Cadillac arbeitet am Comeback

Olivier Derard | 20.06.2024

US-Hersteller General Motors zeigt 
wieder Präsenz in Europa. Das Unternehmen baut sein Händlernetz aus und zeigt neue Modelle.

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Comme à Zurich, c’est dans les quartiers chics de Paris que Cadillac s’est installé, face à l’Opéra Garnier.

Seit dem Verkauf von Saab im Jahr 2010, dem Rückzug von Daewoo 2005 und Chevrolet 2014 sowie dem Verkauf von Opel und Vauxhall 2017 an die PSA-Gruppe (heute Stellantis) hatte General Motors (GM) keine nennenswerte Präsenz mehr auf dem europäischen Kontinent – sehr zum Leidwesen der in der Schweiz zahlreich vertretenen Fans des US-Automobilkonzerns. So war es mit Ausnahme der Corvette C7 mehr oder weniger unmöglich, in der Schweiz ­einen GM zu kaufen, da der Importeur auf Stand-by geschaltet hatte. Seit Oktober letzten Jahres ist der amerikanische Konzern wieder offiziell auf dem alten Kontinent vertreten und arbeitet an seinem Comeback.

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Cadillac City in Paris hat eine Fläche von 2000 Quadratmetern. Weil es aber nur zwei Modelle für die Ausstellung gibt, zeichnet sie auch die reiche Geschichte der US-Marke nach.

Bei diesem Comeback kopiert GM ein wenig die Strategie der Hyundai-Luxustochter Genesis. Der Hersteller geht in die Innenstädte und stellt seine Fahrzeuge in grossen Showrooms aus. Einem ersten Cadillac-Showroom in der Zürcher Bahnhofstrasse, dem europäischen Hauptsitz des Unternehmens, der im Oktober eingeweiht wurde, folgte Ende des Jahres ein zweiter in der schwedischen Hauptstadt Stockholm.

Zwei SUV sollen überzeugen

Cadillac hat sich diese beiden Märkte vor allem deshalb ausgesucht, weil sie hohe Durchdringungsraten von Elektroautos haben. Und ja, es sind batteriebetriebene Modelle und keine V8-Motoren, mit denen Cadillac die Herzen der Europäer erobern will. Zunächst mit dem Lyriq (AR 45/2023), einem gut fünf Meter langen SUV, das auf der Ultium-Plattform der Konzernmutter GM basiert, und später mit dem Optiq (s. Box), der mit 4.82 Metern Länge immer noch sehr stattlich ausfällt, aber den europäischen Geschmack vermutlich eher trifft als der grosse Markenbruder.

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Am 29. Mai legte Cadillac mit der Eröffnung eines neuen Showrooms in Paris den dritten Baustein für die Expansion. In einem 2000 Quadratmeter grossen Schmuckkästchen gegenüber der Opéra Garnier, also in einem der schicksten Viertel der Stadt, setzt die Marke wie in Zürich alles daran, neue Kunden zu gewinnen. Cadillac City ähnelt dabei von seinem cleanen Design und der Philosophie her eher einem Apple Store als einem Autohaus. Nicht nur, dass Cadillac in die Innenstadt geht – das vermeiden die anderen Hersteller weitgehend –, der Standort bietet auch keine Werkstatt. Das wirft die Frage auf, wer den Kundendienst übernimmt. In der Schweiz arbeitet Cadillac mit Hedin Automotive zusammen, die eine Hand voll Werkstätten in der Region Zürich und St. Gallen betreibt, darunter auch ein Zentrum für Hochspannungsbatterien in Dielsdorf ZH. In der Westschweiz verfügt Hedin noch über keine Werkstätten, arbeitet aber an Partnerschaften, die eine landesweite Abdeckung ermöglichen. Für die Pannenhilfe in der ganzen Schweiz und in Europa stützt sich die US-Marke auf den Touring Club Schweiz.

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Der Lyriq wird seit Mai ausgeliefert. Er ist in der Schweiz zum Preis von 84 200 Franken erhältlich.

Die Auslieferung des Lyriq in der Schweiz begann bereits im Mai, in diesem Monat wurden knapp 15 Fahrzeuge von Cadillac zugelassen. Ivan Badolato, Verkaufsleiter von Cadillac Europa, begründet den bescheidenen Start: «Wir wollen in der Luxuswelt operieren, Verkaufszahlen sind nicht unser oberstes Ziel. Im Moment wollen wir uns wirklich auf den Kunden konzentrieren.»

Die Zahl der Kunden könnte in den nächsten Monaten durchaus steigen, da die Marke in der Schweiz ihre Anhänger hat. Um die Zahlen anzukurbeln, wird die Erweiterung der Modellpalette notwendig sein. Als erster Schritt kommt wie erwähnt im nächsten Jahr neben dem Lyriq auch der Optiq auf den Markt. Bis dahin werden vermutlich auch weitere Standorte hinzukommen. Wird es so viele Händler wie vor zehn Jahren geben? Das bleibt abzuwarten, denn damals gab es in Europa immerhin rund 50 Cadillac-Autohäuser. Dies wirft eine weitere Frage auf: Ist GM wirklich bereit, die Sache durchzuziehen? Schliesslich ist es nicht das erste Mal, dass der Konzern ein Comeback versucht und grosse Versprechungen macht.

Es bleibt also spannend mit der Wiederbelebung der einstigen amerikanischen Vorzeige-­Luxusmarke in Europa. 

Ein SUV für den europäischen Geschmack

Der Optiq fällt mit einer Länge von 4.82 Metern, einer Breite von 1.91 Metern und einer Höhe von 1.64 Metern kleiner aus als sein grosser Bruder Lyriq, der es auf eine Länge von mehr als fünf Metern bringt. Trotzdem basiert auch er auf der Ultium-Plattform von General Motors. Die Batterie hat eine Kapazität von 85 Kilowattstunden, was eine Reichweite von etwa 500 Kilometern ermöglichen soll.

Bei der Markteinführung wird es nur eine Modellvariante geben. Es handelt sich um die 4×4-Version mit 220 kW (300 PS) und einem Drehmoment von 481 Newtonmetern. Optisch ähnelt er sehr stark dem Lyriq, vor allem an der Front mit seiner Lichtsignatur aus LED-Scheinwerfern. Hinten hat der Optiq eine schlanke Silhouette, eine schräge Scheibe und eine zweigeteilte Lichtsignatur, von der eine bis zur Heckscheibe reicht. Im Innenraum wird das Armaturenbrett von einem geschwungenen Display mit sehr moderner Grafik dominiert. Es vereint alle Funktionen, obwohl es auch Bedienelemente am Lenkrad und physische Tasten für die Klimaanlage gibt. Das Platzangebot auf den Rücksitzen ist grosszügig. Dies ist dem Radstand zu verdanken, der mit 2.95 Metern angegeben wird. Für den in Mexiko und China produzierten Optiq, der mit dem Tesla Model Y konkurrieren will, gibt es offiziell noch keinen Preis – logischerweise wird er unter dem des Lyriq liegen, der für 84 200 Franken erhältlich ist. OD

Cadillac OPTIQ US Model

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