Ford Mustang – das legendäre Pony wird 60

Olivier Derard | 01.06.2024

jubilar Der Ford Mustang feiert dieses Jahr einen runden Geburtstag. Wir werfen einen Blick zurück auf seine bewegte Geschichte.

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Der Mustang wurde offiziell auf der Weltausstellung in New York am 17. April 1964 enthüllt.

Als Lido Anthony «Lee» Iacocca 1960 ins Management von Ford kam, erkannte er, dass die Babyboomer, die nach dem Zweiten Weltkrieg geboren worden waren, langsam das Erwachsenenalter erreichten. Iacoccas Schlussfolgerung: Diesen riesigen Markt gilt es zu erschliessen. Der gelernte Ingenieur wusste jedoch, dass Ford bei den jungen Leuten ein veraltetes Image hatte. Eine seiner ersten Amtshandlungen, um dieses Problem anzugehen, war die Einführung von sportlicheren Fastback-Versionen für die damals aktuellen Ford-Produkte.

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Der Mustang Concept I ist ein Prototyp, weit entfernt von einem Serienfahrzeug.

Doch Iacocca wusste, dass Ford ein Flaggschiffprodukt anbieten musste, wollte er den Durchbruch schaffen. Deshalb versammelte er ein Team talentierter Ford-Mitarbeiter um sich. Nicht in den Büros in Dearborn (USA), sondern ausserhalb des Campus, im Fairlane Motel an der Michigan Avenue, der Strasse, die zum Hauptsitz der Ford Motor Company führt. So entstand das Fairlane Committee, eine kleine Gruppe von Enthusiasten, die mit der Entwicklung des zukünftigen «Sporty Ford Car Project» beauftragt war.

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Erste Generation (1964/65): Für einen Preis von 2368 US-Dollar (der in den Anzeigen bei der Markteinführung angepriesen wurde) basierte der Ford Mustang weitgehend auf bewährten Technologien, die zuvor in anderen Modellen verwendet wurden. So stammten viele Komponenten des Innenraums, des Fahrgestells, der Federung und des Antriebsstrangs von den Modellen Falcon und Fairlane ab.

Während das Team an seinem Serienprojekt arbeitete, setzte Ford seine Imagearbeit in der Öffentlichkeit fort und liess den Mustang Concept I, ­einen Prototyp, durchs Land fahren. Das Konzeptauto war ein durchschlagender Erfolg und veränderte die Wahrnehmung des Unternehmens durch die Babyboomer. Der Mustang Concept I, eine Mischung aus Gokart und Sportcoupé, hätte es wahrscheinlich mit der Corvette aufnehmen können, die es damals schon seit zehn Jahren gab – wenn er auf den Markt gekommen wäre. Wie der Chevrolet ist er mit zwei Sitzplätzen ausgestattet. Darüber hinaus verfügt er über eine niedrige Windschutzscheibe, einen in die Karosserie integrierten Überrollbügel, ein Zweikreis-Bremssystem für die Sicherheit (das 1966 von der US-Regierung vorgeschrieben wurde), ein ausziehbares Lenkrad und sogar verstellbare Pedale. Der Motor war ein von Ford Deutschland entwickelter V4.

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Zweite Generation (1974): Als Lee Iacocca, einer der Macher des ursprünglichen Mustang, 1970 Präsident der Ford Motor Company wurde, zögerte er nicht lange und gab einen Nachfolger für den Mustang in Auftrag, der kleiner und kraftstoffsparender sein sollte. Er basierte auf dem kleinen Ford Pinto und konkurrierte mit den kleinen japanischen Sportwagen seiner Zeit.

Die Anforderungen an den Serien-Mustang waren jedoch ganz andere als die für das Showcar. Das Serienmodell sollte bis zu vier Personen Platz bieten, da der Markt für Zweisitzer für Ford schlichtweg zu klein war. Nach den Empfehlungen Lee Iacoccas sollte die Serienvariante etwa 4.60 Meter lang sein, während der Prototyp knapp vier Meter mass. Ausserdem sollte das Auto unter 1134 Kilogramm bleiben, einen Schalthebel im Mitteltunnel statt einer Lenkradschaltung haben, mit Schalensitzen ausgerüstet sein und vor allem für weniger als 2500 Dollar verkauft werden.

