Klaus Justen | 11.01.2024
Marktzahlen Endspurt auf dem Schweizer
Automarkt. War im Jahr 2023 das Glas halb voll oder war es halb leer? Ein Blick in die Zahlen.
Das Beste zum Schluss: Mit 26'948 Neuimmatrikulationen war der Dezember der beste Monat im gesamten Jahr 2023 für den Autohandel in der Schweiz und Liechtenstein. Damit sprang die Zahl neu zugelassener Fahrzeuge auf über eine Viertelmillion, exakt sind es 252'214 Stück.
Das ist ganz gewiss kein Anlass, die Korken knallen zu lassen, zu weit liegt die Branche noch hinter den Erfolgsjahren vor Corona zurück, als die erste Ziffer beim Gesamtabsatz gerne eine Drei war. Andererseits ist das Glas damit deutlich mehr als nur halb voll, denn im Vergleich zum Vorjahr gingen die Verkaufszahlen um 11.6 Prozent nach oben. Das soll sich 2024 fortsetzen, für das neue Jahr geht der Branchenverband Auto-Schweiz angesichts positiver Aussichten für die Schweizer Wirtschaft von weiterem Marktwachstum aus: «Die Schweiz bleibt ein mobiles Land und wird im neuen Jahr mehr neue Personenwagen kaufen. Doch die 300'000er-Marke wird gemäss heutigem Stand wohl auch 2024 ausser Reichweite bleiben.» Aber natürlich bleiben auch Marktrisiken, die schon im abgelaufenen Jahr dafür sorgten, dass die Kaufbegeisterung vor allem bei privaten Autointeressenten gedämpft war: «Getrübte Konjunkturaussichten und gestiegene Lebenshaltungskosten haben wohl eine grosse Rolle gespielt – die Anschaffung eines Fahrzeugs stellt für Privathaushalte die zweitgrösste Investition dar nach der Wohnung.
Einen kräftigen Schub erhielt im Dezember das Segment der Elektrofahrzeuge: Mit 7240 vollelektrischen Autos (BEV) allein in diesem Monat kletterte der Jahres-Gesamtabsatz auf fast 53'000 Verkäufe. Damit war gut jeder fünfte Neuwagen ein Elektroauto. Einerseits registriert Auto-Schweiz eine leicht abgeschwächte Dynamik, weil der Marktanteilszuwachs nur noch bei 3.1 Prozentpunkten lag (2022: 4.5), aber ein Verkaufsplus von 31.3 Prozent im vergangenen Jahr gegenüber 26.2 Prozent im Jahr 2022 ist angesichts des deutlich höheren Absatzniveaus kein ausgewiesenes Zeichen eines schwächelnden Segments. Ins Bild passt, dass sich auf dem Podest der bestverkauften Modelle über alle Antriebe hinweg mit dem Tesla Model Y und dem Skoda Enyaq zwei Elektromodelle Rang eins und zwei holten. Auto-Schweiz-Präsident Peter Grünenfelder sieht jedoch verschlechterte Rahmenbedingungen für die E-Mobilität durch die vierprozentige Autoimportsteuer und die steigenden Strompreise. Er fordert «die vollständige Liberalisierung des Strommarktes, um durch die Schaffung einer Konkurrenzsituation unter den Energieversorgern eine Dämpfung der Strompreise zu erreichen».
Wertet man den Antriebsmix aus, den die Marken in der Schweiz verkauften, dann liegt der Grossteil der Anbieter der Top Ten bei einem BEV-Anteil von 20 Prozent und mehr. Deutlich unter 20 Prozent liegen BMW, Mercedes-Benz, Toyota und Ford, denen zum Teil schlicht das Angebot fehlt. Generell legten die PHEV nochmals kräftig zu, der Marktanteil liegt nun bei 9.2 Prozent, was in Summe für die Steckerfahrzeuge (BEV und PHEV) einen Rekordanteil von 30.1 Prozent ergibt. Reine Benziner (33.3 %) und Diesel (9.3 %) verloren Anteile, Normal- und Mildhybride steigerten sich auf 27.3 Prozent.
Korrekturhinweis: In einer ersten Fassung wurde für BMW durch einen Additionsfehler ein zu hoher Anteil von Fahrzeugen mit Plug-in-Hybrid-Technik ausgewiesen.
Allrad- und SUV-Land
Trends, die sich im Jahr 2023 weiter bestätigten: Mehr als jedes zweite Auto, das in der Schweiz verkauft wurde, wird über alle vier Räder angetrieben. Dazu passt die Dominanz der SUV. Wenn man allein die drei Volumensegmente der Klein-, Kompakt- und Mittelklasse-SUV zusammenrechnet, kommt man auf knapp 50 Prozent der Neuimmatrikulationen. Die Kleinwagen- und die Kompaktklasse haben in den vergangenen Jahren durch die hochgesetzte Konkurrenz gelitten, aber immerhin noch rund jeder vierte Neuwagen wird in diesem Fahrzeugsegment gekauft. Bei den Modellen der Oberklasse orientieren sich die Käufer deutlich stärker hin zu luxuriösen SUV. Ins Exotendasein sind neben den klassischen Geländewagen auch die offenen Autos abgerutscht. Cabrios oder gar Roadster werden nur noch in eher homöopathischen Dosen abgesetzt. Hier gilt: Das Glas ist nicht einmal mehr halb leer.