Amag – Autoimporteur mit Nebenjobs

Simon Tottoli | 01.02.2024

Geschäftsbericht 2023 war ein gutes Jahr für die 
Amag-Gruppe. Sie konnte ihre Anteile am Automarkt weiter ausbauen, 
rund 200 zusätzliche Mitarbeiter einstellen und – daran muss man 
sich gewöhnen – zahlreiche ­Fotovoltaikprojekte umsetzen.

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Die Amag-Gruppe hat mit Helion Energy schon zahlreiche Fotovoltaikprojekte realisiert.

Mehr als 1400 solcher Solarprojekte sind 2023 realisiert worden, um eine Zahl zu nennen. Grösstenteils handelte es sich um Fotovoltaikanlagen auf Dächern von Wohn- und Geschäftsgebäuden. Und die wurden natürlich nicht unter dem Amag-Label auf die Beine gestellt, sondern von der Helion Energy AG (s. AR 38/2023). Weil das Unternehmen seit Mitte 2022 zur Amag-Gruppe gehört, war es an der Amag-Jahrespressekonferenz am 26. Januar 2024 dennoch ein Thema. Und zwar ein grosses: Amag-Gruppen-Chef Helmut Ruhl sprach vor versammelter Journalistenschar unter anderem über die Zahl der verkauften Autos, räumte der Fotovoltaik und damit Helion gefühlt aber mindestens den gleichen Stellenwert ein.

Helion ist unter der Dachmarke Amag Energy & Mobility ausser mit Fotovoltaikanlagen auch in den Bereichen Wärmepumpen, Energiemanagement und Ladelösungen aktiv. Dabei wird neben Privat- und Geschäftskunden der öffentliche Raum ebenfalls bedient. So konnte Helion bei der Ausschreibung für die Erstellung von Fotovoltaikanlagen an Lärmschutzwänden und Rastplätzen entlang von Nationalstrassen die Lose für die Raststätten in den Kantonen Tessin und Graubünden sowie zusammen mit einem Mitbewerber jene für die Lärmschutzwände entlang der Nationalstrassen in den Kantonen Basel-Stadt, Baselland, Aargau, Thurgau und St. Gallen gewinnen. Die Projekte sollen innert weniger Jahre realisiert werden. Allein die im Jahr 2023 umgesetzten Projekte ermöglichen laut Helmut Ruhl eine jährlich erwartete Stromproduk­tion von über 70 Gigawattstunden, fast doppelt so viele, wie die im gleichen Jahr von der Gruppe verkauften Elektroautos verbrauchen würden.

Anhaltender Elektroaufschwung

Stromer konnte die Amag 2023 viele auf den Markt bringen, insgesamt wurden 18 542 Elektrofahrzeuge (BEV) neu zugelassen, fast 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit erreichte sie bei den Elektroautos einen Marktanteil von über 35 Prozent. Mehr als jeder dritte Stromer, der 2023 in der Schweiz neu eingelöst wurde, stammt somit von einer Amag-Marke. Der Gesamtmarktanteil bei den Personenwagen belief sich auf 32.4 Prozent, wobei die Personentransporter von VW Nutzfahrzeuge mit bis zu acht Sitzplätzen hinzugerechnet wurden. 24 766 Autos der Marke VW und nochmals 3584 von VW Nutzfahrzeuge mit personenwagenähnlichen Eigenschaften ergaben damit wie 2022 einen Marktanteil von 11.2 Prozent, womit die VW-Spitzenposition verteidigt werden konnte.

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Viele, viele Stromer: Von Elektroautos (BEV) wie dem Skoda Enyaq hat die Amag 2023 über 18 500 abgesetzt. Ein Grossteil von ihnen ging an Flottenkunden.

Skoda (21 160 Neuzulassungen, 8.4 % Marktanteil) auf Platz drei, Audi (20 313, 8.1 %) auf Position vier und Seat/Cupra (11 958, 4.7 %) mit Platz sieben runden das sehr gute Amag-Ergebnis in der Schweizer Markenhitparade 2023 ab. Dass markenübergreifend immer noch mehr als drei von vier Amag-Neuwagen einen Verbrennungsmotor hatten (reine Verbrenner oder Plug-in-Hybride, PHEV), liess Helmut Ruhl nicht unerwähnt. Aber auch nicht, dass die Amag mit 22.7 Prozent einen höheren BEV-Anteil aufwies als der Gesamtmarkt mit 20.9 Prozent. Im laufenden Jahr soll die Elektroquote auf jeden Fall weiter ausgebaut werden, viele Stromerneuheiten wie der schon erhältliche VW ID.7, der Audi Q6 e-tron oder der Cupra Tavascan würden dabei helfen.

