VW Passat – Heckansichten

Tristano Gallace | 07.03.2024

Kombi Das Erfolgsrezept: Der VW Passat ist ein Multitalent als klassischer Flottenwagen oder praktische Familienkutsche. Ausschliesslich als Variant erhältlich, zeigt er klassenfremde Qualitäten.

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Männer lieben Heckansichten. Gut, auch innere Werte sind gefragt, aber in der Regel ist es die Aussenhülle, die das Interesse weckt – insbesondere bei einem Kombi. Der VW Passat gilt seit seiner Markteinführung vor 50 Jahren nicht gerade als Verlockung auf vier Rädern. Doch mit über 34 Millionen verkauften Exemplaren weltweit ist er ein grosser kommerzieller Erfolg. Auch nach fünf Jahrzehnten bleibt er neben Golf und Tiguan einer der meistverkauften Wolfsburger. Jetzt kommt die neu entwickelte neunte Generation in den Handel. Ein Mittelklassekombi mit Oberklasseeigenschaften. Gelingt der Spagat?

Innere Werte

Richtig gelesen, der neue VW Passat will mehr bieten als nur Mittelklasse. Da gibt es Ergo-Active-Sitze mit einer pneumatischen Zehn-Kammer-Druckpunktmassage, feine Interieurmaterialien und ein in seiner Grundauslegung komfortables Fahrwerk. Beginnen wir im Innenraum. Im VW Passat erhält die neueste Generation des modularen Infotainmentbaukastens (MIB4) Einzug. Sie überzeugt durch eine aufgeräumte Menüführung, intuitive Bedienbarkeit und schnelle Rechenleistung. Das serienmässige 13-Zoll-Display kann optional gegen eine 15-Zoll-Version getauscht werden. Dass in der Vergangenheit gern Spielerei vor Funktion gesetzt wurde, mag manchem Leser bekannt sein. Das Bedienkonzept des Golf 8 oder diverse Detaillösungen im ID.3 – Verstellung der Aussenspiegel, Lenkradbedienung, unbeleuchtete wie unbrauchbare Slider unterhalb des Zentralbildschirms – hatten eine überschaubare Fangemeinde. Aber VW kommuniziert offen über diese Fehler, hat offensichtlich daraus gelernt und es vermieden, sich beim Passat auf irgendwelche derartigen Experimente einzulassen. Vier Fensterheber, beleuchtete Schieber für Temperatur und Lautstärke unterhalb des Displays und ein Lenkrad mit Drucktasten funktionieren tadellos. Angenehm ist auch das neue Head-up-Display. Ratterte beim Vorgänger noch eine Low-cost-Plastikklappe aus dem Armaturenbrett, werden beim neuen Passat die essenziellen Informationen auf die Windschutzscheibe projiziert.

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Aufgeräumtes Cockpit, hochwertige Materialien, ein Lenkrad mit Tasten und die neuste Generation des Infotainment-Baukastens: Die ­Ausstattungslinie Elegance wartet mit vielen komfortablen Extras auf.

Der neunte Passat besitzt wie erwähnt ein in seiner Grundabstimmung komfortables Fahrwerk. Die neu entwickelten Zweiventildämpfer ermöglichen eine grosse Bandbreite zwischen Dynamik und Komfort, sowohl mit dem serienmässigen als auch mit dem optional erhältlichem DCC-Pro-Fahrwerk. Mit diesem erhält der Passat auch eine neu abgestimmte Progressivlenkung, die durch eine Reduzierung der Lenkradumdrehungen (von 2¾ auf knapp 2 Umdrehungen) ein noch direkteres Ansprechverhalten zeigt. Darüber hinaus ist der neue Passat mit einem Fahrdynamikmanager ausgestattet, der die Funktionen der elektronischen Differenzialsperre (XDS) steuert und mithilfe individueller Bremseingriffe an den Rädern und einer gezielten Anpassung der Dämpferhärten die Handlingeigenschaften verbessert. Durch die hydraulisch unabhängig voneinander agierende Zug- und Druckstufe sind die Dämpfer noch reaktionsschneller und passen sich in Sekundenbruchteilen den Fahrbahnbedingungen an.

Äusserlichkeiten

VW steckt mit seinen Bestsellern stets im Dilemma, allen gefallen zu müssen. Daher präsentiert sich die neunte Generation der Passat-Baureihe in einer zeitgemässen Hülle, ohne dabei zu modisch zu wirken. Der Radstand wurde um 50 Millimeter verlängert, was zu einer Gesamtlängenzunahme von 15 Zentimetern auf knapp fünf Meter führt. Dieser Zuwachs verbessert die Beinfreiheit im Fond und die Grösse des Gepäckraums. Die Breite des Passats wuchs moderat um zwei Zentimeter, während die Höhe auf dem Niveau des Vorgängers blieb. Die grössere Länge bei nahezu konstanter Höhe verleiht dem Fahrzeug dynamischere Proportionen.

