Henry Ford hätte seine helle Freude daran. Der amerikanische Autopionier schrieb in seinen Memoiren den berühmten Satz «Jeder Kunde kann ein Auto in jeder gewünschten Farbe haben, so lange es schwarz ist» – und wäre damit heute wieder ganz vorne dabei als Trendsetter, wenn es um die Lackierung von Neufahrzeugen geht. Zwar ist Schwarz aktuell nicht die beliebteste Farbe weltweit, wie die Analyse des deutschen Farbenherstellers BASF Coatings ergibt – es dominiert nach wie vor Weiss. Aber Schwarz war der Gewinner des vergangenen Jahres und legte mit drei Prozentpunkten vergleichsweise kräftig zu auf Kosten von Spitzenreiter Weiss.
Der Experte nennt sie achromatische Farbtöne, im Volksmund sind es Un-Farben: Silber und Grau, Weiss und Schwarz beherrschen den Fahrzeugmarkt, das gilt global wie in der Schweiz, wie die Statistiken der Strassenverkehrsämter belegen. Nur knapp jeder fünfte Autokäufer hierzulande entscheidet sich bei seinem Neuwagen für eine kräftige Farbe. Wenn es dann doch ein bisschen farbenfroh sein darf, liegt in der Schweiz die Farbe Blau ganz vorne, die in ihren dunklen Schattierungen auch als sehr seriös gilt, gefolgt von den Signalfarben Rot und Grün. Die weiteren bunten Farbtöne firmieren unter ferner liefen – Exoten auf Schweizer Strassen.
Farbenfrohes Italien
Insgesamt, so die Experten von BASF, dominieren die achromatischen Farbtöne, aber es gibt feine Abstufungen zwischen den einzelnen grossen Marktregionen. Und auch innerhalb einer Region, wie zum Beispiel in Europa, gibt es Vorlieben, die in einzelnen Ländern doch recht unterschiedlich ausfallen. «Obwohl die achromatischen Farben immer noch am beliebtesten sind, scheint jedes Land seine Lieblingsfarbe im chromatischen Bereich zu haben», sagt Mark Gutjahr, globaler Leiter Automotive Color Design bei BASF. «Die Automobilhersteller haben den Autohäusern viel Raum für Individualität und Kreativität gelassen, und das nutzen die Autokäufer.» Am farbenfrohsten lieben es dabei die Italiener, hier ist nahezu jedes dritte Neufahrzeug in einer kräftigen Farbe lackiert, damit liegen sie unter den fünf in Europa näher unter die Lupe genommenen Ländern an der Spitze. Bei den Nachbarn in Deutschland, wo fast 70 Prozent aller Neuwagen an gewerbliche Kunden verkauft werden, liegen die gedeckten Farben ganz weit vorne. Firmenflottenbetreiber haben schon bei der Anschaffung der Fahrzeuge den Wiederverkauf stärker auf dem Radar als private Käufer, Weiss, Schwarz oder Silber sind da eine sichere Bank. Oder eben Blau, das mit elf Prozent in Deutschland Spitzenreiter bei den chromatischen Farben ist. Mutiger sind die Käufer in Grossbritannien oder Spanien, die sich für Orange oder Rot (rund 9 %) entscheiden. Die Franzosen haben Grün (6 %) unter den chromatischen Lackierungen zum Liebling erkoren.
In Summe haben im vergangenen Jahr in Europa die achromatischen Farben noch einmal zugelegt, ihr Anteil stieg um zwei Prozentpunkte auf 79 Prozent. Die gleiche Entwicklung war auch auf dem nordamerikanischen Markt festzustellen, wo die achromatischen Farben inzwischen bei 80 Prozent liegen. Dabei gab es eine leichte Verschiebung, die Kunden entschieden sich eher für helle Töne, Silber war deutlich gefragter als dunkles Grau. Die Autokäufer in den USA und Kanada haben weltweit die grösste Vorliebe für rote Autos (8 %), wobei Primus unter den echten Farben immer noch Blau ist (9 %). «Hellere Farbtöne werden immer beliebter und übernehmen Marktanteile von Grau. Immer häufiger werden Effektpigmente gewählt, die den Farbtönen Intensität und Spannung verleihen», fasst Elizabeth M. Hoffmann, Farbdesignerin für den nordamerikanischen Markt, die aktuellen Trends zusammen.
In Asien – oder, um es konkreter zu sagen, in China – befindet sich die Automobilbranche in einem rasanten Umbruch mit immer neuen Herstellern, die vor allem im Elektrosegment neue Modelle auf den Markt werfen. Das führt auch zu einer lebhafteren Farbpalette, wie Chiharu Matsuhara, Leiterin Automotive Color Design für Asien-Pazifik bei BASF Coatings, sagt. «Die neuen Automobilhersteller, die in Asien produzieren, wünschen sich mehr als das übliche Farbtonangebot. Sie wollen etwas Mutiges und Kreatives auf ihren neuen Designs, und junge Kunden mögen diese Farben.» Hellere Farbtöne sind gefragt und natürlichere Farben wie Grün. Bei Elektrofahrzeugen seien frische Farbtöne zu sehen, besonders im Grün- und Violettbereich.
Anders stellt sich die Situation in Südamerika dar: Hier agieren die Käufer weltweit am konservativsten, 86 Prozent aller Neuwagen sind in achromatischen Farben lackiert. Deshalb arbeiten die Hersteller in Südamerika verstärkt mit Effektpigmenten, um Akzente zu setzen.