Alles auf Strom

Das Bekenntnis zum Elektroauto, die Modellpolitik der Amag-Hausmarken und auch die starke Gewichtung der Tochterfirma Helion Energy lassen keinen Zweifel daran, dass die Amag-Gruppe ihr Ziel, ab 2040 klimaneutral arbeiten zu wollen, ernst nimmt. Bis dahin will sie 90 Prozent ihrer Emissionen gegenüber dem Vergleichsjahr 2019 reduzieren und den Rest mit geeigneten Technologien eliminieren oder zumindest mit Zertifikaten kompensieren. Um die unter dem Motto «Amag Net Zero» anvisierten Ziele zu erreichen, muss die Gruppe in allen Geschäftsbereichen Vollstrom geben. Eigentlich sollte sich der Anteil neu zugelassener Steckerfahrzeuge (also batterieelektrische, BEV, und Plug-in-Hybride, PHEV) schon 2025 auf 50 Prozent belaufen. Aber dieses – vermutlich nicht erreichbare – Ziel ist nur ein Puzzleteil in ­einer Gesamtstrategie, welche die Amag-Gruppe wie folgt umschreibt: erneuerbare Mobilität aus der Schweiz für die Schweiz.

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Auch in Parkhäusern, welche die Amag-Gruppe betreibt, zeigt sich die Elektrostrategie – in Form von laufend mehr Stellplätzen mit Ladeanschluss.

«Die Richtung ist klar, die individuelle Mobilität bewegt sich hin zu emissionsfreien Elektroautos. Die Weichen für eine erneuerbare Energieproduktion wurden ebenfalls gestellt, und nun gilt es, Mobilität und Energie zusammenzuführen und Lösungen anzubieten. Wir sehen hier mit unserem Angebot grosse Chancen», erklärte Helmut Ruhl. Die Amag-Gruppe soll also nicht nur Elektroautos verkaufen, sondern auch aktiv bei der Infrastruktur mitwirken. Unter anderem. Helmut Ruhl macht kein Hehl daraus, dass der Elektroantrieb für ihn der Antrieb der Zukunft ist. Entsprechend richtet sich die Amag-Gruppe in sämtlichen ihrer Geschäftsbereiche und Unternehmen auch aus – vom Fahrzeughandel über die Autovermietung Europcar mit mehr und das Autoabo Clyde mit ausschliesslich batterieelektrischem Modellangebot bis zu den Parkhäusern, die von der Amag betrieben werden. Sowie allen anderen Firmen in der Gruppe mit ihren insgesamt über 7500 Mitarbeitern (rund 200 mehr als vor einem Jahr) und erstmals über 800 Lehrlingen. Sie erarbeiteten 2023 einen Umsatz von total 5.2 Milliarden Franken.

China-Marke? Nein danke

Ein Türspalt für die Verbrenner, darunter die klassischen Fahrzeuge, die auch für die Amag ein wichtiges und erhaltenswertes Kulturgut sind, bleibt übrigens offen. Als komplementäre Technologie könnten Synfuels für sie eine Rolle spielen, weshalb die Amag-Gruppe schon seit einiger Zeit an der auf diesem Gebiet engagierten Synhelion AG beteiligt ist. Nach verschiedenen Pilotprojekten soll im Laufe dieses Jahres in Jülich (D) in der Nähe von Köln eine neue Grossanlage in Betrieb gehen, die mithilfe von Sonnenenergie sozusagen Synfuels am Fliessband produzieren kann – zum Beispiel für Flugzeuge, aber eben auch Klassiker, von denen auch Helmut Ruhl einen besitzt. «Sie können sich darauf verlassen, dass ich ihn mit dem Treibstoff von Synhelion betanke, sobald er verfügbar ist», meint er freundlich, aber bestimmt.

Mit noch mehr Nachdruck beantwortete der Amag-Gruppen-Chef die Frage eines Journalisten, ob die Amag allenfalls plane, Fahrzeuge einer chinesischen Marke zu importieren: «Nein, das schliesse ich aus!» Die Chinesen könnten zwar zweifellos auch Elektroautos bauen, aber das könnten die Amag-Marken mindestens genauso gut. Und verglichen mit den Chinesen hätten sie einen viel besseren Service. 

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Helmut Ruhl führt die Amag-Gruppe als CEO in die Zukunft. Und auf diesem Weg steht erneuerbare Mobilität im Fokus.

Fotos: Amag-Gruppe, Anja Wurm Photography, Sara Keller Photography

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