«Ich erinnere mich heute noch an die ungläubigen Gesichter»

Interview: Peter Ruch | 28.03.2024

BEAT Roos Er ist der Mann hinter dem aussergewöhnlichen Aston Martin Lagonda Shooting Brake. Wir fragten ihn, wie 
es zu diesem Fahrzeug kam – und was er heute von ihm denkt.

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Es war der Wunsch eines Kunden, eines Liebhabers der Marke Lagonda. Er kam mit der Idee auf Beat Roos zu, die Limousine in einen Shooting Brake umzubauen. Was anfangs für ungläubige Gesichter sorgte, wurde in langwieriger Wochenendarbeit zu ­einem spektakulären Fahrzeug.

AUTOMOBIL REVUE: Herr Roos, was dachten Sie, als Sie die Serienversion des Lagonda zum ersten Mal gesehen haben?

Beat Roos: 1977 wurde der Lagonda von Colin Thew in ganz Europa präsentiert. Unsere Werkstatt befand sich damals unter dem Namen Automobile Roos an der Güterstrasse in Bern. Colin kam nach rasanter Fahrt von Monaco über Turin in die Schweiz und mit dem ersten Serienfahrzeug, natürlich rechts gelenkt, nach Bern. Die gewagte Technik, wobei ich da doch die Elektronik ansprechen will, passte unbedingt zum Design. Anwesende Kunden glaubten nicht an ein englisches Design, sondern waren allesamt der Meinung, das Auto stamme aus Italien. Hans Fischer als Importeur von Aston Martin und Lagonda mit seiner Garage und Fiat-Vertretung war mit mir einer Meinung: So etwas wird es nur einmal geben! Der Mut von Aston Martin, dieses Fahrzeug in die Serie zu bringen, hat uns motiviert, noch einen Zahn zuzulegen.

Wie entstand die Idee für den Umbau zum Shooting Brake? Hatten Sie vorher schon mit Shooting Brake von Aston Martin zu tun?

Im Verlauf der Entwicklung unseres Betriebes in Zusammenarbeit mit Aston Martin Lagonda konnten wir verschiedene Produkte unter die Lupe nehmen, so den von Radford gebauten DB5 Shooting Brake, den Virage Shooting Brake sowie auch die auf der Basis des Virage gebauten Lagonda Shooting Brake. Die etwas später gebauten V8 Sportbrake konnten, wie auch die Virage, weder das Werk noch uns in Sachen Qualität überzeugen. Hier ist natürlich die Feststellung wichtig, dass kein Shooting Brake von der Produktion im Werk gebaut wurde, sondern wie die unsrigen von der werkseigenen Garage, dem Service Department in Newport Pagnell. Die Idee zum Umbau eines Lagonda Saloon der Serie 3 kam nicht von mir, sondern von einem Kunden. Dieser Kunde war ein begeisterter Liebhaber dieses so ungewöhnlichen Fahrzeugs. Über das Werk wurde die Idee vom Kunden an mich herangetragen. Als Flugzeugbauer konnte ich mir vorstellen, ein Fahrzeug zu bauen, dass es eigentlich gar nicht geben durfte. Ich erinnere mich heute noch an die ungläubigen Gesichter meiner Mitarbeiter, als ich die ersten Skizzen an sie herangetragen habe.

Wie darf man sich den Designprozess vorstellen? Wie viele Entwürfe brauchte es? Wie lange dauerte es, bis Sie sich mit dem Kunden einig waren?

Da unsere Werkstatt mit Restaurationen und Instandstellungsarbeiten schon damals ziemlich am Anschlag war, mussten die Designstudien und das Machbare am Wochenende in etwas ruhiger Umgebung stattfinden. Da William Towns leider nicht mehr unter uns weilte, war es doch ziemlich vermessen, ein solches Design in einen Kombi zu pressen. Massgebend war die nach hinten abfallende Dachlinie, die in ihrer Geometrie unbedingt erhalten bleiben musste. Nach zahlreichen Skizzen, Entwürfen und letztlich mit Farbe wurde das Ziel erreicht, es war aber eine grosse Herausforderung. Der Kunde war mit dem präsentierten Entwurf sofort einverstanden und meinte, er könnte sogar William Towns begeistern.

Was dachten Sie, als Sie das fertige Fahrzeug zum ersten Mal gesehen haben?

Die Idee des Kunden war mehr als gelungen! Ein Lagonda Shooting Brake, der eigentlich von William Towns stammen könnte. Die Dachlinie über diese Länge, eine Sensation und schon allein ein kleines, fachliches Kunstwerk! The art of Lagonda, es muss ein Einzelstück bleiben!

Was meinte das Strassenverkehrsamt zum Shooting Brake?

Grundsätzlich konnte das Fahrzeug nach dem Umbau ohne wesentliche Probleme in der Schweiz zugelassen werden. An der Struktur, das heisst am Chassis oder an relevanten Verstärkungen, wurde nichts verändert. So sind der Radstand wie Spur, Motorleistung, Bremsen dem originalen Fahrzeug unterstellt und in den Massen nachvollziehbar.

Wenn Sie den Shooting Brake heute betrachten – sind Sie immer noch zufrieden?

Wenn ich das Fahrzeug heute bewege, bin ich mit dem Ergebnis mehrheitlich zufrieden, denn wo auch immer das Auto steht, ruft es Bewunderung hervor. Oder löst halt auch etwas Kopfschütteln aus. Eine Achtgang-Automatik mit Eingriff in die Motorsteuerung würde dem Lagonda heute gut anstehen. Auch müsste das Motormanagement auf eine moderne Fuel-Injection geändert werden. Aber lassen wir es, wie es ist, der Lagonda ist ein historisches Fahrzeug – und hat dieses Buch verdient. 

Zur Person

Beat Roos, geboren 1946, gründete die Roos Engineering Ltd., die über die Jahre zu den weltbesten Restaurationsbetrieben für klassische Aston Martin wurde und sogar den Status als Automobilhersteller hatte. Heute kümmert sich Roos lieber um Pilatus-Flugzeuge.

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