- Gebaut von 1982 bis 1988
- Wahrscheinlich 420 Exemplare hergestellt
- Gehört zu den unterschätzten Lamborghini
Angebot der Woche: Lamborghini Jalpa
Peter Ruch | 23.01.2024
Sie flogen immer unter dem Radar, die Lamborghini Jalpa. Dieses schöne Exemplar hat eine durchgehende Schweizer Geschichte.
Jacques Mimran hatte drei Söhne, Claude, Robert und Patrick. Er verstarb 1975 und hinterliess seinen Nachfahren ein nicht unbeträchtliches Vermögen, das er mit Zucker gemacht hatte. Jean Claude übernahm die Leitung der Mimran Group, machte sie grösser, zum Beispiel zum zweitgrössten Arbeitgeber in Senegal, und er wurde der »Zucker-König von Afrika» genannt. Gemäss dem Wirtschaftsmagazin «Bilanz» verfügt die in der Schweiz lebende Familie heute über ein Vermögen von zwei Milliarden Franken; Jean Claude gehört auch das «Alpina» in Gstaad, eines der teuersten Luxus-Hotels der Welt. Dann ist da noch Patrick Mimran, der war gerade einmal 24 Jahre alt, als er mit Hilfe seines Bruders Jean Claude für drei Millionen Dollar die Überreste von Lamborghini aufkaufte. Der junge Mann, der später ein berühmter Komponist und noch berühmterer Künstler werden sollte, sah ziemlich schnell, dass in Sant’Agata so ziemlich alles im Argen lag. Und er holte alles aus den Schubladen, was er finden konnte, zum Beispiel einen Motorrad-Entwurf von «Boxer Design» mit einem Kawasaki-Motor: Mimran schrieb Lamborghini Design 90 drauf und heftete dem Ding ein heftiges Preisschild von 13’000 Dollar an, 25 Stück wurden verkauft. Auch der LM002 war ja eigentlich ein Rohrkrepierer gewesen, doch die beiden Mimran-Brüder brachten das Ding auf die Strasse und ein paar Lire in die Kasse.
Dann war da eben noch der Jalpa. Dessen Name in bester Lamborghini-Tradition von einer Kampfstier-Rasse stammt, dem Jalpa Kandachia. Er war die letzte Evolutionsstufe des Urraco– und Silhouette-Projekts, von denen er die Architektur erhielt. Er war jedoch mit einem grösseren Motor ausgestattet, der finalen Evolutionsstufe des 90-Grad-V8-Motors, der komplett aus Aluminium bestand und über vier kettengetriebene obenliegende Nockenwellen verfügte. Dank einer vergrösserten Bohrung kam der Achtzylinder auf 3,5 Liter Hubraum (3485 ccm), wurde von vier Weber-42-DCNF-Doppelvergasern versorgt und schaffte mit einem Verdichtungsverhältnis von 9,2:1 eine maximale Leistung von 255 PS bei 7000/min sowie ein maximales Drehmoment von 314 Nm bei 3500/min. Damit erreichte der Jalpa eine Höchstgeschwindigkeit von 248 km/h. Doch amit kam er nicht einmal an die Fahrleistungen des Urraco und des Silhouette heran. Dafür war er deutlich zuverlässiger. Und er war unbedingt notwendig unterhalb des Countach.
Das Design mit Targa-Verdeck wurde von dem Franzosen Marc Deschamps entworfen, seit 1980 Stil-Direktor von Carrozzeria Bertone. Doch noch mehr Einfluss hatte Giulio Alfieri, damals Geschäftsführer und Technischer Direktor von Lamborghini, doch viel berühmter für seine Karriere bei Maserati. Viel Geld stand ihm nicht zur Verfügung, wie etwa die Geschichte rund um den Prototypen des Jalpa zeigt: Er basierte auf einem Silhouette, der nicht verkauft werden konnte. Also wurde er zurück ins Werk geschickt und musste als Basis für das neue Modell herhalten.
Der 1982 in Produktion gegangene Jalpa verfügte über eine halbtragende Stahlkarosserie, schwarze Stossfänger und Motorlufteinlässe sowie horizontale Rückleuchten – man kennt fast alles vom Silhouette. Die 16-Zoll-Alufelgen wurden direkt vom ebenfalls von Deschamps entworfenen, aberunverkäuflichen Prototypen Athon übernommen und mit den P7 von Pirelli ausgestattet. Die Innenausstattung des Jalpa war auch luxuriöser, mit reichlicher Verwendung von Leder und Teppichen. Das Targa-Verdeck war für ein leichtes Abnehmen und Aufsetzen konzipiert und konnte in einem dafür vorgesehenen Raum hinter den Rücksitzen verstaut werden; kannte man alles schon vom Silhouette. Doch in den Testberichten, die damals in Fachmagazinen erschienen, beschrieben die Experten fast schon euphorisch das ausgezeichnete Fahrverhalten des Jalpa; beim seinem Vorgänger hatten sie das noch nicht bemerkt.
Auf dem Genfer Autosalon 1984 wurde die zweite Serie des Jalpa präsentiert. Sie zeichnete sich durch einige ästhetische Veränderungen wie Stossfängern und Lufteinlässen in Wagenfarbe, abgerundete Rückleuchten und eine überarbeitete Innenausstattung aus. Das kommerzielle Leben des Jalpa endete trotzdem 1988 nach der Produktion von 420 Fahrzeugen. Da hatten die Gebrüder Mimran Lamborghini aber längst an Chrysler verkauft – für 30 Millionen Dollar.
Ein sehr gepflegtes Exemplar - und doch noch einigermassen günstig - Artcurial
Das Fahrzeug, das wir hier zeigen, Chassis-Nummer #12147, wurde am 20. August 1984 über den damals grössten Schweizer Lamborghini-Händler, Max Bobnar in Hägendorf, an einen Alfredo Pioggia, einen Möbelhändler, ausgeliefert. 30 Jahre später wurde der Jalpa an den nächsten Schweizer verkauft, weiterhin in feinem Originalzustand. Anfang Februar wird dieses Fahrzeug von Artcurial in Paris versteigert, der Schätzpreis liegt bei 80'000 bis 120'000 Euro - eigentlich ein Schnäppchen, wenn man sich des Zustands und der geschichtlichen Bedeutung dieses Lamborghini bewusst ist.
Heute werden die Jalpa mehr geschätzt als damals, als sie neu waren - Artcurial
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