Die Marke Bedford gehörte, wider Erwarten, nicht zum Konzern mit der blauen Pflaume im Logo, sondern ausgerechnet zum grössten Konkurrenten von Ford, General Motors. In der Schweiz kannten die Nutzfahrzeuge aus dem Vereinigten Königreich eine gewisse Verbreitung durch General Motors Suisse. Heute auf dem Kontinent komplett in Vergessenheit geraten, war Bedford einst eine der grossen Marken für leichte, mittlere und schwere Nutzfahrzeuge. Gegründet wurde sie mit ihrem generischen Namen (der Fabrikstandort Luton gehörte bis 1997 zur Grafschaft Bedfordshire, bevor daraus ein eigener Stadtkreis wurde) im Jahre 1931 als Nutzfahrzeugdivision von Vauxhall. Dieser 1905 gegründete Hersteller gehörte seit 1925 zu General Motors. In Luton werden übrigens bis heute Nutzfahrzeuge gebaut, Vauxhall-Besitzerin Stellantis plant, hier ab 2025 die mittleren Elektrovans von Peugeot, Citroën, Vauxhall/Opel und Fiat zu produzieren. Doch 1952, als in Luton der Bedford CA in Produktion genommen wurde, lag die Übernahme durch PSA noch in weiter Ferne. Im Zweiten Weltkrieg hatte Bedford gutes Geld mit leichten und mittleren Lastwagen und nicht weniger als 5000 Churchill-Panzern verdient. Danach galt es die britische Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.
Bedford CA Dormobile – Bed and Breakfast
Martin Sigrist | 24.05.2024
Er ist so gross wie ein VW-Bus, hat denselben Hubraum wie dieser, aber mehr Leistung und einen genauso vielseitigen Innenraum. Trotzdem blieb der Bedford CA ein Exot.
Haus dabei Auf der Fläche eines Personenwagens bietet das Dormobile viel Innenraum. Tisch und Stühle stammen aus der Dachbox, das Bier aus der Kühlbox.
Bedford CA Dormobile
Der Bedford CA war einer der modernsten Vans überhaupt auf dem Markt. Zunächst wurde er mit dem 1.5-Liter-Motor aus dem ebenso neuen Vauxhall Wyvern EIX ausgerüstet, der im CA 52 PS leistete, eine ganze Menge im Vergleich zu den 25 PS eines VW-Transporters oder den 35 PS eines Citroën H-Bus. Ein weiterer Pluspunkt waren die vordere Einzelradaufhängung – hinten gab es eine konventionelle Starrachse an Blattfedern – oder die Schiebetüren für Fahrer und Beifahrer. In Grossbritannien war ein Van damals sogar billiger als ein vergleichbarer Personenwagen, da für Nutzfahrzeuge die hohe Kaufsteuer entfiel. Dies veranlasste manchen Kleingewerbler und Familienvater, sich statt eines Autos einen Van zu kaufen und diesen umbauen zu lassen. Ausgerüstet mit Klappsitzen und Zusatzfenstern bot er Transportkapazität unter der Woche und einen gewissen Komfort für die Familie am Wochenende.
