Montagmorgen: Alfa Romeo Giulietta Sprint

Peter Ruch | 11.03.2024

Sie wird unterschätzt, die Giulietta Sprint von Alfa Romeo. Dabei gehört sie zu den Eckpfeilern der Automobil-Geschichte.

Giulietta Sprint 7

  • Gebaut ab 1954
  • Etwas mehr als 27'000 Exemplare
  • Design von Scaglione

Mitte der 50er Jahre brachte Alfa Romeo ein Fahrzeug auf die Strasse, das für die weitere Entwicklung des Automobils von entscheidender Bedeutung war: die Giulietta Sprint (und ihre Schwesterchen, die Berlina und der Spider) definierten Premium, bevor es Premium überhaupt gab. Sie definierten auch den kleinen, potenten und doch bezahlbaren Sportwagen, sie definierten das, was später als die GTI bekannt werden sollte, und sie definierten die Grossserien-Produktion von hochklassigen Fahrzeugen neu. Für Alfa Romeo war die Giulietta, die 1954 auf den Markt kam, das wohl wichtigste Fahrzeug überhaupt.

Eigentlich hätte ja die Berlina zuerst vorgestellt werden sollen, doch das von Alfa Romeo entwickelte und auch selbst entworfene Fahrzeug kam und kam nicht auf Touren. Zu schwer war sie, die Limousine der Giulietta, zu teuer, es klappte gar nichts mit dem Modell, das unter dem 1900er angesiedelt war. All diese Probleme gab es mit der Giulietta Sprint, dem Coupé, nicht. Und dies, obwohl der Entstehungsprozess auch kompliziert war, beim Design waren zu irgendeinem Zeitpunkt noch so manche der italienischen Grössen involviert, Giorgetto Giugiaro, Giovanni Michelotti, Mario Felice Boano, vor allem aber Franco Scaglione (damals Chefdesigner bei Bertone); der Wagen wurde dann auch bei Bertone produziert. Der Entwurf war derart überzeugend, dass Alfa Romeo schnell einsah, dass sich mit dem Sprint jenes Geld verdienen liess, das dringend benötigt wurde, um die Berlina (und auch den von Pininfarina entworfenen Spider) in Form zu bringen und zu Ende zu entwickeln.

Es war eine wahre Freud’. Die Giulietta Sprint verfügte über einen komplett neu entwickelten 1,3-Liter-Vierzylinder (Bohrung x Hub 74 x 75 mm, 1290 cm3), dessen Zylinderkopf und Motorblock aus einer Alu-Legierung bestanden. Es gab zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen und über Tassenstössel betriebende hängende Ventile, was den Vierzylinder in der Giulietta Sprint problemlos (und ausdauernd) über 6000/min drehen liess; die Leistung wurde mit 80 PS bei 6000/min angegeben, das maximale Drehmoment mit 102 Nm bei 3500/min. Die Höchstgeschwindigkeit des 880 Kilo schweren Fahrzeugs lag schon 1954 bei stolzen 165 km/h. Hinten gab es eine Starrachse an Längslenkern und am Differentialgehäuse angelenkten Dreieckquerlenkern, dazu Schraubenfedern, vorne war es eine moderne Einzelradaufhängung mit doppelten Dreieckslenkern, ebenfalls mit Schraubenfedern und Querstabilisatoren; die Trommelbremsen vorne und hinten waren sehr grosszügig dimensioniert. Das leicht untersteuernde Fahrverhalten ist heute noch: grossartig. Und das Design ist heute noch: grossartig.

Bis 1962 wurden vom Sprint und dem 1956 eingeführten Sprint Veloce (mit 90 PS) 27'142 Exemplare gebaut. Die Preise sind noch einigermassen vernünftig, ab etwa 60'000 Franken gibt es gute Exemplare; richtig teuer sind dann allerdings die «Alleggerita» (Bilder unten), die noch einmal 70 Kilo leichter waren als die sonst schon nicht wirklich adipösen Coupé (880 Kilo).

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