«Es war ein Zufall, dass ich das Inserat in der AUTOMOBIL REVUE gesehen habe»

Peter Ruch | 15.02.2024

Christian Hofer Der Automechaniker ­betreute viele Jahre die schönste Abarth-Sammlung der Welt. Und jetzt zieht es ihn vielleicht nach Japan.

Abarth Hofer Vesa Eskola 36

Es braucht viel, um Christian Hofer aus der Ruhe zu bringen. Auch wenn es wirklich hektisch wird, zündet er sich zuerst einmal eine Zigarette an, überblickt die Situation, macht sich einen Plan – und dann seelenruhig an die Arbeit. Wenn ihn etwas ärgert, dann sind es Menschen, die seinen «Krawallbüchsen» (wie er die Abarth gerne bezeichnet) nicht den nötigen Respekt und die entsprechende Liebe entgegenbringen. Dann dreht er sich auch mal ab, schüttelt den Kopf – und zündet sich eine Zigarette an.

«Ihr neues Arbeitsgebiet»

Ab März 2012 war Hofer als Mechaniker zuständig für die Abarth-Sammlung von Engelbert Möll. Die man mit gutem Gewissen als die schönste der Welt bezeichnen darf. Doch wie kam er zu diesem Job? «Es war wirklich ein Zufall, dass ich das Inserat in der AUTOMOBIL REVUE gesehen habe», erzählt der 52-Jährige, «ich arbeitete damals Teilzeit bei meinem Vater in seiner Alfa-Garage, wir wollten eine Anzeige in der AR schalten, deshalb habe ich sie mir genauer angeschaut – und dann war da dieses Inserat mit dem Titel ‹Ihr neues Arbeitsgebiet›.» Hofer rief an, es meldete sich Engelbert Möll, den Hofer von einigen Oldtimerveranstaltungen schon kannte. Die beiden wurden sich schnell einig.

Sein Arbeitsort war die Tiefgarage der heutigen Garage Galliker in Bellach SO, unter seiner Obhut befanden sich mehrere Dutzend Fahrzeuge. Und ein gewaltiges Ersatzteillager. Engelbert Möll, einst selber Abarth-Werkspilot, hatte nach einem schweren Unfall in den 1970er-Jahren mit dem Sammeln begonnen – und über die Jahrzehnte eine einzigartige Sammlung zusammengetragen, sich ein gar nicht so kleines Privatmuseum eingerichtet. Doch die Fahrzeuge sollten nicht einfach nur herumstehen, Möll bewegte sie gerne bei Klassikerveranstaltungen, liess auch seine Freunde damit fahren. Und Hofer war nun zuständig dafür, dass die Abarth auch einsatzfähig blieben.

Schöne Umgebung

Ein Traumjob? «Manchmal hatten wir schon hektische Zeiten. Aber Herr Möll hat das immer gut geplant, wir hatten auch Autos, die in einem sehr guten Zustand waren. Das waren gute Zeiten, ich durfte zu vielen schönen Veranstaltungen reisen, habe viele interessante Menschen kennengelernt.» Und unter der Woche konnte Hofer sauber nach seinem Plan arbeiten. Es war aber auch grossartig, von was er da den ganzen Tag umgeben war. Heute, 75 Jahre nach der Gründung der Marke Abarth, erinnern sich die meisten nur noch an die gepimpten Fiat 500, können sich vielleicht noch an den Lärm der wild verbreiterten TC erinnern, die einst auch die Schweizer Rennszene unsicher machten. Doch da war noch viel mehr, Carlo Abarth gewann mehrere Tourenwagen-Weltmeisterschaften und Berg-Europameisterschaften, es gab Klassensiege bei den Mille Miglia, der Targa Florio und den 24 Stunden von Le Mans, selbst in der Formel 1 wollte Abarth 1967 antreten. Einige der erfolgreichsten Rennwagen gehen auf sein Konto – und auch einige der schönsten, der 750 Zagato zum Beispiel oder der OT 2000 Periscopio. Als Carlo Abarth am 15. Oktober 1971 sein Lebenswerk an Fiat verkaufte, waren der Magier und seine Fahrzeuge längst Legenden.

