100 Jahre MG

Martin Sigrist | 21.12.2023

Geschichte mit Auf und Ab Die Morris Garages in Oxford bauten ab 1924 erstmals eigene Autos, die mit einem besonderen Kürzel am Kühler versehen waren: MG.

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Erste Renaissance Am Genfer Autosalon 1996 meldete sich MG zurück, die Sportwagenwelt war wieder in Ordnung. Der MG F blühte während knapp zehn Jahren.

Es waren die kleinen Modelle, die bei MG Geschichte schrieben, vorzugsweise die Sportwagen des Herstellers aus Abingdon-on-Thames (GB). Dabei war das Modellportfolio stets vielschichtig, und manche viertürige Limousine tauchte neben den Sportwagen auf, die darin eine Schlüsselrolle einnahmen. Nicht immer aber war das Schicksal der Marke wohlgesonnen. Die Probleme waren den Zeitumständen geschuldet, aber auch den Strukturen der Unternehmen und Persönlichkeiten, die die Geschicke von MG zu verantworten hatten.

Gute Erfahrungen

Cecil Kimber startete 1921 als Verkaufsleiter bei den Morris Garages, einer Zweigniederlassung des britischen Automobilmagnaten William Morris in Oxford. 1922 wurde er Geschäftsleiter des 1909 eröffneten Betriebs, den er darauf in wenigen Jahren zu einem Autohersteller umformte, der mit Sportwagen für Aufsehen im Vereinigten Königreich und im internationalen Motorsport sorgte. Dank des Erfolgs von William Morris, der sich nach dem Ersten Weltkrieg vom Mitläufer zum Leader im britischen Automarkt entwickelt hatte, standen Kimber Bauteile und ein Engineering zur Verfügung, ohne dass er sich mit den Initialkosten für den Bau eines Autos belasten musste.


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Old Number One Dieses Auto von 1925 war nicht der erste MG, wurde aber zum Sinnbild der Anfänge der Marke.

Fluch und Segen

Kimber präsentierte 1924 den MG 14/28. Dieser lief dank Aluminiumkarosserie und kleiner Motor­optimierungen deutlich schneller als der Morris Oxford, auf dem er aufbaute. Mit jeder technischen Veränderung rückte MG aber etwas weiter von dieser Basis ab. Kimber war in seinen Entscheidungen völlig frei, MG war zwar im Besitz von William Morris, allerdings gehörte ihm MG als sein privates Eigentum, er konnte damit seinem Geschäftsführer die Verantwortung überlassen, ohne das Management von Morris konsultieren zu müssen. So gründete Kimber im Juli 1930 die MG Car Company, nachdem sich der 1929 eingeführte kleine MG M Midget als äusserst populärer und günstiger Sportwagen etabliert hatte. Im selben Jahr machte der Ausbau der Produktion den Umzug an den Ort nötig, der bis heute am engsten mit MG verbunden ist: Abingdon-on-Thames. Hier sollte MG bis 1980 ein Zuhause haben.

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Alte Freundschaft Schon vor dem Krieg passte der MG durch seine Wendigkeit und flinke Art bestens in die Schweiz. Prospekt für L-Type Magna Tourer 
und Roadster von 1933.

Für Cecil Kimber war der Motorsport die Essenz des Erfolgs seiner jungen Automarke. Bald traten MG in allen möglichen Rennen an, dies gipfelte in einem Klassen-Doppelsieg bei den Mille Miglia 1933 mit einem MG K3 Magnette mit Kompressor, dessen knapp 1.1 Liter grosser Reihensechszylinder gegen 120 PS leistete. 1935 trat MG mit einem reinen Damenteam bei den 24 Stunden von Le Mans an. Alle drei Wagen, kleine PA Midgets mit 847 Kubikzentimetern Hubraum, schafften es ins Ziel. Der Entwicklungsgrad bei MG hatte in kurzer Zeit einen markanten Stand erreicht, selbst die kleinen Motoren hatten eine obenliegende Nockenwelle, und MG arbeitete Mitte der 1930er-Jahre an einem Monoposto mit doppelten Querlenkern vorne wie hinten.

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Sport oder sportlich Der MG 2 Litre 1936 (o. l.), als SA bis 1939 gebaut, erhielt durch die Fusion mit Morris eine weit konservativere Technik als geplant. 

