Der Dicke, der alle überraschte

Automobil Revue | 07.03.2024

Rennault 5 Turbo Der Turbo war die maximale Entwicklungsstufe des Renault 5. Und er fasziniert noch heute.

96463

Es war eine eigenartige Idee, die Jean Terramorsi, der Vizepräsident für die Produktion bei Renault, Ende der 1970er-Jahre für den R5 hatte: Rallye. Und deshalb Mittelmotor. Er fragte seinen Freund Marc Deschamps an, der bei Bertone arbeitete, ob man sich ein paar Gedanken machen könnte. Bertone konnte – das Design kam schliesslich vom grossen Meister Marcello Gandini persönlich.

Als Basis wurde tatsächlich ein Renault 5 verwendet. Und auch der Motor war der bekannte 1.4-Liter aus dem R5 Alpine, allerdings aufgeblasen von einem Cléon-Fonte-Turbo. Das reichte für 160 PS und ein maximales Drehmoment von 221 Nm. Und, zumindest auf dem Papier, für ganz anständige Fahrleistungen, den Sprint von 0 auf 100 km/h schaffte der R5 Turbo in 6.9 Sekunden. Ein Porsche 911 SC war 1980 nur gerade eine Zehntelsekunde schneller. Bei 205 km/h war allerdings Schluss, die Aerodynamik des dickbackigen Franzosen (Karosseriebreite 1.75 statt 1.53 m wie beim Basismodell) war nicht die beste. Und fahrtechnisch galt der Renault auch als eher schwierig, er soll eine ziemlich extreme Tendenz gehabt haben, mit dem Heck nach vorne zu drängen. Das können wir nach einer Ausfahrt aber nicht bestätigen. Man muss eine saubere Linie fahren, dann macht der Franzose das mit seiner schwergängigen, aber präzisen Lenkung auch mit. Was er ebenfalls macht, immer, sind seltsame Geräusche. Es ist ein wildes Mahlen allerorten, es pfeift, rumpelt, quietscht. Doch auch das fördert die Konzentration des Fahrers, er ist jederzeit alert, ob wirklich noch alles so funktioniert, wie es soll.

Monte-Sieger

Er hätte gar nie einen Rallye-WM-Lauf gewinnen dürfen, der Renault 5 Turbo. Und doch räumte der kleine, dicke Franzose bei drei Rennen ab, 1981 bei der Rallye Monte Carlo (gleich bei seinem ersten Auftritt), ein Jahr später und 1985 dann bei der Tour de Corse. Am Steuer sass immer Jean Ragnotti, der den Renault beherrschte wie wohl kein anderer. Und das Maximum aus einem Wagen herausholte, der als Hecktriebler gar keine Chance hätte haben dürfen gegen die allradgetriebene Konkurrenz. Wir erinnern uns, zwischen 1982 und 1986 war die Ära der Gruppe-B-Monster. Ausserdem trat der R5 Turbo mit seinem 1.4-Liter-Turbomotörchen nicht einmal in der hubraumstärksten Klasse an, hochgerechnet mit Faktor 1.4 kam er auf unter zwei Liter Hubraum. Und 1981 bei seinem ersten Sieg sorgten nur etwa 180 PS für Vortrieb.

Die ersten 400 Stück wurden bei Alpine in Dieppe (F) gebaut, es ging ja auch darum, die Gruppe-4-Vorschriften einzuhalten. Insgesamt wurden zwischen 1980 und 1986 genau 4870 Renault 5 Turbo gebaut (inklusive des Turbo 2, den wir hier zeigen, der sich aber nur in Kleinigkeiten vom Turbo 1 unterscheidet). Man darf davon ausgehen, dass die längst angekündigte, rein elektrische Alpine A290 in die Fusstapfen des Turbo treten soll. Ohne Mittelmotor – und ohne diese aussergewöhnliche Geräuschkulisse.

Kommentare

Keine Kommentare