Ein Verkauf verändert auch die weiteren Pläne von Christian Hofer. 2017 wechselt die Sammlung aus den Händen von Engelbert Möll zu einem neuen Besitzer aus Österreich. So entsteht ein wunderbares Buch, «Abarth Racing Cars – Collection 1949–1974» (nur noch antiquarisch erhältlich), und fast ein ganzes Jahr lang ist der Mechaniker damit beschäftigt, alle Abarth schön aufzubereiten und an die verschiedenen Locations zu transportieren. Dann muss er 20 Fahrzeuge nach Paris an die Rétromobile bringen, 2019 gibt es zum 70. Geburtstag von Abarth eine grosse Ausstellung am Genfer Salon. «Viele Autos wurden aus dem Dornröschenschlaf gerissen», erzählt Hofer, «und das ging manchmal etwas schnell.» Der neue Besitzer der Sammlung wollte mit dem wunderbaren Abarth-Simca 2 Mila an der Tour Auto für Automobile teilnehmen, es wurde ein halbes Dutzend der Rennwagen ans Festival of Speed in Goodwood (GB) verfrachtet, das extreme Rekordfahrzeug wurde beim Kilomètre lancé in St. Moritz GR gemeldet (und brauchte zuvor dringend noch einen neuen Bremszylinder). Hofer war in seinem braunen Over­all und seiner typischen Mütze immer mittendrin, organisierte, reparierte, machte sich einen neuen Plan.

Ein neuer Lebensabschnitt

Gut war, dass immer mehr Fahrzeuge wieder fahrbereit wurden, vor allem die Chrutzli, wie Hofer die 750er-, 850er-, 1000er-Abarth auf Basis des ­Fiat 600 bezeichnet. Während es unter der Ägide von Möll noch eher beschaulich war, verlangte der neue österreichische Besitzer mehr «den Flug auf den Mond», wie Hofer es ausdrückt. Aber es liess sich fast alles richten, auch wenn manchmal etwas in die Hose ging, sich etwa in Goodwood mitten auf der Strecke die Kupplung verabschiedete. Doch Hofer hatte sich über die Jahre ein einzigartiges Wissen angeeignet, er wusste um Stärken und Schwächen der Abarth allgemein und der einzeln Fahrzeuge aus der Sammlung, er wurde zum Künstler an Vergasern und Zündungen. Manchmal sah es in seiner Werkstatt vielleicht etwas chaotisch aus, doch Hofer hatte den Überblick. Was in dem riesigen Lager – man sieht es auf den Bildern – sicher nicht immer einfach war.

2022 wurde die gesamte Sammlung nach Japan verkauft, und für Christian Hofer begann wieder ein neuer Lebensabschnitt. Es mussten alle Fahrzeuge für den Transport vorbereitet werden, das gesamte Ersatzteillager wurde in Kisten verpackt. In einer ersten Phase reiste Hofer an den Fuji-Ring, wo die Möll-Abarth in einem extra erstellten Museum eine neue Heimat finden werden, führte dem neuen Besitzer eine erste Charge der Fahrzeuge vor. Und weil er die filigranen Italiener halt so gut kennt wie sonst niemand, flog er im Herbst 2023 wieder für fünf Wochen ins Land der aufgehenden Sonne, kümmerte sich um seine Lieblinge, hilft nun mit, der Sammlung ein schönes Daheim aufzubauen. «Japan ist toll», sagt Hofer, «gutes Essen, sehr freundliche Menschen. Und ein absolut professionelles Umfeld. Bloss mit der Sprache ist es manchmal etwas schwierig.»

Und jetzt?

Noch sind nicht alle Fahrzeuge in Japan, in der Tiefgarage in Bellach arbeitet Hofer noch an der Restauration eines 1600 OT. Das Projekt begann vor vier Jahren, blieb irgendwie hängen – und jetzt muss es ganz schnell gehen, wie so oft. Er steht weiterhin in Diensten von Engelbert Möll, der auch weiterhin ein paar Abarth sein Eigen nennt. Wäre es denn ­eine Möglichkeit, in Japan für die neue Sammlung zu arbeiten? Hofer will es nicht ausschliessen. Doch er wird sich sicher zuerst noch in aller Ruhe einen guten Plan machen

Fotos: Vesa Eskola

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