Klaus Justen | 05.10.2024
Der Zollstreit zwischen der EU und China geht in die entscheidende Runde: Die Vertreter der Mitgliedsstaaten haben sich in einer Abstimmung für die erhöhten Zölle ausgesprochen, die auf aus China importierte Elektroautos erhoben werden. Kommt es in den nächsten Wochen nicht noch zu einer Verhandlungseinigung, gelten diese Zölle ab 5. November.
Vor allem aus Deutschland hatte es in den letzten Tagen massiven Gegenwind gegen die von der EU-Kommission im Sommer verhängten – noch vorläufigen – Extrazölle für Importe aus China gegeben. Die deutschen Hersteller sind einerseits selber von diesen Aufschlägen auf den regulären Einfuhrzoll von 10 Prozent betroffen, weil diverse Modelle in chinesischen Fabriken vom Band laufen. Andererseits befürchten BMW, Mercedes und die Volkswagen-Gruppe die Auswirkungen eines eskalierenden Handelsstreits mit China, weil sie zum Teil sehr abhängig vom Chinageschäft sind – und dort aktuell die Verkäufe massiv ins Stottern geraten sind.
Auf der anderen Seite hatten sich vor allem Frankreich und Italien pro Extrazölle positioniert, weil einerseits ihre Hersteller stärker in Konkurrenz zu preiswerten chinesischen Marken stehen, und andererseits das Chinageschäft nicht eine solch herausragende Rolle spielt wie bei den deutschen Herstellern.
Um die Zölle abzuwenden, hätte es bei der Abstimmung der EU-Mitgliedsstaaten am Freitag 15 Mitgliedsstaaten benötigt, die gegen die Zölle stimmen – und sie hätten 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren müssen. Im Endergebnis stimmten aber nur fünf Staaten (Deutschland, Ungarn, Malta, Slowakei und Slowenien) gegen die Zölle, zehn Staaten stimmen dafür ( Bulgarien, Dänemark, Estland, Frankreich, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Niederlande und Polen). Zwölf Mitgliedsstaaten enthielten sich.
Wie wirken sich die EU-Extrazölle auf den Schweizer Markt aus?
Bis Ende Oktober ist nun Zeit, mit China doch noch eine Verhandlungslösung zu finden. Gespräche dazu laufen seit Monaten. Unter anderem hat China Mindestpreise für seine nach Europa exportierten Fahrzeuge ins Gespräch gebracht. Die EU-Kommission betonte in einer Erklärung zur Abstimmung, dass sie die Verhandlungen mit China fortsetzen werde, „um eine alternative Lösung zu finden, die vollständig WTO-konform sein muss, die schädliche Subventionierung, die durch die Untersuchung der Kommission festgestellt wurde, angemessen bekämpft und die überwacht und durchgesetzt werden kann.“
Basis der erhobenen Extrazölle sind Untersuchungen der EU, dass der chinesische Staat die Hersteller massiv subventioniert – vom Bau der Autofabriken über die komplette Produktionskette. Das verschaffe den Herstellern Wettbewerbsvorteile, die durch die zusätzlichen Zölle ausgeglichen werden sollen. Dabei werden die einzelnen Hersteller unterschiedlich behandelt, unter anderem auch abhängig davon, wie kooperationsbereits sie gegenüber der EU sind, was die Angaben zu empfangenen Subventionen betrifft. So wird Tesla mit einem Extrazoll von 7.5 Prozent belegt, während der chinesische Hersteller SAIC (unter anderem MG) mit 35.3 Prozent deutlich höher besteuert wird. Kommt es zu keiner Einigung mit China, treten die Zölle am 5 November in Kraft und gelten dann für fünf Jahre.
Schweizer Autokäufer sind prinzipiell von den EU-Zöllen nicht betroffen, auch wenn das Gros der Importe über die EU abgewickelt wird. Indirekt könnte es dennoch Auswirkungen geben, wenn sich wegen der Zölle das Angebot an importierten Fahrzeugen reduziert oder die Hersteller die Preise für den Schweizer Markt anheben.