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Dritte Generation (1979): Basierend auf der Fox-Plattform, die ursprünglich für den Ford Fairmont und den Mercury Zephyr vorgesehen war, fiel diese Generation etwas grösser aus als ihre Vorgängerin. Sie bot somit ausreichend Platz für vier Passagiere – vor allem auf der Rückbank geht es bequemer zu – sowie einen grösseren Kofferraum.

Im Juli 1962 stellten drei konkurrierende Ford-Designstudios – Ford, Lincoln-Mercury und Advanced Design – Iacocca ihre Tonmodelle vor. Iacocca bewertete die Konzepte von Lincoln-Mercury und Advanced Design als «zu vorhersehbar», und so wurde der Entwurf des Ford-Studios mit den Designern Joe Oros, Dave Ash und dem jungen Gale Halderman ausgewählt. Nachdem die Linien und das Gesamtkonzept festgelegt waren, musste ein Name für das Auto gefunden werden.

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Vierte Generation (1994): 1994 wurde der neue Mustang, der auf einer aktualisierten Version der Fox-Plattform basierte und von Patrick Schiavone entworfen wurde, von früheren Mustangs inspiriert. Zum ersten Mal seit seiner Einführung im Jahr 1964 wurde das Coupé mit Stufenheck (auch bekannt als Notchback) nicht mehr angeboten. Die Fenster in den Türen waren rahmenlos, aber das Auto hatte eine B-Säule.

Ursprünglich sollte es Ford Cougar heissen. Doch dann wurde der Name Torino gewählt, da Henry Ford II eine echte Liebe zu Italien hatte. Das Torino-Badge wurde produziert und auf den ersten Prototypen angebracht, Ford drehte sogar einen Werbefilm mit dem Titel «Torino». Als jedoch Henry Fords Beziehung zur Italienerin Maria Cristina Vettore, die er später heiraten sollte, ans Licht kam, wurde der Name Torino fallen gelassen. In seiner Not wandte sich Iacocca an Fords Werbeagentur J. Walter Thompson, die eine Liste mit über 6000 Namen vorlegte, darunter Cougar, Bronco, Puma, Cheeta, Colt und natürlich – Mustang. Dieser Name, der bereits zuvor für den Prototyp vergeben worden war, wurde am häufigsten genannt und daher ausgewählt.

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Fünfte Generation (2005): Der Mustang der fünften Generation basierte auf der neuen Ford-D2C-Plattform und nahm den Stil der Mustang Fastbacks aus den späten 1960er-Jahren auf. Fords Senior Vice President of Design, J. Mays, bezeichnete ihn als «retro-futuristisches» Fahrzeug. Mit seinem Design und dem grossen, klangvollen Motor bot er das, was die erste Generation so erfolgreich gemacht hatte.

Manche glauben, dass der Name vom Jagdflugzeug P-51 Mustang inspiriert sei, das während des Zweiten Weltkriegs von North American Aviation gebaut wurde. Es heisst, dass Ford-Designer John Najjar von den Flugzeugen fasziniert war. Anderen Quellen zufolge soll der Name eher Lee Iacocca zu verdanken sein, der angeblich eine besondere Vorliebe für das American-Football-Team der Southern Methodist University (SMU), die Mustangs, hatte. Andere wiederum glauben, der Name sei eine Anspielung auf die Wildpferde des amerikanischen Westens. Diese letzte Version ist übrigens diejenige, die Ford heute offiziell vertritt. Für das Unternehmen aus Dearborn scheint es nur ­eine Wahrheit zu geben: Der Name Mustang habe sich immer auf die Wildpferde bezogen und niemals auf das Jagdflugzeug P-51, so der Her­steller. Dies bestätigte auch Iacocca 2004 in einem 
Interview.

