Lexus LBX – Für viele statt für wenige

Ramon Egger | 11.01.2024

Durchbruch Mit dem LBX will Lexus den Marktanteil in Europa vergrössern und in ein neues Segment vorstossen. Die Ambitionen trägt der Crossover bereits im Namen.

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Die auffälligen Farben des LBX sollen junge – und vor allem mehr weibliche – Kunden anziehen. Die Bicolor-Lackierung steht ihm gut.

Schon sehr bald soll Lexus komplett elektrisch sein. Vorerst aber müssen es noch die Verbrenner richten und zwar in allen Segmenten. Nach dem kürzlich lancierten LM, einem mindestens 150 000 Franken teuren Luxusvan, der in minimalen Stückzahlen Abnehmer findet, ist jetzt das andere Ende des Modellportfolios an der Reihe.

Mit dem LBX lanciert Lexus ein sehr kompaktes SUV, mit dem man junge und explizit auch weibliche Kunden ansprechen will. Vor allem: viele Kunden. 24 000 Stück will Lexus jährlich primär in Europa verkaufen. Im Wissen, dass Lexus im Jahr 2022 mehr als 600 000 Fahrzeuge baute, klingt das nicht nach besonders viel. In Relation zu den europäischen Verkaufszahlen wird es dann aber doch etwas ambitionierter, 47 000 Fahrzeuge setzte Lexus hier ab. Erreicht der LBX sein erhofftes Potenzial, könnten die Verkaufszahlen der Japaner dank des Kompakt-SUV deutlich ansteigen.

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Mit schönem Leder, bequemen Sitzen und Ambientebeleuchtung bringt der Lexus LBX etwas Oberklasse ins Kompaktsegment.

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Mit schönem Leder, bequemen Sitzen und Ambientebeleuchtung bringt der Lexus LBX etwas Oberklasse ins Kompaktsegment.

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Mit schönem Leder, bequemen Sitzen und Ambientebeleuchtung bringt der Lexus LBX etwas Oberklasse ins Kompaktsegment.

Die Hoffnung ist also gross – und diese Hoffnung trägt der LBX auch gleich im Namen, schliesslich steht das Kürzel für Lexus Breakthrough Crossover. Er soll der Durchbruch sein für die Marke in einem grösseren Markt, in einem bisher nicht oder seit dem Ende des CT nicht mehr abgedeckten Marktsegment. Beim Design leistet man sich mit Ausnahme der Farbpalette, die von Kupfer bis Gelborange reicht, kaum Extravaganzen. Bunte Farben seien attraktiver für weibliche Kunden meint Lexus. Mag sein. Ansonsten ist aussen alles weichgespült, markentypisch ist allenfalls noch der grosse Kühlergrill, der an den klassischen Spindle-Grill angelehnt ist.

Bekannt, aber besser

Als Basis dient die TNGA-B-Plattform, auf der unter anderem auch der Toyota Yaris Cross aufbaut. Dass der LBX nur eine aufgehübschte Variante des Toyotas sein soll, lässt man bei Lexus aber nicht gelten. Zu Recht nicht, schliesslich wurden der Radstand verlängert, die Überhänge verkürzt und die Spur verbreitert. Ausserdem wurde die Lärmisolation verbessert, und der Dreizylinder-Benziner erhielt eine zusätzliche Ausgleichswelle, um auch Vibrationen zweiter Ordnung auszugleichen, was die Laufruhe des Motors verbessern soll. Eine neue Bremskraftverteilung soll ausserdem das Eintauchen der Karosserie beim Bremsen minimieren.

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Klassisches Kompakt-SUV: Vorne ist der Platz ausreichend, im Fond eher knapp. Der Kofferraum fällt bei der Allradvariante kleiner aus.

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Klassisches Kompakt-SUV: Vorne ist der Platz ausreichend, im Fond eher knapp. Der Kofferraum fällt bei der Allradvariante kleiner aus.

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Klassisches Kompakt-SUV: Vorne ist der Platz ausreichend, im Fond eher knapp. Der Kofferraum fällt bei der Allradvariante kleiner aus.

