- Gebaut 1953
- Noch einer der Vierzylinder
- Verworrene Geschichte(n)
Ferrari 625 TF - der Spezielle
Peter Ruch | 23.02.2024
Vom Ferrari 625 TF gab es wahrscheinlich nur drei Exemplare. Oder auch nicht.
Es gab, damals, diese unglaubliche Vielfalt an Vierzylinder-Motoren von Ferrari, aufsteigend: 500 Mondial, 2 Liter Hubraum, 625 TF mit 2,5 Liter Hubraum, 735 S mit 2,9 Liter Hubraum und schliesslich auch noch 750 Monza, 3 Liter Hubraum. Vom 500 Mondial (dazu kommen wir dann noch) gab es immerhin plusminus 28 Exemplare, von 750 Monza (dazu kommen wir dann noch) gar 33 Stück – beim 625 TF und 735 S (kommt als nächstes) ist das dann eher unklar, je zwei oder drei Exemplare, insgesamt oder zusammen oder auch ganz anders.
Es gab drei Chassis-Nummern für die 625 TF (TF steht für Targa Florio), #0302TF, #0304TF und #0306TF. Und da fassen wir uns jetzt gleich kurz: #0306TF existierte wahrscheinlich nur bis Mitte 1954, dann kamen gewisse Teile zu #0304TF – wie und weshalb, das wissen wir auch nicht. #0302TF wurde gemäss Angaben von Giulio Vignale schon 1953 bei einem Feuer komplett zerstört, es kann aber durchaus sein, dass dieses Fahrzeug als #0404MD oder #0406MD auferstand. Ab 1955 gibt es aber sowieso keine gesicherten Angaben mehr zu diesem Fahrzeug, das optisch sehr aussergewöhnlich war, eine Berlinetta von Vignale.
Bleibt noch #0304TF. Dieses Fahrzeug wurde 2018 von Bonhams in Monaco zur Versteigerung gebracht, Schätzpreis 4,5 bis 5 Millionen Euro. Doch im Zusammenhang mit der Auktion wurde auch die Geschichte dieses Fahrzeugs erzählt – und liess halt ein paar Fragen offen. Wir wollen das einmal zusammenfassen, mit den entsprechenden Fragezeichen. Es beginnt schon vor der Fertigstellung wohl irgendwann im Frühsommer 1953, denn anscheinend erhielt dieses Fahrzeug zuerst eine Karosserie von Carrozzeria Autodromo Modena (gern als CAM abgekürzt). Enzo Ferrari empfand die Entwürfe aber als unpassend, weshalb #0304TF dann zu Vignale geschickt wurde. Und Ende Juni 1953 als Spider (siehe optisch auch: 340 MM) sein erstes Rennen bestritt, den VI. GP dell’Autodromo Monza, mit dem späteren Weltmeister Mike Hawthorn am Steuer. Dann soll er auch schon über den 2,9-Liter-Motor verfügt haben, war dann also ein 735 S.
Mitte Juli 1953 fuhr dann Umberto Maglioli den 625 TF bei der Coppa d’Oro delle Dolomiti (anscheinend wieder als 2,5-Liter). Und war sehr zufrieden mit dem Vierzylinder: «Es war ein sehr agiles Fahrzeug mit einem sehr guten Handling». Paolo Marzotto, der Sieger jenes Rennens auf einem Ferrari 250 MM, durfte den 625 TF auch zur Probe fahren – und war begeistert: «Das Fahrzeug ist leicht, agil und hat extrem viel Drehmoment». Doch Enzo Ferrari schien nicht so überzeugt, der Wagen wurde noch vor Ende der Saison nach Argentinien verschachert, an Luis Milan. Der mit Beifahrer Elpidio Tortone bei den 1000 Kilometern von Buenos Airies am 24. Januar 1954 prompt den 5. Rang im Gesamtklassement erreichte. Milan fuhr dann diverse Rennen in Argentinien, verkaufte den Ferrari Ende 1955 an José Froilan Gonzalez, dann kam #0304MT 1956 nach Brasilien und wurde anscheinend bis 1963 bei Rennen eingesetzt. Und soll dann irgendwann einen Lincoln-V12 (gebaut bis 1948…) erhalten haben.
Das ist dann halt eines der vielen Fragezeichen – warum sollte jemand dem Ferrari einen veralteten, lahmen Lincoln-Motor einbauen wollen? Und wie kam der Wagen wieder zurück nach Italien, wo er 1974 auf einem Abbruch in der Nähe von Neapel «entdeckt» werden konnte? Und wie kam er 1976 wieder zu einem 625er-Motor, von dem vielleicht zwei, maximal drei Stück gebaut worden waren? Tja, wir wissen es nicht. Aber es könnten dies auch gute Gründe dafür sein, weshalb #0304TF 2018 dann nicht verkauft werden konnte.
In der monatlich erscheinenden Klassik-Beilage der AUTOMOBIL REVUE finden Sie immer schöne Old- und Youngtimer. Abos gibt es: hier. Ansonsten entsteht hier eine sonntägliche Reihe von Ferrari, da haben wir eine Liste mit diesen schönen Geschichten erstellt, zu bewundern: hier.
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