Klimastädte Rund um den Globus sind autofreie Städte auf dem Vormarsch. Internationale Stiftungen und Staatsregierungen verbünden sich dabei mit extremen Klimafanatikern.
Das Automobil ist in der Gesellschaft ein beliebter Sündenbock, spätestens seit der grünen Welle der 1970er- und 1980er-Jahre. Doch jüngst hat die Autofeindlichkeit im Zuge der Klimabewegung eine neue Stufe erreicht. Insbesondere in den links-grünen Städten wimmelt es nur so von entsprechenden Vorstössen. Voller Empathie berichtet beispielsweise der Bayerische Rundfunk unter dem Titel «Zentren ohne Autos: Wie Städte in Zukunft aussehen könnten» über eine internationale Konferenz, die dieser Tage in Lindau (D) am Bodensee stattgefunden hat.
Das Besondere daran sei, dass «alle» mitmachen könnten, nicht nur Wissenschaftler, Politiker, Wirtschaftsvertreter. Es gehe darum, «die Leute auf jeden Fall mitzunehmen», wie sich eine der Organisatorinnen ausdrückt. Die «Süddeutsche Zeitung» fragt: «Ist es radikal, die Städte autofrei zu machen?», und liefert die Antwort gleich selbst: Das sei es ganz und gar nicht. Derweil behauptet das deutsche Magazin «Der Spiegel», «City-Maut» und autofreie Innenstädte seien erst «gehasst» gewesen, dann «geliebt» worden.
Manche Städte – Tendenz rasant steigend – führen einen regelrechten Krieg gegen das Auto. Es wird nicht als ein zentraler Verkehrsträger behandelt, der massgeblich zur freien Mobilität und zu unserem Wohlstand beiträgt, sondern als Ursache vielerlei Übel, als ein bösartiger Fremdkörper in der links-urbanen Wohlfühlzone. Die Beispiele aktueller Anti-Auto-Initiativen sind zahlreich, wir analysieren im Folgenden einige davon, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
15-Minuten-Stadt
Unter diesem Titel geistert ein städtebauliches Konzept herum, das immer mehr Anhänger findet. «In einer 15-Minuten-Stadt sind Autos nicht mehr notwendig: Dort lässt sich alles, was du brauchst, innerhalb einer Viertelstunde erreichen», schreibt die Plattform Utopia.de. Damit werde ein «Grossteil des motorisierten Verkehrs überflüssig» gemacht. Als einer der Erfinder der 15-Minuten-Stadt gilt der französisch-kolumbianische Wissenschaftler Carlos Morena, der an der Sorbonne lehrt. Die Pariser Stadtpräsidentin Anne Hidalgo popularisierte die Idee in ihrer Wiederwahlkampagne im Jahr 2020.
Auch in der Schweiz gibt es einschlägige Bestrebungen. In einem Interview mit dem «Bärnerbär» stellte Monika Litscher die 15-Minuten-Stadt als «Vorbildmodell» dafür hin, was «mobil sein» heute bedeute. Litscher ist nicht irgendwer, sondern Vizepräsidentin des Schweizerischen Städteverbands. Die studierte Ethnologin, Völkerrechtlerin und Kulturwissenschaftlerin arbeitete zuvor für Fussverkehr Schweiz. Kein Wunder, bläst sie auch im Namen des Städteverbands zum Angriff auf das Auto. Für dieses habe es in der Stadt kaum mehr Platz, es zerstöre «im schlimmsten Fall sogar Lebensgrundlagen». Auch die Grösse der Autos ist ihr ein Dorn im Auge. Den grösseren Fahrzeugen «oder solchen, die eine schlechte Ökobilanz aufweisen», will sie den Zugang zum Zentrum erschweren. Parkplätze sollen limitiert werden.