Das Massnahmenpaket wirkt. Im Innenraum des kompakten Lexus ist es tatsächlich deutlich ruhiger, als man sich dies vom rustikalen Yaris Cross gewohnt ist. Darüber, dass der Verbrenner in Kombination mit dem CVT-Getriebe relativ viel Arbeit verrichten muss, kann die akustische Kosmetik aber nicht hinwegtäuschen. Dass Toyota noch nicht auf eine stärkere Elektrifizierung setzt, ist Konzernstrategie. Man könne so mit weniger mehr erreichen. Heisst: Toyota verteilt die zur Verfügung stehenden Batteriezellen auf möglichst viele Autos und hybridisiert diese effizient, anstatt alle Zellen in wenigen Elektroautos zu verbauen – Elektrifizierung für viele statt Elektroautos für wenige.

E-Maschine unterstützt den Verbrenner

Im LBX kombiniert Lexus deshalb einen 1.5-Liter-Benziner mit 67 kW (91 PS) mit einem kleinen Elektromotor, der aus einer Batterie mit exakt einer Kilowattstunde Kapazität mit Strom versorgt wird. Rein elektrisch zu fahren, ist damit nicht möglich, die E-Maschine unterstützt den Verbrenner und senkt dessen Verbrauch. 4.4 l/100 km verspricht der Hersteller für die Variante mit Frontantrieb, 4.6 Liter für den Allradantrieb. Dieser verfügt über einen zweiten Elektromotor an der Hinterachse, der sich bei schlechter Traktion an den Vorderrädern automatisch zuschaltet.

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Wie zu erwarten, ist der Antrieb mit einer kombinierten Leistung von 100 kW (136 PS) und einem Drehmoment von 185 Nm nicht gerade explosiv. Aber untermotorisiert fühlt sich der LBX dennoch nicht an, was auch dem für heutige Verhältnisse geringen Leergewicht von 1280 Kilogramm zu verdanken ist. Vor allem in der Stadt fährt sich das SUV damit ruhig und entspannt, auf der Landstrasse und auf der Autobahn arbeitet der Antrieb hingegen hörbar angestrengt. Denn auch wenn Lexus stolz betont, dass ein L in der Modellbezeichnung zuletzt für den Supersportler LFA genutzt worden sei, reiht sich der LBX kaum in dessen sportliche Ahnenreihe ein. Er ist ein kleiner Crossover. Wie klein, zeigt sich vor allem beim Platz auf der Rückbank. Da ist es für Erwachsene wenig komfortabel, selbst wenn es nur für kurze Strecken ist. Dafür ist die Kniefreiheit einfach zu knapp bemessen.

Ein Hauch Oberklasse

Mit dem günstigen Einstiegspreis von rund 35 000 Franken ist der LBX als Auto für junge Paare oder als Alltagsauto für Berufspendler geeignet. Trotzdem muss nicht auf ein Lexus-typisch schönes Interieur mit viel Leder, eleganten Ziernähten und einwandfreier Verarbeitung verzichtet werden. Nur hier und dort drückt durch, dass der Hersteller offensichtlich die Kosten im Rahmen halten musste, beispielsweise beim winzigen Handschuhfach aus Hartplastik. Diverse Assistenzsysteme sind serienmässig an Bord, ein Head-up-Display oder eine Einparkautomatik mit Fernbedienung gibt es optional. Taster ersetzen die herkömmlichen Türgriffe, eine Ambientebeleuchtung mit 64 Farben sorgt für stets passende Stimmung. So bringen die Japaner einen Hauch Luxus in die Kompaktklasse. 

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Mit dem günstigen Einstiegspreis ist der LBX als Auto für junge Paare oder als Alltagsauto für Berufspendler geeignet.

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Mit dem günstigen Einstiegspreis ist der LBX als Auto für junge Paare oder als Alltagsauto für Berufspendler geeignet.

LFP-Batterie und Giga-Casting

«Where market conditions allow» – wo die Marktbedingungen es zulassen. Es ist der kleine Konditionalsatz, den alle Hersteller noch erwähnen müssen, wenn es um ihre Ausstiegspläne aus dem Verbrennungsmotor geht. Das lässt natürlich ordentlich Spielraum für Interpretationen, so richtig verbindlich sind die Jahreszahlen damit nicht, die man sich als Ziel setzte. Bei Lexus lauten sie 2030 und 2035. Ab 2030 will Lexus in Europa nur noch Elektroautos verkaufen, 2035 soll dann der Verbrennungsmotor ganz beerdigt werden. Damit nimmt die Premiummarke von Toyota im Konzern eine Vorreiterstellung ein.

