

Der Windkanal erzeugt eine maximale Windgeschwindigkeit von 250 km/h

Mit einem Hintergrundgeräuschpegel von 54.3 dB(A) bei 140 km/h, der so niedrig ist wie ein leises Gespräch oder eine leise Klimaanlage, können die Geräusche, die durch den Fahrtwind am Fahrzeug entstehen, im neuen Windkanal präzise gemessen werden.

Mit einem Düsenquerschnitt von 25 Quadratmetern und einer maximalen Windgeschwindigkeit von 250 km/h können selbst die grössten und leistungsstärksten Fahrzeuge wie der Rolls-Royce Phantom oder der BMW X7 realitätsnah untersucht werden.

Windturbine

Einbau der Windturbine.

Die Gebläseleistung liegt bei 4.5 MW, damit können bis zu 100‘000 Kubikmeter Luft pro Minute befördert werden, um Tempo 250 zu simulieren. Der Windkanal ist als akustischer Semifreifeld-Raum konzipiert. Das bedeutet, dass ausser dem schallharten Boden keine Schallreflexionen auftreten. Dies ermöglicht eine realistische Simulation der Situation auf der Strasse. Der Frequenzbereich für die Semi-Freifeldbedingungen ab 30 Hz deckt das gesamte hörbare Spektrum ab.

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Der Akustik-Windkanal ist mit modernster Messtechnik ausgestattet. Eine so genannte Akustikkamera mit 216 Mikrofonen ermöglicht eine präzise Lokalisierung von Störgeräuschen mit einer Genauigkeit von unter einem Zentimeter.

Darüber hinaus verfügt der Windkanal über ein Laservibrometriesystem, mit dem die mechanischen Schwingungen der gesamten Fahrzeugoberfläche synchron und berührungslos vermessen werden können.

Unter der Akustikkamera mit 216 Mikrofonen können die Fahrzeuge zentimetergenau vermessen werden. Zum Vergrössern anklicken!

Auch für die Untersuchung von Wind- und Rollgeräuschen ist der Windkanal gerüstet. Ein vollwertiger Akustik-Allrad-Rollenprüfstand kann unabhängig von Wind und Wetter eingesetzt werden, um die unterschiedlichen Phänomene zu analysieren.

Die Wind-Rollgeräusch bietet die Möglichkeit, die Phänomene Abrollen und Wind voneinander zu trennen (Wind an/aus, Rolle an/aus). Darüber hinaus können verschiedene Module wie ein fahrzeugbefahrbarer Glasboden oder eine Fahrzeugwaage für Motorräder in kurzer Zeit ausgetauscht werden, ohne das Fahrzeug umzusetzen. So können die Entwickler schnell und effizient unterschiedliche Konfigurationen testen.

Ebenfalls im AEZ befinden sich Werkstätten, Prüf- und Messständen sowie Prototypen-Linien. Die Entwickler bauen und testen hier Prototypen zukünftiger Hochvoltbatterien für Elektrofahrzeuge. Auf mehreren Etagen stehen dafür 15'000 Quadratmeter zur Verfügung.

Auf einer weiteren Fläche von 800 Quadratmetern werden auf einer Pilotlinie unter Sauberraumbedingungen Inverter für Elektromotoren hergestellt.

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Das neue Aeroakustik- und E-Antriebs-Zentrum (AEZ).

Fotos: BMW

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