Der Overshoot Day. Er markiert den Tag im Jahr, an dem die Menschheit mehr natürliche Ressourcen verbraucht hat, als die Erde in einem Jahr erneuern kann. Je mehr wir der Natur entnehmen, desto schneller erschöpfen sich diese Ressourcen. Er ist ein klares Mass, das auf vernünftigen Ressourcenverbrauch hinweist anstatt nur auf den Klimawandel. Dieses Jahr ist es global im August so weit, dann haben wir mehr Bäume gefällt als nachwachsen, mehr Fische gefangen als sich vermehren, und mehr Getreide gegessen als nachwächst. Ein einleuchtendes Konzept, an dem man sich orientieren könnte für ein nachhaltiges Leben – jenseits der Panik vor dem Klimawandel. Stimmt nur so nicht. Denn am Ende reduziert sich auch der Overshoot Day, auf Umwegen zwar, auf den CO₂-Ausstoss. Also den Klimawandel.
Warum wir jetzt über den Overshoot Day schreiben, obwohl er erst im August stattfindet? Weil er auch national berechnet wird, für die Schweiz fiel der Tag dieses Jahr auf den 27. Mai. Im internationalen Vergleich steht die Schweiz damit ganz schlecht da, verbraucht sie doch doppelt so viel wie der globale Durchschnitt. Das gibt den üblichen grünen Kritikern Anlass, unseren verschwenderischen und wohlhabenden Lebensstil anzuprangern, Degrowth zu fordern, SUV verbieten und den Strassenverkehr reduzieren zu wollen. Die Schweiz muss schrumpfen, bis sie positiv dasteht in der Ökobilanz.
Wissen Sie, wer positiv dasteht? Russland, das 50-mal mehr CO₂ ausstösst als die Schweiz. Oder Kanada mit der 15-fachen Menge. Beides sind grosse Länder mit viel Wald und einer geringen Bevölkerungsdichte. Denn, man braucht es beinahe nicht mehr zu sagen: mehr Menschen gleich schlechte Ökobilanz. Die Absurdität des Overshoot Day zeigt sich also ganz besonders in der Aufteilung nach Nationen. CO₂ macht nicht an Grenzen halt, und die Verteilung natürlicher Ressourcen hält sich in den allermeisten Fällen nicht an Landesgrenzen. Was lernen wir also? Gerade diejenigen, die die Grenzen am liebsten verschwinden sähen, nutzen diese gern, wenn es dem Narrativ der schlechten Schweizer dient. Und gut gemeint ist nur höchst selten gut gemacht – vor allem wenn es einer politischen Agenda dient.