Freizeit statt Steuerersparnis
Eine dieser Firmen, die Nutzfahrzeuge in Vielzweckmobile für Arbeit und Familie umbaute, war Martin-Walter in Folkestone (GB). Die 1773 als Herstellerin für Zaumzeug gegründete Firma hatte sich wie so mancher Kutschenbauer zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf den Karosseriebau für Motorfahrzeuge umorientiert. Nach dem zunehmenden Verschwinden des traditionellen Fahrzeugbaus mit separatem Chassis nach 1945 konzentrierte sich Martin-Walter zusehends auf die Bedürfnisse der Nutzfahrzeugkunden. Das Geschäft florierte, allerdings störte sich die Steuerbehörde am Schlupfloch der umgebauten Vans. Martin-Walter aber hatte nebst Klappsitzen bald auch Einbaumöbel, kleine Kochgelegenheiten und als besonderen Clou ein Aufstelldach im Programm, was den Freizeitnutzen der Umbauten zusätzlich erhöhte. Freilich drohte Ungemach in Form einer rund ein Drittel des Kaufpreises betragenden Kaufsteuer auch für Kombis und Personentransporter auf Vanbasis. Verhandlungen der Umbauer mit den Behörden führten zu einem Kompromiss: Waren Einrichtungen wie Bett und Küche an Bord, galten die Fahrzeuge als Freizeitvehikel und blieben steuerbefreit. Das führte so weit, dass beispielsweise ein Bedford CA als Dormobile-Camper nicht mehr kostete als ein vergleichbarer Vauxhall Victor. Dank seiner cleverer Klappsitze aber blieb das Dormobile ein vollwertiger Viersitzer – das Geschäft mit der erwachenden Freizeitgesellschaft zu Beginn der 1960er-Jahre begann zu brummen, und der CA, dank seiner Konzeption als Kurzschnauzer der gefälligste unter den britischen Vans, wurde zum meistgenutzten Campingbus auf der Insel und der Begriff Dormobile oft mit einem CA gleichgesetzt, obwohl es selbst den VW Transporter als Dormobile-Umbau gab.
Schweizer Rarität
In den 1960er-Jahren entschied sich auch ein Interessent in der Nähe von Winterthur ZH für den Kauf eines Bedford CA Dormobile. 1966 lieferte GM Suisse in Biel BE nach der Umrüstung für den Schweizer Markt ein solches Fahrzeug einem lokalen Opel/Vauxhall-Händler aus – als ultraseltenen Linkslenker. Bis zum Ende der 1990er-Jahre war der CA im Einsatz, die Kilometer purzelten aber eher langsam. Danach endete das Fahrzeug unter einer Plane versteckt am Rand einer Hauptstrasse. Hier entdeckte der aktuelle Besitzer Jean-Pierre Molliet das Auto vor rund 20 Jahren. Nach einigem Hin und Her erstand er den bereits von Vandalen beschädigten, aber noch immer vollständigen Wagen schliesslich vom Sohn des Erstbesitzers. Rund drei Jahre dauerte die Wiederherstellung, dazu gehörte auch die Beschaffung einer neuen Frontscheibe, was einfacher war als angenommen. Die Versorgung mit Verschleissteilen für den CA scheint generell einigermassen in Ordnung zu sein, was man von Teilen für Vauxhall aus derselben allerdings Zeit nicht behaupten kann.
Seit 2012 ist der Bedford CA Dormobile von 1966 wieder auf der Strasse. Die ganz grossen Roadtrips hat ihm Jean-Pierre Molliet aber erspart. «Er hat nicht einmal eine Autobahnvignette, allzu weit sind wir damit nicht gefahren. Immerhin aber stand er auch schon längere Zeit im Erwin-Hymer-Museum im deutschen Bad Waldsee», berichtet der Besitzer nicht ohne Stolz.
Nun, auffällig ist er ja, dieser Van. Aber kaum jemand kennt ihn, selbst wenn er nicht in einer Verkleidung dastünde. Denn Martin-Walter liess es nicht dabei bewenden, den CA mit Klappsitzen, Holzschränken, Tischchen und kompletter Küche samt Backofen und natürlich dem Klappdach auszurüsten. Der Arbeiter hat auf dem Weg zum Freizeitauto, man glaubt es kaum, extra Anbau-Heckflossen aus Kunststoff erhalten. Damit wirkt der CA etwas gestreckter und weniger altbacken, als er zu Mitte der 1960er-Jahre, nach über 13 Jahren Produktion, eigentlich war. Dabei gilt anzumerken, dass der Inbegriff des «Lieferwagens, der sich fährt wie ein PW», der Ford Transit, der 1965 sowohl für den britischen wie den europäischen Markt erschien, noch über eine vordere Starrachse verfügte. Der CA, vorne ja mit Einzelradaufhängung, erhielt 1964 eine grössere Frontscheibe und verfügte nun über vier statt nur drei Gänge.