Ein Pferd bei der Eroberung des Westens

Neben der Geschichte des Namens gibt es auch die Geschichte des Logos, wobei das Pferdemotiv des Mustang vor der Markteinführung des Fahrzeugs verschiedene Formen angenommen hat. So wurde das Pferd zunächst als von links nach rechts galoppierend gezeichnet. Für Lee Iacocca stellte dieses Emblem jedoch zu sehr ein Pferd von der Rennbahn oder ein domestiziertes Pony dar, während der Mustang eher an ein Wildpferd erinnern sollte. Deshalb beschloss Designer Gale Halderman, das Design des Pferdes so zu ändern, dass es von rechts nach links galoppierte. Dies erklärt, warum noch einige Wochen vor der Veröffentlichung des Autos einige Mustang-Modelle ein Pferd zeigten, das nach rechts und nicht nach links galoppierte. Die Richtung nach links hat auch eine andere Symbolik: Blickt man auf die Landkarte, ist das die Richtung, in der auf dem amerikanischen Kontinent der Wilde Westen erobert wurde.

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Sechste Generation (2014): Für viele ist der Mustang der sechsten Generation das Modell, mit dem sie den amerikanischen Traum verwirklichen konnten. Denn bis dahin wurde keines der bisher genannten Modelle offiziell nach Europa importiert. Doch diese Zeiten sind nun vorbei. Der Wagen verfügt über eine neue Einzelradaufhängung und einen kleinen 2.3-Liter-Ecoboost-Motor, der zusätzlich zu den Standardmotorisierungen eingeführt wird.

Der Mustang wurde am 17. April 1964 offiziell an der Weltausstellung in New York enthüllt. Der Rest ist Geschichte. Ford war von seinem Produkt überzeugt und plante, im ersten Jahr 150 000 Einheiten zu verkaufen. Die Firma aus Dearborn unterschätzte sich: Sie verkaufte 418 000 Stück. Seit 1964 wurden in sieben Generationen mehr als zehn Millionen Mustang verkauft. Dieses US-amerikanische Wahrzeichen, das Tausende von Filmauftritten hatte und einen neuen Trend auf dem Markt auslöste, nämlich den der Pony-Cars, brachte eine ganze Reihe von Modellen hervor. Neben dem Modell der neusten Generation und dem Elektro-SUV Mach-E könnte Ford Gerüchten zufolge auch ein viertüriges Coupé vorstellen. Auch 60 Jahre nach seiner Geburt scheint das Wildpferd immer noch in Topform zu sein. 

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Siebte Generation (2023): Der Mustang mk VII (s. Seite 8) basiert auf der gleichen Plattform wie der Mustang mk VI. Das Design bleibt weitgehend unverändert, aber der Innenraum erhält einen Doppelbildschirm. Die Motoren bleiben im Grundsatz ebenfalls gleich, nur der Reihenvierzylinderturbo mit 2.3 Litern Hubraum wird in Europa nicht mehr angeboten. Ausserdem wird ein neues Sportlabel mit der Bezeichnung Dark Horse angeboten.

Der Lieblings-Filmstar mit vier Rädern

Der Ford Mustang ist zweifellos der grösste mechanische Star in der Geschichte des Films. Als Symbol für Leistung wurde die amerikanische Ikone oft vom Helden (und manchmal auch vom Bösewicht) ausgewählt, um seinen Gegner zu verdrängen. So ist das Coupé in mehreren Hundert Filmen auf der Leinwand erschienen. Seine beste Leistung zeigte der Ford jedoch zweifellos in «Bullitt» (1968). Er wurde von Steve McQueen durch die Strassen von San Francisco gesteuert und lieferte eine der unglaublichsten Verfolgungsjagden in der Geschichte der Filmkunst. In «Goldfinger» (1964), der dritten Mission von James Bond, liefert er sich ein heisses Duell mit dem Aston Martin DB 5 des Geheimagenten auf dem Furkapass. Der Ford kehrte in «Feuerball» (1965) und «Diamantenfieber» (1971) zurück. Im Remake von «Gone in 60 Seconds» (2000) ist ein Shelby GT 500 von 1967 nichts anderes als das Juwel, das Nicolas Cage um jeden Preis stehlen muss. Aber auch in Europa startete der Amerikaner in den Kinosälen durch. Ford Frankreich tat viel für den Bekanntheitsgrad des Modells, Johnny Hallyday nahm an der Rallye Monte Carlo teil. Auch durfte der Mustang in zahlreichen französischen Filmen auftreten, unter anderem in «Der Gendarm von St-Tropez» (1964) mit Louis de Funès.

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