Für die kleinen Fluchten

Peter Ruch | 23.11.2023

Dacia Jogger Manchmal will man einfach ans Meer. Das Pack Sleep für 
den Dacia macht es möglich, dass man gleich noch ein paar Nächte bleiben kann.

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Es geht in 3:57 Stunden, also in nicht einmal vier Stunden. Von mir daheim im Emmental bis zum ersten Blick aufs Meer auf der Autobahn oberhalb von Genua. Gut, das war mit einem ziemlich sportlichen Fahrzeug und einer eher offensiven Auslegung der (italienischen) Verkehrsregeln. Und im Morgengrauen, die Strassen gehörten mir allein. Denn manchmal überkommt mich diese Sehnsucht nach dem Meer, nach einem Espresso am Strand, nach diesen Trofie mit Kartoffeln, grünen Bohnen und Genoveser Pesto (unbedingt ohne Pistazien). Dann fahre ich um 3.30 Uhr in der Nacht los, sehe so um halb acht oberhalb von Genua erstmals das Wasser und stehe eine halbe Stunde später am Meer. Es kam schon vor, dass ich tatsächlich nur zwei Espressi trank, Pasta kaufte und ein paar Tomaten – und am Mittag wieder daheim war.

Schmerzhaftes Wissen

Mit dem Dacia Jogger würde es wohl späterer Nachmittag werden, er taugt eher nicht so zum flotten Vorwärtsstürmen (mehr dazu später). Doch das ist auch gar nicht nötig, denn wenn man die richtigen Kreuzchen macht, wenn man so ­einen Rumänen bestellt und das Pack Sleep für 1590 Franken hinzufügt, kann man auch länger bleiben. La dolce vita bis zum Nachtessen geniessen, sogar noch ein Fläschchen Weisswein dazu bestellen – und dann im Auto übernachten, irgendwo am Strand. Denn mit dieser Campingausrüstung verwandelt man den Dacia mit nur wenigen Handgriffen in eine günstige Schlafmöglichkeit.

Dacia Jogger Sleep pack 3

Natürlich ist das Raumangebot nicht das eines Fünfsternehotels, aber es reicht bestens aus. Und wenn man das Zelt anbaut, dann findet die ganze Familie ihren Platz. Alles zu einem insgesamt sehr fairen Preis.

Wobei es sicher nicht falsch ist, wenn man die Gebrauchsanweisung vorher liest. Und nicht erst im Dunkeln und nach dem dritten Glas Wein den ersten Versuch unternimmt. Denn bei mir begann es mit einem Blutbad. Nach etwa drei Sekunden habe ich mir beim ersten Versuch, das Bett aufzubauen, einen Finger ziemlich grob eingeklemmt. Das verzögerte den Aufbau um mindestens eine Viertelstunde, denn die Wunde musste zuerst verarztet werden. Was ich wiederum dazu nutzte, die Gebrauchsanweisung zu lesen, nun im schmerzhaften Wissen, dass ich das besser vorher getan hätte.

Apéro oder Frühstück

Nun sind aber nicht alle handwerkliche Volltrottel wie ich, etwa 105 Prozent der Menschheit wird das Pack Sleep vor keinerlei geistige oder körperliche Schwierigkeiten stellen. Hintere Sitzbank herunterklappen, ein paar sauber passende Holzteile aus- und ineinanderklappen, eine dreiteilige Holzunterlage aufklappen, Matratze drauf, fertig. 18 Minuten, wenn man unfähig ist wie ich, eine Viertelstunde schneller, wenn man handwerklich einigermassen begabt ist. Ist man nur zu zweit unterwegs, braucht man das Bett nach dem Gebrauch auch gar nicht mehr auseinanderzubasteln. Und ja, zu zweit ist der Aufbau einfacher.

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Unter der Matratze befindet sich ein erfreulich grosser Stauraum.

Es ist sicher besser, wenn man sich gut kennt, die Nähe nicht scheut oder sie sogar sucht, wenn man die Liegefläche im Jogger zu zweit nutzen will. Denn breit ist die Schlafgelegenheit nicht, 1.30 Meter, und 1.90 Meter lang. Für eine Person perfekt, für zwei eng. Zumal man nach oben auch nur gerade 60 Zentimeter hat. Wilde Turnübungen oder schreckhafte Momente im Tiefschlaf können da leicht zu Kopfschmerzen führen. Doch man schläft gut, die Matratze ist zwar relativ dünn, aber bequem genug, die Konstruktion stabil – und sie bietet unter dem Bett noch 220 Liter Stauraum. Und ein kleines Tischchen, auf dem sich bestens ein Apéro oder das Frühstück servieren lässt.

