Betriebs-Übergabe 46 Jahre lang war die Firma von Fredy und Elisabeth Kumschick die erste Adresse für Caterham- und Lotus-Fahrer. Seit 1. Januar ist ihr Betrieb in neuen Händen.
Sports Cars Der Namenszusatz ist bei Kumschick Programm, Alltagsautos sind kein Thema. Per 1. Januar 2024 verkauften Fredy und Elisabeth Kumschick ihren Betrieb an Frank Ammann und Martin Grob (v. l.).
Zum 40-jährigen Unternehmensgeburtstag meinte Fredy Kumschick, der Schritt in die Selbstständigkeit sei relativ einfach gewesen, als er am 14. Juni 1978, seinem 23. Geburtstag, seine Firma in der Doppelgarage seiner Mutter in Nebikon LU im Handelsregister habe eintragen lassen. Der junge Mechaniker aus dem Luzerner Hinterland und seine damalige Freundin Elisabeth hatten ein erstes Ziel erreicht: «Ich wusste schon in der Lehrzeit, dass Ölwechsel nicht das Ziel meines Tuns sein würde, das war mir auf Dauer zu langweilig.»
Mit 17 Jahren, noch als Lehrling in einer Ford-Garage, kaufte sich Kumschick einen Ford Lotus Cortina mit Motorschaden, den er eigenhändig reparierte und noch heute besitzt. Dem Cortina folgte ein Lotus Elan, und an einem Treffen am Hallwilersee begegnete er zum ersten Mal einem Lotus Seven. Sein unkomplizierter Zugang selbst zu komplexen, mechanischen Problemen weckte die Bewunderung mancher Lotus-Fahrer. «Ich habe immer mit Menschenverstand gearbeitet, zuerst geschaut und überlegt und mich schlau gemacht, wie andere dieselben Probleme lösten», erklärt er.
Doppelgarage Elisabeth und Fredy Kumschick starteten ihren Betrieb 1978 in Nebikon. Mit dem ersten und am längsten bei ihnen arbeitenden Mechaniker, Michele di Giovanna (r., starb 2019 viel zu früh), bereiten sie einen Caterham zur Prüfung vor.
Nach dem gleichen Rezept stürzten sich Fredy und Elisabeth Kumschick ins Abenteuer des Imports des englischen Kleinseriensportwagens Caterham 7. Die Wagen wurden mithilfe von Freunden auf der Strasse überführt und das Strassenverkehrsamt mit originellen Lösungen davon überzeugt, dass die angeblichen Spinnerautos trotz zahlloser Hürden und Schikanen sehr wohl homologierbar waren. Nach vielen Einzelabnahmen folgte letztlich die Typenprüfung des Autos. Als der Katalysator Vorschrift wurde, überzeugte Kumschick die skeptischen Engländer davon, den Einspritzmotor des Ford Escort XR3i samt Katalysator in den Caterham Super 7 einzubauen. Die Schweiz blieb der einzige Markt für diese Variante. Weil aber die Leistung nicht befriedigte, folgten mit einer Turboversion die ersten aufgeladenen Caterham. Von einer weiteren Kumschick-Eigenkonstruktion, dem ebenfalls turbogeladenen Caterham Competition R auf Basis eines Zweiliter-Vierventilers von Opel/Vauxhall, wurde sogar in England mit Ehrfurcht gesprochen. 25 Stück des 303-PS-Strassenboliden, der in gut drei Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigte, wurden in Schötz LU gebaut, wohin die Kumschicks mit ihrer Firma 1982 gezogen waren. Unzählige Banken musste das Ehepaar anfragen, bis eine an die beiden Unerschrockenen glaubte und den Kredit zum Kauf von Land an der Luzernerstrasse sprach.
Blickfang 1982 zog Kumschick nach Schötz um. Der schwarz-goldene F1-Lotus war ein idealer Blickfang vor dem strategisch perfekt platzierten Neubau am Dorfeingang.
Firma als Familie
Für Elisabeth Kumschick ist die Lotus- und Caterham-Gemeinschaft wie eine Familie. Dazu gehören auch all jene Menschen, die mit an die Rennplätze reisten, als Kumschick der Mann war, den es in der Historischen Formel 2 und danach in der Thoroughbred Grand Prix Championship (TGP), der heutigen Historischen Formel 1, zu schlagen galt. Der erste Sieger eines Formel-1-Rennens in Bahrain war ein Schweizer: Fredy Kumschick gewann den TGP-Lauf zur Eröffnung der Rennstrecke vor dem eigentlichen Grand Prix. Unzählige Motorsportabenteuer sind mit dem Namen Kumschick verbunden, und manches Mal stand über einem Rennbericht in britischen Oldtimer-Zeitschriften: «Fast Fredy wins again!» Während Jahren zierten die Trophäen und Kränze den Showroom in Schötz – Beweis dafür, dass Kumschick dem sportlichen Geist von Lotus-Gründer Colin Chapman nicht nur mit Herzblut folgte, sondern auch mit Erfolg. Dennoch verlor der Realist Fredy Kumschick nie die Bodenhaftung. Statt sich mit finanziell anspruchsvollen Exploits im Sport zu ruinieren, verstand er es geschickt, ein gutes Geschäft aus seiner Erfahrung zu machen und andere mit den von ihm präparierten Autos Rennen fahren zu lassen.
