«Wir haben unseren Teil getan, jetzt muss die Politik ihren Beitrag leisten»

Interview: Olivier Derard | 27.06.2024

Claudia Meyer Die ­Chefin von Renault Schweiz blickt auf positive Verkaufs­zahlen zurück. Aber sie fordert ­bessere Rahmenbedingungen, vor allem im Bereich der ­Lade­infrastruktur.

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Claudia Meyer ist Country Operations Director von Renault Schweiz SA.

Das Unternehmen mit seinen Marken Renault, Dacia und Alpine ist dabei, ein völlig neues Fahrzeugportfolio zu entwickeln, das vom elektrischen Kleinwagen Alpine A290 bis zum Hybrid-Familien-SUV Renault Rafale reicht. Davon dürfte auch ihr helvetischer Importeur profitieren.

AUTOMOBIL REVUE: Claudia Meyer, Sie sind 2021 an die Spitze von Renault Schweiz getreten, mehr oder weniger zeitgleich mit der Umsetzung des Renaulution-Plans, der Qualität und Profit vor Quantität stellt. Was hat dieser Plan für Renault Schweiz verändert?

Claudia Meyer: Das erste, was wir tun mussten, war, unsere Prozesse an die neuen Markenorganisationen Renault, Dacia, Alpine und Mobilize anzupassen und gleichzeitig die Zusammenarbeit zwischen den Teams zu verstärken. Ausserdem mussten wir unseren Kundenservice an die neuen digitalen Möglichkeiten und Technologien anpassen, Stichwort Over-the-air-Updates. Glücklicherweise hatten wir bei all diesen Veränderungen mehr Freiraum als zuvor, da wir nicht mehr im DACH-Verbund agieren mussten, sondern wieder autonom mit mehr Raum für lokale Aktivitäten.

Sie haben in den letzten Monaten eine Flut von Neuheiten enthüllt. Neben den Facelifts von Clio, Captur und Spring haben Sie den neuen Duster, Scenic E-Tech Electric, Rafale, Symbioz, R5 E-Tech Electric und seine sportliche Variante, den A290, vorgestellt. Sind in den nächsten Monaten noch weitere Neuheiten zu erwarten?

Ja, in der Renault-Gruppe leben wir in einer sehr aufregenden Zeit. Allein in diesem Jahr werden wir elf neue Modelle auf den Markt bringen. Auf dem Pariser Autosalon im Dezember werden wir den neuen R4 vorstellen. Und bei Dacia wird es einen neuen Bigster oberhalb des Duster geben. Ansonsten kann ich Ihnen nicht mehr sagen, als dass unsere Strategie darin besteht, ein Fahrzeug für jeden anzubieten: für den kleinen, den mittleren und den grossen Geldbeutel.

Spüren Sie bereits die Auswirkungen des ­Renaulution-Plans, oder müssen Sie noch ein wenig warten?

Nein, bei der Renault-Gruppe Schweiz spüren wir die Auswirkungen bereits. Wir lancieren neue Modelle, erobern das C- und D-Segment zurück, wir bleiben im A-Segment, wo sich andere zurückziehen, und konnten die Rentabilität stärken, auch beim Handel.

Generell ist festzustellen, dass der Verkauf von Elektrofahrzeugen nicht mehr so gut läuft. Werden Sie bei Renault Ihre Pläne entsprechend anpassen?

An einem bestimmten Punkt sind die Hersteller gezwungen, sich an den Plan zu halten, den sie sich ursprünglich gesetzt haben. Aber wir machen uns keine Sorgen. Denn wir bei Renault sind anders vorgegangen als die meisten Hersteller. In unserer Dualstrategie bieten wir in jedem Segment sowohl innovative Hybridmodelle als auch reine Elektrofahrzeuge an, und bei den Nutzfahrzeugen immer sowohl Diesel- als auch Elektroantrieb. Und diese Doppelstrategie funktioniert hervorragend. Deshalb sind wir nicht gezwungen, unsere Pläne zu überdenken.

Alpine, Renault und Dacia haben ihre Verkäufe in der Schweiz um fünf, 14 und neun Prozent gesteigert. Sind Sie mit diesen Ergebnissen zufrieden oder hätten Sie sich mehr gewünscht?

Ja, natürlich würde man immer gern mehr verkaufen, aber man darf nicht vergessen, dass viele Modelle erst zur Jahresmitte auf den Markt gekommen sind. Daher sollte der Anstieg der Verkaufszahlen im nächsten Jahr deutlicher ausfallen. Wir verfügen jetzt über eine vollständige und leistungsstarke neue Modellpalette und über ein ausgezeichnetes Händlernetz, das zuverlässig, gesund und gut über das Land verteilt ist. Wir machen alles richtig, und die Leistung wird sich entsprechend entwickeln.

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In einigen Monaten wird der Renault Rafale in einer PHEV-Version mit Allradantrieb erhältlich sein. In Zukunft werden auch die zukünftigen SUVs von Alpine diese Art von Antrieb anbieten.

Der Rafale wird bald auch als 4×4 angeboten. Darüber hinaus wird Alpine in den kommenden Jahren SUV auf den Markt bringen, die wahrscheinlich auch mit Allradantrieb angeboten werden. Warum ist das gut für die Schweiz?

Das ist sehr gut für die Schweiz. Unser neues Flaggschiff, der Rafale 4×4 mit 300 PS ist genau das Modell, das wir in der Schweiz brauchen, obwohl sich auch die Vollhybridversion mit 200 PS und 4-Control-Allradlenkung schon sehr sportlich fährt. Was die Marke Alpine betrifft, stehen mehrere Modelle in den Startlöchern, die die Schweizer und Schweizerinnen mögen und die uns zusätzliche Volumen bringen werden.

Welche Herausforderungen stellen sich noch?

Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen rund um das Thema Laden. Wir brauchen die Bestätigung der Immobilienverwaltungen, dass sie ihren Mietern die Möglichkeit zum Aufladen ihrer Fahrzeuge zur Verfügung stellen werden. Und zwar jetzt. Wir benötigen auch die Strommarktliberalisierung für günstigere Strompreise und – aufgrund des Bevölkerungswachstums – auch den weiteren Strassenausbau. Wir haben unsere Technologie, die Art und Weise, wie wir unsere Autos bauen, komplett verändert, wir haben unseren Teil gemacht. Jetzt ist es an der Politik, ihren Teil für die Energiewende zu tun. 

Zur Person

Claudia Meyer begann ihre Karriere 1998 
bei Emil Frey für Jaguar Schweiz. Danach wechselte sie zu Daimler Chrysler Schweiz und anschliessend zu Fiat Automobiles Suisse. Im Jahr 2014 kam sie als Marketingdirektorin zu Nissan Switzerland, bevor sie 2017 zum Country Director ernannt wurde. Seit Juli 2021 ist sie der neue Managing Director von Renault Schweiz.

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