Bipolare Batterie

Ein Konzern, der momentan sehr erfolgreich unterwegs ist damit, dass er eine mehrgleisige Strategie fährt und sich nicht komplett der Elektromobilität verschworen hat. Dass Toyota nicht konsequent eingleisig fährt, ist naheliegend mit Blick auf den japanischen Heimmarkt. Dort hat der Hersteller einen Marktanteil von über einem Drittel. 3.7 Millionen Neuwagen wurden in Japan im Jahr 2022 verkauft, bloss 77 000 davon waren elektrisch – also nur 2.1 Prozent. Es ist also naheliegend, dass Akio Toyoda sagt: «Es gibt viele Wege, um die CO2-Neutralität zu erreichen. Die Elektromobilität ist einer davon.»

Dass die Marke Toyota auch in Europa so lange wie möglich am Verbrennungsmotor festhalten will, ist kein Zufall. Nur so kann der Markt auch weiterhin mit günstigen Kleinwagen versorgt werden – ein Segment, in dem elektrische Autos noch lange keine Preisparität mit den Verbrennern erreichen werden. «Mobility for all» nennt Toyota das. Und das, obwohl Toyotas Pläne bei der Batterieentwicklung durchaus ehrgeizig sind. Bis 2026 will der Konzern die Batteriekosten gegenüber dem aktuellen Modell BZ4X um 20 Prozent gesenkt haben, bis 2027 um 40 Prozent. 2028 soll dann die Feststoffbatterie einsatzbereit sein.

LF-ZC heisst das Modell, das für Lexus den Startschuss für die «nächste Generation der BEV» darstellt. Bisher ist er nur eine Studie, die Serienversion soll 2026 herauskommen. Und zwar bereits mit der neuen Batterie, die auf einer Zellchemie aus Lithium-Eisen-Phosphat aufbaut, der sogenannten LFP-Batterie. Ein wichtiger Schritt dabei ist der Wechsel von der aktuell monopolaren zur bipolaren Struktur, wie Gerald Killmann, Senior Vice President von ­Toyota Motor Europe Im Bild unten), der AUTOMOBIL REVUE erklärt: «Die LFP-Batterie ist die kostengünstige Variante, damit werden die Kosten gegenüber heute um 40 Prozent gesenkt. Sie hat aber keine so grosse Energiedichte. Um diese zu erhöhen, nehmen wir die bipolare Struktur.» Der Trick dabei ist, dass Anode und Kathode jeweils ­einen gemeinsamen Leiter erhalten anstatt wie bisher zwei einzelne. «Damit können wir die Zellwände eliminieren und vermeiden eine doppelwandige Struktur. So können wir extrem kompakt bauen und erhalten eine um 20 Prozent grössere Reichweite als mit der heutigen Batterie», sagt Killmann aus.

Monsterteile dank Giga-Casting

Der LF-ZC soll aber nicht nur, was die Batterie betrifft, ein Technologieträger werden, sondern auch mechanisch. So kommt zum ersten Mal bei Lexus sogenanntes Giga-Casting zum Einsatz. Dabei werden riesige Teile im Druckgussverfahren hergestellt, der ganze Prozess dauert weniger als zwei Minuten. Tesla hat der Fertigungsmethode den Weg bereitet und stellt die gesamte Bodenplatte seiner Fahrzeuge aus einem Gussteil her. Das Problem: Die Reparaturkosten nach einem Unfall sind exorbitant, da sich Druckgussteile kaum kaltverformen und nur sehr schlecht schweissen lassen.

Lexus verspricht hier aber eine Verbesserung. Man habe deutlich grössere Knautschzonen eingeplant als Tesla, ausserdem bestünden Front, Heck und Fahrzeugmitte aus drei einzelnen Teilen, die auch einzeln ersetzt werden könnten. Damit sollen die Reparaturkosten gesenkt werden – was auch dringend nötig ist, da die Technologie dereinst nicht nur bei allen Modellen von Lexus, sondern auch bei Toyota zum Einsatz kommen soll, wo günstige Reparierbarkeit einen noch höheren Stellenwert hat.

Übrigens: Auch die simulierte Gangschaltung, die im letzten Jahr als Gag präsentiert wurde, überlegt man sich bei Lexus jetzt tatsächlich «sehr ernsthaft» umzusetzen. 

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Fotos: Vesa Eskola

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