Doppeldecker
Jean-Pierre Molliet holt ein Tischchen und Stühle aus der Dachkiste, dazu reicht er ein Bier, nachdem er sein Auto am Ufer der Aare platziert hat. Das Dormobile wirkt äusserst gemütlich, geradezu einladend und steht damit in krassem Gegensatz zu manchen Vans heutiger Machart, die eher nach Weltuntergangsstimmung als nach Reiselust aussehen. Mit hochgeklapptem Dach wird das Innenraumvolumen gefühlt verdoppelt, die in die Dachschale eingelassenen Fenster sorgen für sehr viel Licht. Dank des Klappdachs können alle vier Passagiere im Dormobile auch schlafen, dazu gibt es im Dachausschnitt zwei hängemattenartige Pritschen. Die Front- und Hecksitze formen, raffiniert um-, ab-, zusammen- und zurückgeklappt, eine weitere grosse, einteilige Liegefläche. Was beim Betrachten des CA wirklich erstaunt, ist die gute Zugänglichkeit in das Fahrzeug. Die Schiebetüren geben eine mehr als grosszügige Öffnung frei und erlauben es zudem, bei geöffneten Türen zu fahren. Das erinnert an den VW Fridolin der damaligen PTT. Die Vorstellung, wie warme Luft um die Beine weht, während man die Küste des Mittelmeers entlang fährt, weckt Appetit. Mit einem zweiflammigen Herd samt Backofen liesse sich im kompakten Engländer ein grosses Menü zubereiten, die Gasflasche ist im Wagenboden eingelassen.
Wer Familienferien und die Freude an klassischen Autos kombinieren will, sollte sich am besten einen klassischen Campervan zulegen. Der Bedford CA wäre dabei stets die erfreuliche Ausnahmeerscheinung.
Spass mit Fundstück Jean-Pierre Molliet entdeckte den verwahrlosten Bedford beim Vorbeifahren und bereitete den Camper in Eigenregie auf.
British Lifestyle In Fahrstellung ist der CA ein geräumiger Viersitzer. Die Schweizer Erstzulassung macht das Dormobile einzigartig. Coolness-Faktor in hohen Dosen dank Schiebetüren. Viel Stauraum dank durchgehender Möblierung. Beste Aussicht im Obergeschoss. Jeder Zentimeter wird im CA zum Wohnen genutzt.
Le confort en plus
Le Dormobile est très confortable et accueillant, ce qui contraste avec certains monospaces d’aujourd’hui, qui ressemblent plus à des monstres qu’à des voyageurs. Lorsque le toit est relevé, le volume de l’habitacle est doublé et les fenêtres encastrées dans la coque du toit apportent beaucoup de lumière. Grâce au toit escamotable, les quatre passagers peuvent également dormir dans la Dormobile, qui dispose de deux couchettes supplémentaires en forme de hamac dans la découpe du toit. Les sièges avant et arrière, astucieusement rabattus, pliés et repliés, forment une autre grande surface de couchage d’une seule pièce. Ce qui surprend vraiment en regardant le CA, c’est la facilité d’accès au véhicule: en effet, les portes coulissantes libèrent une ouverture plus que généreuse et permettent en outre de rouler avec les portes ouvertes (voir photo ci-dessus).
On ne peut s’empêcher de se remémorer le VW Fridolin des PTT de l’époque. L’idée d’avoir de l’air chaud autour des jambes en longeant les côtes de la Méditerranée ouvre l’appétit. Avec une cuisinière à deux feux et un four, il serait possible de préparer un grand menu dans le véhicule anglais compact, la bouteille de gaz étant encastrée dans le plancher. Si vous voulez combiner les vacances en famille et le plaisir de conduire un véhicule ancêtre, il vous faut à tout prix acheter un camping-car classique. Car oui, le Bedford CA sera toujours un compagnon fidèle à l’heure de découvrir le monde.
Fotos: Vesa Eskola
PW-Technik Die technische Basis des Bedford CA bildeten während seiner 17-jährigen Produktionszeit die Personenwagen des Mutterhauses Vauxhall. Im Kurzhauber sitzt der 1.6-Liter-Motor mit 54 PS den Passagieren zu Füssen.
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