C40-Städte
So nennt sich ein «globales Netzwerk von fast 100 Bürgermeistern der führenden Städte der Welt, die gemeinsam gegen die Klimakrise vorgehen». In Europa sind es etwa Mailand (I), Heidelberg (D), Amsterdam oder London. Schweizer Städte sind bisher nicht an Bord. Die teilnehmenden Stadtoberen «verpflichten sich, einen integrativen, wissenschaftlich fundierten und kollaborativen Ansatz zu verfolgen, um ihren gerechten Anteil an den Emissionen bis 2030 zu halbieren, der Welt dabei zu helfen, die globale Erwärmung auf 1.5 Grad Celsius zu begrenzen und gesunde, gerechte und widerstandsfähige Gemeinschaften aufzubauen». Auch an der derzeit in Dubai stattfindenden Uno-Klimakonferenz COP28 sind Vertreter der C40-Städte aktiv, sie wollen die Regierungen zu weiteren Verschärfungen des Klimaregimes drängen. Finanziert wird das Projekt von grossen internationalen Stiftungen wie Bloomberg Philanthropies, Children’s Investment Fund Foundation, Open Society Foundations sowie von Staaten wie Deutschland, Grossbritannien und Dänemark.
Offen bleibt, wie es mit der demokratischen Legitimation der Stadtpräsidenten steht, die sich «verpflichten», radikale Klimamassnahmen zu ergreifen. Liest man die Verlautbarungen von C40, so klingt das wie bei einer links-grünen NGO oder einer sozialistisch angehauchten Partei. «Ohne soziale Gerechtigkeit gibt es keine Klimagerechtigkeit», heisst es. Wolkig-utopisch ist die Rede von «blühenden Gesellschaften mit Chancen für diejenigen, die zuvor zurückgelassen wurden». Explizit solidarisieren sich die C40-Städte mit der linksradikalen Klimastreikbewegung und ihrem antikapitalistischen Schlachtruf «System change, not climate change». Sie machen sich stark für einen «Global Green New Deal», der die Gelegenheit biete, «die Klima- und Ungerechtigkeitskrise anzugehen und sicherzustellen, dass es allen überall gut gehen kann».
Weniger solidarisch gehen die C40-Städte mit den Autofahrern um: «Wir stellen uns eine Zukunft vor, in der sich die Mehrheit der Einwohner in unseren Städten zu Fuss, mit dem Fahrrad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegt.» Das Auto soll gemäss den «gemachten Zusagen» der beteiligten Städte weitgehend aus dem Stadtbild verschwinden, die Strassen sollen «grün» und «gesund» werden, was immer das heissen soll.
German Zero
Hinter diesem Label verstecken sich radikale Klimaaktivisten, die eine «Verkehrswende» anstreben. Sie machen sich stark für eine «Entmotorisierungspolitik» in Städten wie Hamburg (D). Zwei Drittel aller Autos müssten verschwinden, fordern sie. Der «von Autos okkupierte Raum» soll für «Menschen jeden Alters» zurückgewonnen werden – «für Aufenthalt, Kommunikation, Spiel und andere Aktivitäten» sowie für die «Stadtnatur».
Andere Projekte
Städte wie Wien oder Graz (A) wollen das Auto aus eigenem Antrieb aus den Zentren verbannen. Die Grazer Bürgermeisterin liess sich mit dem Satz zitieren, sie finde, dass «niemand mit dem Auto privat in die Innenstadt fahren muss». In der Schweiz prescht insbesondere Lausanne vor. Es will bis 2030 eine «klimaneutrale Mobilität» und die Verbrenner verbieten. Der WWF setzte Lausanne auf Platz eins der klimafreundlichsten Schweizer Städte. Die Umweltorganisationen haben längst erkannt, dass sie in den links-grünen Städten starke Verbündete haben.
Allerdings gibt es jetzt auch Anzeichen dafür, dass selbst dort nicht alle extremen Vorstösse durchkommen. Die Bevölkerung von Basel-Stadt verwarf am 26. November die Initiativen «Für ein gesundes Klima» («Gute-Luft-Initiative») und «Für eine zukunftsfähige Mobilität». Sie hatten verlangt, dass in den nächsten zehn Jahren jährlich 0.5 Prozent der Strassenfläche in Grünflächen umgewandelt und 0.5 Prozent des Strassenraums für den Fuss-, Velo- und öffentlichen Verkehr umgenutzt werden. Das hätte einer Fläche von rund 480 000 Quadratmetern entsprochen. Auch in der Luzerner Gemeinde Hochdorf lehnten die Stimmberechtigten zwei extreme Klimainitiativen ab.