Ventilsatz eines Formel-1-Motors. An Kumschick war während Jahren in der Historischen Formel 2 wie in der TGP, heute der Historischen Formel 1, kein Vorbeikommen.
Heute ist Kumschick Sports Cars ein moderner Betrieb mit acht Mitarbeitenden und die älteste und eine der grössten Adressen für Lotus und Caterham in der Schweiz. Fredy und Elisabeth Kumschick betonen immer wieder, wie wichtig ihnen die Verantwortung war und ist, die sie in all diesen Jahren für ihre Mitarbeiter übernommen haben. Fredy Kumschick war es wichtig, eine solide und zuverlässige Basis zu haben. «Eine richtige Firma», wie er sagt. Schwingen da die Erfahrungen mit, die er in der Zusammenarbeit besonders mit Lotus machen musste? In Schötz wurde über lange Jahre so seriös gearbeitet, wie man es sich von Hethel (GB), dem Sitz von Lotus Cars, nicht einmal hätte träumen lassen. «Lotus war von 1983 bis 1990 auf dem Schweizer Markt komplett abwesend», bemerkt Fredy Kumschick dazu. Die Wende brachten erst die Elise und ihre Derivate in der Mitte der 1990er-Jahre. Seither wurden im Luzerner Hinterland annähernd 1000 Lotus an begeisterte Kundinnen und Kunden ausgeliefert. Und bis Ende 2023 wuchs die Zahl importierter Caterham auf 616. Das Beispiel Kumschick zeigt, dass auch Nischenanbieter zu den Grossen zählen können.
Wer übernimmt?
Bereits 2018 machten sich Fredy und Elisabeth Kumschick zum 40-jährigen Bestehen der Firma Gedanken zum Aufhören. Da kein Nachwuchs da ist, galt es die Fühler auszustrecken und Optionen abzuwägen. Vor rund zehn Jahren stiess Frank Ammann zu Kumschick. Der Verkäufer mit umfassender Erfahrung im Volumenmarkt mit Skoda, Audi und Volkswagen wurde 2017 Geschäftsführer und entlastete das Ehepaar Kumschick schrittweise, während er weiter Erfahrungen sammelte. Dazu zählen auch die Begegnungen mit den Kunden, von denen sich viele wie Freunde behandelt fühlen. In einem so familiären Betrieb und mit einer so dezidiert andersartigen Kundschaft, die ihre Autos aufgrund purer Emotionen und so gut wie nie aus praktischen Gründen kauft, ist es besonders wichtig, den persönlichen Kontakt zu pflegen, denselben Lifestyle zu leben und die Community zu kennen.
Die Strategie Kumschicks ging wieder einmal auf – erst nachdenken, dann entschieden handeln. Auf Anfang Jahr übernahm Frank Ammann den Betrieb samt Immobilie zusammen mit Martin Grob. Auch er kennt den Betrieb schon lange. An eine Ausbildung zum Maschinenmechaniker in einem Revisionsbetrieb für Motoren schloss er bei Kumschick eine weitere zum Automechaniker an. Nach einer Karriere in verschiedenen Betrieben bis hin zum Werkstattleiter verliess Grob das Autogewerbe und wechselte in die Unternehmensführung – eine Idealbesetzung für Kumschick Sports Cars.
Fredy Kumschick ist glücklich, dank der erfolgreichen Geschäftsübergabe hat er endlich wieder Zeit für anderes. Elisabeth Kumschick hingegen tut sich etwas schwerer, loszulassen vom Betrieb. Während ihr Mann sich vor allem um die technischen Sorgen der Kunden kümmerte, hatte sie ein Ohr für alles, was an Menschlichem an sie herangetragen wurde.
Spezialbetrieb Die Kernkompetenz – Lotus und Caterham – wird beibehalten, neu sollen aber auch wieder Motoren revidiert und modifiziert werden. Und Mitinhaber Martin Grob will auch den Klassikern grössere Aufmerksamkeit schenken.
Wechsel mitten im Umbruch
Nicht nur das Alter des Ehepaars Kumschick lässt den Zeitpunkt der Übergabe als richtig erscheinen, es gibt auch andere Zäsuren. Lotus stellt sich zurzeit neu auf, dem klassischen Sportwagen droht mit dem Ende des Verbrennungsmotors das Aus. Doch Martin Grob weiss, wohin die Zukunft in Schötz führt: «Mit Elektroautos können wir uns nicht anfreunden. Und Lotus scheint wenig Lust zu verspüren, die paar wenigen, alten Händler und Garagen im Nischenbereich zu unterstützen.» Dem für das Kaufmännische verantwortlichen Frank Ammann bereitet ausserdem das von Lotus bevorzugte Agenturmodell Sorgen: «Da sind die Margen ganz anders, Spielraum für eine eigene Preisgestaltung gibt es kaum mehr.» Über die Park Garage in Thalwil ZH, Volvo-Händler und neu auch Lotus-Zentrum, sicherte sich Kumschick den Zugang zu den E-Modellen von Lotus. «Für die klassischen Lotus-Sportwagen aber bleiben wir das Kompetenzzentrum und natürlich importieren wir weiterhin den Caterham in die Schweiz», streicht Ammann heraus. Zudem will Martin Grob wieder vermehrt Motoren revidieren und sich auch Klassikern anderer Marken widmen.