Angebot der Woche: Ferrari 365 GT4 2+2

Peter Ruch | 19.12.2023

Gerne durchstöbern wir das Angebot der bekannten Auktionshäuser. Wenn uns etwas besonders gut gefällt, präsentieren wir es hier als Angebot der Woche. Heute ist es ein Ferrari 365 GT4 2+2, gefunden bei der Oldtimer Galerie Toffen.

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  • Gebaut von 1972 bis 1976
  • Es enstanden 470 Exemplare - oder 524
  • Lange stiefmütterlich behandelt

Ende der 60er Jahre hatte Ferrari drei Zwölfzylinder-Modelle im Angebot, den 365 GTB/4, besser bekannt als «Daytona», den 365 GTC/4, der den Übernamen «der Bucklige» trug, und auch noch den 365 GT 2+2, der gerne als «Queen Mary» bezeichnet wurde. Dies deshalb, weil dieses Modell - mit einer Länge von fast 5 Metern einer der grössten Ferrari aller Zeiten - auch nicht wirklich sportlich zu fahren war. Eigentlich war auch der GTC/4 mehr als «Gran Turismo» denn als Sportwagen gedacht, doch sein Platzangebot war halt nicht wirklich überragend. Doch Enzo Ferrari wollte nun ein «seriöseres» Modell, er sah, dass Aston Martin und Lamborghini mit limousinen-ähnlichen Fahrzeugen Verkaufserfolge erzielten, und er rechnete sich aus, dass sich ein solcher Ferrari gerade in den USA bestens verkaufen lassen könnte.

Der Design-Auftrag ging an Pininfarina und dort an Paolo Martin. Sergio Pininfarina war sehr zufrieden mit den Entwürfen (von Enzo Ferrari weiss man es nicht so genau, er hielt Design genau so wie Aerodynamik für völlig überschätzt), bezeichnete sie als «unaufdringlich eindringlich». Doch als der neue Ferrari 365 GT4 2+2 dann im Herbst 1972 auf dem Pariser Salon erstmals gezeigt wurde, hielt sich die Begeisterung des Publikums in doch eher engen Grenzen. Als «zu sehr Ford Granada» wurde er beschrieben, als zu wenig spektakulär. Dabei gab es schon feine Details, etwa die «Pininfarina-Sicke», die rund um den Wagen lief und ihn optisch tieferlegte (und später bei vielen Pininfarina-Entwürfen verwendet wurde). Auch der Innenraum war sehr komfortabel ausgelegt – und bot erstaunlich viel Platz sowie einen tauglichen Kofferraum. Trotzdem wurden vom 365 GT4 2+2 in vier Jahren nur gerade 470 Stück (oder auch 524, je nach Quelle) verkauft – was aber auch daran gelegen haben könnte, dass der Ferrari deutlich teurer war als vergleichbare Aston und Lambos.

An den Fahrleistungen kann es nicht gelegen haben. Zwar wog der Ferrari beachtliche 1,8 Tonnen, was Anfang der 70er Jahre noch eher aussergewöhnlich war, doch er bezog seine Kraft aus dem gleichen 4,4-Liter-V12, der auch im «Gobbone» seinen Dienst tat, also 325 PS abrufen konnte; geschaltet wurde über ein manuelles 5-Gang-Getriebe. Leder, elektrische Fensterheber, Klimaanlage und 250 km/h Höchstgeschwindigkeit waren serienmässig. Interessant dabei: 1974 kostete ein Daytona in der Schweiz 80'500 Franken, die «Limousine» kam auf 98'500 Franken - und die neue Berlinetta Boxer dann auf satte 117'500 Franken.

Das hier gezeigte Fahrzeug wird 29.12.2023 bei der Oldtimer Galerie Toffen in Gstaad zur Versteigerung gebracht. Angeboten wird der Ferrari mit folgendem Text: «Dieser seltene Ferrari 365 GT4 wurde 1976 als eines der letzten Fahrzeuge der Baureihe nach Katar ausgeliefert. 1978 wurde das elegante Coupé vom Vater des Einlieferers von der katarischen Königsfamilie Al Thani erworben, in die Schweiz eingeführt, und am 28. Juli des Jahres erstmals hier zugelassen. Bereits 1982, mit rund 16‘000 gefahrenen Kilometern, wurde der Ferrari in die Garage gestellt und fortan nicht mehr bewegt. Im Mai 2020 wurde der Wagen schliesslich vom Einlieferer übernommen und zwecks Wiederinbetriebnahme sowie Behebung der Standschäden zu einem deutschen Spezialisten für klassische Fahrzeuge gebracht. Es erfolgte eine Teilrevision des Motors inklusive neuer Lager, neuer Kolbenringe, neuen Dichtungen und neuer Steuerkette. Das 5-Gang Getriebe wurde gereinigt, kontrolliert und neu lackiert. Die sechs Weber Doppelvergaser wurden, ebenso wie die gesamte Bremsanlage und die Stossdämpfer, revidiert. Die Karosserie erhielt eine neue Lackierung in der Originalfarbe «Bianco Avus» sowie neue Gummidichtungen an Türen und Fenstern. Die Innenausstattung wurde gereinigt und aufgefrischt und eine Edelstahl- Auspuffanlage sowie vier neue Reifen wurden montiert. Diese Arbeiten beanspruchten über ein Jahr und knapp EUR 100‘000.-, bevor der 365er im November 2021 vom Einlieferer wieder übernommen wurde. Obwohl sich dessen Lebensmittelpunkt zwischenzeitlich in Asien befindet, hat er sich mit diesem Projekt seinen Jugendtraum - „den Wagen mal zu fahren, wenn ich gross bin“ – erfüllt. Somit steht hier die Möglichkeit einen seltenen Ferrari aus langjährigem Familienbesitz, mit erst rund 17‘000 gefahrenen Kilometern und in sehr gutem Zustand, zu erwerben. Das wunderschöne Coupé 2+2 wird mit der letzten MFK als Veteranenfahrzeug im Dezember 2023 an einen neuen Liebhaber übergeben». Der Schätzpreis liegt bei 135'000 bis 145'000 Franken.

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«Bianco Avus» ist eine sehr seltene Farbe an einem Ferrari - Oldtimer Galerie Toffen

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