- Gebaut von 1970 bis 1986
- Rund 2,5 Millionen Exemplare produziert
- «Auto des Jahres» im Jahr 1971
Angebot der Woche: Citroën GS
Peter Ruch | 19.03.2024
Der GS von Citroën war Anfang der 70er Jahre moderner als alles andere. Und er macht heute noch viel Fahrfreude.
Schon Mitte der 50er Jahre war den Citroën bewusst gewesen, dass es zwischen 2CV und DS dringend noch ein Modell brauchte. Es kam dann zwar der wunderbare Ami6, doch der war zu nahe am 2CV, da war und blieb Raum. Mitte der 60er Jahre hatte man dann ein Fahrzeug, das Projet F, quasi fertig entwickelt, doch es wurde auch wieder verworfen, man begann vor vorne – und das in schwierigen Zeiten, das Geld war bei Citroën chronisch Mangelware, zudem hatte man sich mit Wankel-Motoren und der Übernahme von Panhard und dann auch noch Maserati zu sehr verzettelt. Dass der Wagen dann am 24. August 1970 tatsächlich vorgestellt werden konnte und von Anfang an eine sehr gute Figur machte, darf man als ein kleines Wunder bezeichnen. Apropos Figur: Das Design stammte von Robert Opron (wie auch schon jenes des SM).
Wie auch immer: ein hübscher Wagen, auch heute noch. Der GS war moderner als alles, was es damals zu kaufen gab, denn damals dachten die meisten Designer noch in eckigen Boxen, die sie aneinanderfügten; der Citroën war aus einem Guss, elegant, aerodynamisch fortschrittlich als Fliessheck-Limousine mit steil abfallendem Heck. Das Raumangebot war bei immerhin 4,12 Metern Länge, 1,61 Meter Breite und nur gerade 1,35 Metern Höhe überragend, fünf Personen fanden bequem Platz, der Kofferraum war mit 465 Litern Fassungsvermögen mehr als üppig bemessen. Wohl aus Respekt vor dem Renault 16 verzichtete Citroën zu Beginn auf eine Heckklappe und abklappbare Rücksitze (die es dann bei späteren Modellen noch dazu gab), doch der Zugang war dank sehr tiefer Ladekante kein Problem. Auch der Arbeitsplatz war so ganz anderes als bei den langweiligen Konkurrenten, Einspeichen-Lenkrad, Tacho in Form einer Lupe (auch als «Glasauge» bezeichnet), ins Armaturenbrett integrierte Handbremse, um nur einige Beispiele zu nennen. Doch der grösste Unterschied waren wohl die beiden Bedien-Satelliten neben dem Lenkrad, so etwas wie die Erfindung der Ergonomie im Automobil. Die Idee war, dass der Pilot seine Hände nicht vom Lenkrad nehmen musste, die notwendigen Schalter für Licht, Scheibenwischer, Blinker etc. waren schön in Gruppen drappiert, man nannte das PRN für «pluie, route, nuit» (Regen, Strasse, Nacht) – und war damit der Zeit wohl etwas zu weit voraus. Das Gestühl war so, wie es von Citroën auch heute wieder propagiert wird: breit, weich, bequem. Der Seitenhalt war gut, weil man tief in diese Sitze einsank.
Klar, Frontantrieb. Einzelradaufhängung rundum, vorne an Dreiecksquerlenkern und hinten an Längsschwingen aufgehängt, dazu auch noch eine Niveau-Regulierung. Was sich von selber versteht, denn da war ja auch noch die Hydropneumatik – was ein Alleinstellungsmerkmal war in diesem Segment, Komfort aus der Oberklasse in der unteren Mittelklasse. Vier Scheibenbremsen, damals noch keine Selbstverständlichkeit. Zahnstangen-Lenkung, erstaunlicherweise ohne Servo, aber dafür erfreulich direkt und präzis. Natürlich konnte auch der GS zur Not auf drei Rädern fahren, doch wirklich überzeugend war das Fahrverhalten, zwar sehr komfortabel, aber durchaus auch sportlich – in Sachen Fahrwerk war der Citroën auch deutlich grösseren und viel teureren Fahrzeugen überlegen. Und nein, er neigt sich in Kurven nicht heftig zur Seite, das machen nur der 2CV und die von ihm abgeleiteten Derivate.
