Die Unbekannten: Fuldamobil

Peter Ruch | 01.03.2024

Fuldamobil baute den Silberfloh und auch den Cellokasten. Konstruiert wurden sie von einem Journalisten.

1953 Fuldamobil N 2 1

  • Gebaut von 1951 bis 1969
  • Verschiedene Serien
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Die Geschichte der Kleinwagen von Fuldamobil beginnt mit Norbert Stevenson, einem jungen Journalisten, der seine gesamte Freizeit im feuchten Keller seines Hauses mit der Konstruktion eines Kleinwagens verbrachte. Seine «Konstruktionsabteilung» bestand aus Stapeln von Papieren und Zeichnungen, die auf einem klapprigen alten Tisch verstreut waren, neben einem Modell seines geplanten Dreirads aus Holz und Pappe. Ein Sponsor ermöglichte ihm den Kauf von Teilen und eines Motors, die jedoch zurückgegeben werden mussten, da sein Partner plötzlich keine Lust mehr hatte. Der Entwurf wurde Karl Schmitt angeboten, einem wohlhabenden, hochqualifizierten Ingenieur und Leiter eines grossen Bosch-Vertriebs und eines Elektrofachgeschäfts.

Karl Schmitt hatte schon länger erwogen, in den Bau von Kleinwagen einzusteigen, und er nahm Stevenson als seinen offiziellen Konstrukteur auf. Da ihn die ursprüngliche Tandem-Bauweise nicht überzeugte, befragte er seine Mitarbeiter, ob sie lieber nebeneinander oder hintereinander sitzen würden. Sie antworteten einstimmig mit «Sitzbank», und Stevenson erhielt unter dem wachsamen Auge von Diplom-Ingenieur Schmitt so gut wie freie Hand für die weitere Entwicklung seines Fahrzeugs. Die Arbeiten begannen im Oktober 1949, und bis Weihnachten wurde ein Fahrgestell auf Traktorsitzen getestet. Im Januar wurde eine Karosserie aus Stahl auf einem Holzrahmen nach dem Vorbild von Campinganhängern gebaut, mit einer abgewinkelten flachen Front und zwei separaten Frontfenstern. Es war klar, dass der Motor verbessert werden musste, also fuhr Stevenson nach Nürnberg, um sich den neuen Zweikolbenmotor von Triumph anzusehen. Der Direktor der Firma, Reitz, sah die kleine Fulda und fragte anscheinend: «Was ist das für ein dummes Ding?», woraufhin Stevenson sich umdrehte und wegfuhr. Das Problem des Antriebsstrangs wurde von Baker und Pölling gelöst, die anboten, ihren Kettensägenmotor auf 250 Kubikzentimeter aufzubohren und ihn mit einem Ritzel für einen Anlasser zu versehen. Der Getriebehersteller Hurth bot sein Dreigang-plus-Rückwärts-Getriebe an.

Es entstanden weitere Prototypen, darunter Roadster mit lackierten Sperrholzkarosserien und einer normaleren, runden Nase. Da Spachteln und Lackieren zu arbeitsintensiv waren, entschied man sich für die Lloyd-Variante, bei der die Karosserie mit Ledertuch bespannt wurde. Der Segelflugzeughersteller Schleicher erklärte sich bereit, diese Sperrholz-Karosserien zu liefern. Eine Vorserie von 48 Fahrzeugen, gleichmässig aufgeteilt in Roadster und Coupés, zeigte Probleme bei der Qualitätskontrolle der Baker- und Pölling-Motoren. Der Motor wurde jedoch ab August 1951 weiterhin in die serienmässige N-1-Serie eingebaut, die die attraktive runde Nasenform behielt. Davon wurden insgesamt wohl 320 Stück gebaut, bevor der B&P-Kettensägenmotor ein Jahr später beim Modell N-2 durch einen 360-Kubikzentimeter-Standmotor von Fichtel & Sachs ersetzt wurde.

Kurz nach der Einführung des neuen Sachs-Motors erhielt die Karosserie eine verblüffende Überarbeitung, die den Namen der kleinen Fulda weithin bekannt machen sollte. Die Sperrholzhaut wurde durch Paneele aus geprägtem Aluminium ersetzt, was eine Lackierung überflüssig machte, und die tiefe Prägung verbarg kleine Oberflächenfehler und Schäden gut. Das Fahrzeug wurde als «Silberfloh» bekannt. Gegen Aufpreis war auch eine glatte, aluminiumlackierte Version erhältlich. Der Wagen positionierte sich auf dem Markt als komfortables, gut gefedertes Familienfahrzeug, das mit seinem Klappsitz auch für Campingausflüge geeignet war. Grossartig war die Stevenson-Konstruktion der Vorderachse mit negativem Lenkrollradius - eine Geniestreich eines Mannes, der nie eine Universität von innen gesehen hatte.

Schmitt, der Geschäftsmann, begann aber bald, über eine Erweiterung und Rationalisierung der Produktion nachzudenken. Die erste Priorität bestand darin, zusätzlichen Platz zu schaffen, ausserdem sollte der übermässige Anteil an Handarbeit für jeden Wagen verringert werden. Vielleicht war eine Aluminiumkarosserie die Lösung. Schmitt gab ein neues Karosseriedesign in Auftrag, und in kürzester Zeit wurde ein Modell aus Holz und Gips angefertigt. Die VDM (Vereinigte Deutsche Metallwerke) in Werdohl versicherte, dass eine stabile Karosserie durch das Spannen von warmen, geglühten Blechen über Aluminiumgussformen hergestellt werden könne, solange es sich um runde, gebogene Formen handelte. Und rund waren sie auch - die bauchige, stromlinienförmige Form entsprach der Mode der Zeit. Der leitende Karosseriekonstrukteur Lehnebach erinnerte sich, dass der schnittige, abgerundete Porsche 356 als Inspiration diente. Die separat geformten Teile von Bug, Dach und Heck wurden dann zusammengeschweisst und mit einem Sperrholzboden auf das Rohrchassis montiert.

Der Prototyp des S-1, mit einem ovalen Bullauge über der Heckklappe, wurde gebaut und getestet und ging im Frühjahr 1954 in Produktion. Die Presse nahm die neue Form mit Begeisterung auf. Die NWF in Wilhelmshafen erwarb eine Lizenz und baute 700 S-1 mit ILO-Motoren. Die S-2 wurde neben dem «Silberfloh» ab Sommer 1954 ein Jahr lang gebaut. Von der S-3 gab es zwei Prototypen mit dem neuen 191-Kubikzentimeter-Motor von Sachs. Eine Änderung der Vorschriften reduzierte die Steuervorteile von Dreirädern. Das war die Gelegenheit für Stevenson, das Handling des Fuldamobils durch den Einbau eines weiteren Rades zu verbessern. Die Hinterräder waren sechs Zentimeter näher zusammen als bei der Isetta, was sie fast zu einem Doppelrad machte. Das Auto liess sich nicht nur besser handhaben, sondern ermöglichte mit seinem neuen Motor und dem besseren Fahrverhalten fast so etwas wie Fahrspass. Bis 1969 wurden wahrscheinlich etwa 2900 Fuldamobil gebaut.

1956 Fuldamobil S 6 6

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