Allerdings entschied sich William Morris 1935, seinen Anteil an MG an sein Unternehmen Morris Motor Company zu verkaufen, worauf fortan dessen Management über MG mitbestimmen konnte – was es auch tat. Der Sport wurde eingestellt, die kleinen OHC-Motoren verschwanden zugunsten einfacherer OHV-Konstruktionen aus dem Morris-Baukasten, auch von einer Einzelradaufhängung wollte niemand mehr etwas wissen. Cecil Kimber sah sich ausgebootet und um seinen Erfolg gebracht. Eine Formalität um einen Regierungsauftrag 1941 führte zu seiner Entlassung. 1945 starb Kimber bei einem Zugunglück.

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Früh wieder da Acht Monate nach Kriegsende testete die AR 1946 einen MG TC, den damals billigsten Sportwagen hierzulande.

Teil eines Grosskonzerns

Noch 1945 liefen die Bänder in Abingdon wieder für die zivile Produktion an. Die ersten MG TC, kaum veränderte Vorkriegs-MG, rollten ins devisenbringende Ausland wie die Schweiz und, weit wichtiger, die USA! Manchem GI waren die kleinen Flitzer aus ihrer Zeit auf der Insel in Erinnerung geblieben, und Importeur Kjell Qvale brachte mit MG die erste britische Marke überhaupt in die USA. Mit einem MG startete manche Sportkarriere, der TC gehörte zu den preisgünstigsten Autos seiner Hubraumklasse. Die kleine Limousine MG Y hatte 1947 erstmals eine vordere Einzelradaufhängung. Obwohl stets auch Limousinen im Programm standen, blieb MG bis Ende der 1970er-Jahre aber hauptsächlich ein Sportwagenhersteller.

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Spätzünder Der 1955 vorgestellte MGA schickte die klassischen Roadster von MG mit ihren freistehenden Kotflügeln und Scheinwerfern in Pension.

1955 verabschiedete sich die Marke mit dem MGA von der klassischen Form mit geschwungenen Kotflügeln. Die Fusion von Morris mit Austin zur British Motor Corporation (BMC) 1952 hatte neue, aber nicht sonderlich sportive Motoren mit sich gebracht. Ein eigens entwickelter Twincam-Motor für den MGA war nur von 1958 bis 1960 im Programm. Den Höhepunkt erlebte MG in den 1960er-Jahren mit dem MGB und dem MGB GT, der es schaffte, bis zur Schliessung des Werks in Abingdon 1980 in Produktion zu bleiben.

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Bestseller Erfolgreichster MG war der MG B und dessen Coupé BGT. Der Roadster wurde ab 1962, das praktische Coupé ab 1965 bis 1980 gebaut.

Danach waren MG aufgepeppte Austin-Modelle, erwähnenswert ist höchstens der MG Metro Turbo. Der MG RV8 von 1993 bedeutete die Rückkehr zum Sportwagen, mit dem Einstieg von BMW versprach der 1995 erschienene, moderne MG F mit Mittelmotor der Marke eine grosse Zukunft. Durch den abrupten Abgang von BMW im Jahr 2000 und den Konkurs von MG Rover 2005 kam MG in die Hände der chinesischen Nanjing Automobile Group, welche seit 2007 zur Shanghai Automotive Industry Corporation (Saic) gehört. Und MG ist auf dem Weg zurück nach Europa, 2024 soll es auch wieder einen MG Roadster geben, den Elektrosportwagen Cyberster. 

Fotos: Archiv AR

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Kaum zu erkennen, aber dieser MG K Magnette war ein – sehr sportlicher – Viertürer mit rennerprobtem OHC-Motor und Vorwählgetriebe.

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Bereits 1945 startete MG wieder die Produktion, im Januar 1946 erschien der erste Test des MG TC in der AR.

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Der erste MG mit vorderer Einzelradaufhängung war der «Y» von 1947.

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Leider kein Erfolg: Für den MGA entwickelte MG einen eigenen Twin-Cam-Motor, der nur zwischen 1958 und 1960 gebaut wurde.

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Nicht nur Sportwagen: MG Magnette 1500, das Karosseriedesign stammte von Pininfarina und war identisch mit weiteren BMC-Modellen.

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BMC ADO16 – auch MG erhielt eine Version dieses Musterbeispiels von «Badge-Engineering», den MG 1100 mit zwei Vergasern und 55 PS.

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Ab 1961 gab es wieder einen MG Midget, hier ein Mk II von 1964.

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