Sehr fairer Preis

Und wer mehr Platz braucht, für den gibt es auch noch ein Zelt. Das ist wie die Matratze und die Verdunklungsblenden im Preis inbegriffen, wenn man den Neuwagen mit dem Pack Sleep bestellt. Ansonsten kostet es 450 Franken zusätzlich – und bietet allen Liebhabern von Tetris schon beim Aufbau und vor allem bei der Befestigung am Fahrzeug reichlich Spielraum. Wir haben es gar nicht erst versucht, fanden auch gar nicht den passenden Platz – und sahen auch schon einfachere Lösungen. Doch für Familien ist das Gesamtpaket wahrscheinlich spannend, der Nachwuchs wird im Auto parkiert, die Erwachsenen nächtigen im Zelt, und alles ist gut. Eine passende Kühlbox gibt es übrigens für kleines Geld auch noch.

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Und man kann dann auch noch das passende Zelt dazu kaufen.

Das Gesamtangebot des Packs Sleep ist absolut überzeugend. Wohl nicht für drei Wochen Ferien, aber für einen Ausflug dann und wann ans Meer. Oder als Übernachtungsmöglichkeit an ­einem Festival, wenn man sich das Hotel sparen will. Oder für Biker, die nicht nach jedem Ausflug durch die Gebüsche dieser Welt wieder nach Hause fahren wollen. Zumal der Preis auch bei nachträglichem Einbau wirklich vernünftig ist – da spricht man bei anderen Anbietern von ganz anderen Beträgen, die eher in der Nähe eines neuen Dacia Jogger liegen. Einmal mehr zeigt die coole Renault-Tochter, dass noch so vieles für faires Geld möglich ist, wenn dem Hersteller die Kunden lieb sind.

Multimode-Automatik

Für die Kundschaft wäre es aber noch feiner, wenn Dacia dem Jogger als 140 PS starkem Hybrid auch all die Verbesserungen hätte angedeihen lassen, die der erneuerte Renault Clio (Test in AR 43/2023) schon erhalten hat. Leider wirkt der Rumäne in so ziemlich allen Fahrsituationen etwas überfordert, was nicht an mangelnder Leistung liegt, sondern an seinem sonderbaren Multimode-Automatik­getriebe, das irgendwie nie den richtigen Gang findet. Auf der italienischen Autobahn, ganz besonders in den Hügeln vor oder nach Genua, ist das ziemlich anstrengend. Will man nicht komplett abfallen, steigt der Verbrauch mit über acht Litern auf ein Niveau, das wirklich nicht mehr zeitgemäss ist. Am Mehrgewicht des Packs Sleep liegt es nicht, das beträgt nur gerade 45 Kilogramm. Das ist schade, man muss auf ein baldiges Softwareupdate hoffen.

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Die Matratze ist relativ dünn, aber das passt schon.

Denn der Jogger ist ja auch ohne Pack Sleep ein interessantes Angebot. Es gibt ihn mit dem völlig ausreichenden TCe 110 und manuellem Sechsgang-Getriebe als Fünfplätzer für weniger als 20 000 Franken – das ist weiterhin eine ausgezeichnete Ansage, viel Platz in viel Auto für sehr vernünftiges Geld. Nimmt man diese günstigste Variante, die absolut genügt, dann hat man für keine 22 000 Franken ein fahrendes Hotelzimmer. Das gibt es sonst nirgends, nicht einmal als schon betagten Gebrauchtwagen.

Ab ins Meer

Ansonsten empfehlen wir: Ligurien. Nie ist der Weg ans Meer kürzer aus der Schweiz, falls man nicht gerade tief in der Ostschweiz wohnt. Von Alessandria auf der im Süden so abenteuerlichen A7 nach Genua, nach Osten weiter ins romantische Camogli oder das mondäne Portofino. Oder dann nach rechts in Richtung San Remo, was wir bevorzugen. Weil es dort am Meer weniger schick ist, irgendwie italienischer, auch günstiger (wenn man San Remo selber einmal ausklammert). Dort findet man auch Campingplätze direkt am Meer, die ausserhalb der Hauptsaison nicht völlig überlaufen sind. Und genau dafür ist der Dacia Jogger mit dem Pack Sleep perfekt: Hinfahren, hinstellen, kurz aufbauen, ab ins Meer. Genau solche kleine Fluchten sollte man sich öfter gönnen, immer wieder, sie machen das Leben schöner. 

Fotos: Dacia, radical-mag.com

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