Der Antrieb des GS entstand auf einem weissen Blatt Papier. Es war von Anfang an klar gewesen, dass auch eine Variante mit Wankel-Motor gebaut werden würde, dass also ein kleines Motörchen vor der Vorderachse und dahinter angeflanschtem Getriebe eingebaut werden musste. Also wurde ein luftgekühlter Vierzylinder-Boxer mit zuerst 1015 cm3 Hubraum entwickelt, eine sehr moderne Maschine mit hemisphärischen Brennräumen und zwei obenliegenden Nockenwellen, komplett aus Leichtmetall. Die Leistungsausbeute war mit 55 PS nicht gerade wild (und das maximale Drehmoment von 72 Nm bei 3500/min auch nicht), doch es brauchte nicht mehr, der Wagen war knapp über 900 Kilo schwer und schaffte dank seiner hervorragenden Aerodynamik trotzdem eine Höchstgeschwindigkeit von über 150 km/h. Weil er nicht nach hohen Drehzahlen verlangte, versah er seine Arbeit auch ausgesprochen ruhig. Und war langlebig, Probleme mit dem Antrieb hatten die GS eigentlich nie. Auch dann nicht, als der Hubraum in verschiedenen Schritten auf 1129 und 1220 und schliesslich 1299 cm3 erhöht wurde und die Leistung auf bis zu 65 PS stieg. Geschaltet wurde zumeist manuell über vier Gänge, es gab aber auch einen 3-Gang-Automaten, C-Matic genannt, der den GS aber nicht wirklich sportlicher machte.
1971 kam der Kombi dazu, genannt Break und gesegnet mit über 700 Litern Kofferraumvolumen. Das grosse Facelift fand dann 1979 statt, aus dem GS wurde der GSA (A für «athlète», was vielleicht etwas geschmäcklerisch war), es gab eine Heckklappe, andere Rückleuchten, mehr Plastik und ein erneuertes Armaturenbrett. Und es gab reichlich unterschiedliche Modelle, Basis war der Spécial, etwas besser ausgestattet war der Club (u.a.: Fünfgang-Getriebe), es gab den Pallas mit den ganz feisten Sitzen, den X1 als abgespeckte Sportversion (ohne «Glasauge», aber nicht mit mehr Leistung) und den X3 als wieder aufgespeckte abgespeckte Sport-Variante (unter anderem zu erkennen an der Kartenleselampe). Gebaut wurden die GS zumeist in Rennes und das bis 1986 (zumindest als Break, bei der Limousine war schon 1985 Schluss), es entstanden fast 2,5 Millionen Exemplare. Die Citroën leider auch nicht vor dem Konkurs retteten – und von denen man leider nur noch erstaunlich wenige auf der Strasse sieht, auch in Frankreich nicht; Rost war eines der Probleme, mangelnde Liebe ein zweites, wahrscheinlich grösseres. Und ja, Reparaturen waren kompliziert und folglich teuer (was wiederum eine Erklärung für die mangelnde Liebe sein könnte).
Das Exemplar, das wir hier zeigen, wird am 23. März 2024 von der Oldtimer Galerie Toffen versteigert. Angeboten wird es ohne Mindestpreis und mit folgendem Text: «Ausgeliefert durch die Citroën Vertretung Auto Center AG in Aarwangen, hatte dieser Citroën bis heute nur einen eingetragenen Halter. Die Übergabe des GS in der gehobenen Club-Ausstattung mit 60 PS leistendem und 1'222 cm3 grossem 4-Zylinder Boxermotor erfolgte am 15. Mai 1976 und die Erstzulassung am 19. des Monats. Dem Zeitgeist folgend, liess der Erstbesitzer 1982 ein modisches «Licht-Luft-Sonnendach» der Firma Happich einbauen – damals eine nicht unerhebliche Investition. Serviceheft und Abgaswartungsdokument zeigen, dass die kleine Limousine wohl nur als Sonntagsfahrzeug genutzt wurde, so dass bis zur Abmeldung des Fahrzeuges im Juli 1994 nur gerade 30'500 Kilometer zurückgelegt worden waren. Nach der Abmeldung wurde der Citroën in der Sammlung der Garage, welche den Wagen neu verkauft hatte, geparkt. Dort wurde der GS im Oktober 2021 vom Einlieferer erworben und in dessen kleine Sammlung integriert. In der Folge liess dieser die Karosserie im originalen Farbton neu lackieren, die Federung überholen und die Reifen ersetzen. Mit nun 31'200 Kilometern auf der Uhr und nachvollziehbarer Geschichte präsentiert sich der Wagen in gutem bis sehr gutem und sehr originalem Zustand. Die letzte MFK erfolgte im Mai 1992».
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