Die LED-Scheinwerfer und das schmale LED-Tagfahrlicht darüber sind ein weiteres Element. ­Eine LED-Querspange im Kühlergrill verbindet die beiden Tagfahrlichtelemente optisch und lässt den Passat Variant breit wirken. Ein grosser Dachkantenspoiler, seitliche Luftleitelemente und ein Diffusor unterhalb des Stossfängers machen nicht nur optisch etwas her, sondern bringen auch wieder die Aerodynamik ins Spiel. Das reduziert Verwirbelungen, spart Energie und sorgt für mehr Reichweite. Der Passat Variant – stylisch, dynamisch und smart?

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Sportlicher Alltagsheld mit grossem Platzangebot: Wer Kind, Kegel und Gepäck hier nicht eingeladen bekommt, sollte sich bei Vans oder Transportern umsehen.

Sehr wohl, denn der Passat Variant wartet auch mit intelligenten Assistenzsystemen auf, darunter diverse Parkassistenten mit Memory- oder Re­mote-Funktion. Die neue Memory-Funktion zeichnet die jeweils letzten 50 Meter auf und schlägt automatisches Parkieren vor, wenn diese ­Position wieder erreicht wird. Bis zu fünf Parkmanöver können gespeichert werden. Das Remote-Parking erlaubt es, den Passat per Smartphone fernzusteuern und ein- oder auszuparken. Die Kombination von Remote-Parking und der Memory-Funktion gibt somit eine sinnbefreite Möglichkeit, mit seinem Passat die letzten 50 Meter Gassi zu gehen. Sitz, Platz, braver Passat.

Der Passat Variant wird in acht verschiedenen Antriebsvarianten erhältlich sein: ein neu eingeführter Mild-Hybridbenziner (eTSI), zwei Plug-in-Hybridantriebe (eHybrid), drei Turbodieselmotoren (TDI) und zwei Turbobenziner (TSI). Alle Antriebsvarianten sind standardmässig mit einem Doppelkupplungsgetriebe (DSG) ausgestattet. Bei den Benzinern kann zwischen einer Leistung von 110 kW (150 PS) und 195 kW (265 PS) gewählt werden. Die beiden neuen eHybrid-Modelle bieten Systemleistungen von 150 kW (204 PS) und 200 kW (272 PS). Die drei Diesel bieten Leistungswerte von 90 kW (122 PS) bis 142 kW (193 PS). Die beiden stärksten Verbrennerversionen werden serien­mässig mit dem hierzulande beliebten Allradantrieb angeboten.

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Nur noch als Kombi: Eine Limousine gibts vom neuen Passat keine mehr.

Doch was den VW Passat sehr deutlich von seinem Vorgänger unterscheidet, ist die angenehme Ruhe im Fahrzeuginneren. Mittels verbesserter Schallisolierung und doppelverglaster Fenster kann der VW Passat auch während der Fahrt ein hervorragender Ort der Ruhe sein. Stimmig passt dies auch zum komfortablen Fahrwerk und macht den Passat zu einem entspannten Reisebegleiter. Fahrbahnunebenheiten werden souverän geschluckt, ohne dass der Fahrer von der Fahrbahn völlig entkoppelt wird. Wird es kurviger, reagiert der Fahrwerksmanager sofort und unterdrückt behäbiges Wanken. Entschleunigt wirken auch die kleinen Motorenvarianten des Verbrenners, denn leistungsarm fährt es sich gemütlich. Zwar erreicht man auch mit diesen Antrieben die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten, allerdings passt man vorausschauend die Beschleunigungsbefehle dem vorhandenen Leistungsniveau an. Harmonischer sind da schon die eHybrid-Modelle, deren Antrieb kaum merklich zwischen Elektro- und Verbrennungsmotor wechselt. Fahrfreude kommt erst ab 150 kW auf. Bestes Gesamtpaket: Der VW Passat mit dem grossen Diesel, das passt einfach, wie man es von einem Bestseller erwarten darf.

Preislich startet der Passat ab 48 700 Franken, entfernt sich jedoch mit nur wenigen Kreuzchen bei Motorvariante, Ausstattungslinie und Extras sehr schnell von dieser Marke. Doch der Passat ist eine sichere Wahl, deckt nahezu alle Bedürfnisse an ein vielseitiges Fahrzeug ab und verwöhnt hier und da mit Oberklasse-Extras. 

Fotos: Volkswagen

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