Während andere Konzerne eine konsequente Gleichteilstrategie fahren, bei der sich die Marken in kaum mehr als dem Logo unterscheiden, positioniert die Renault-Gruppe die Marken klar untereinander. Und das ziemlich erfolgreich, 2.2 Millionen verkaufte Duster seit der Markteinführung vor 14 Jahren und eine ausserordentlich hohe Markentreue geben der Strategie recht. Ein Dacia-Kunde hat andere Ansprüche an sein Fahrzeuge als ein Renault-Kunde. Auch, aber nicht nur beim Preis. Und schon längst erhält man bei Dacia nicht mehr nur die veralteten Bauteile von Renault, sondern ein qualitativ ansprechendes, aber aufs Wesentliche reduzierte Auto. Dass ist mit ein Grund, weshalb man beim Infotainment auf ein eigenes, minimalistisches System setzt anstelle auf die hardwaremässig teure Google-Architektur, die bei Renault zum Einsatz kommt. Wo es Sinn macht, nutzt man natürlich trotzdem Gleichteile, so drückt bei Schaltern oder Lenkradbedienung dann doch das französische Mutterhaus durch.
Dacia Duster - Alles Wesentliche
Ramon Egger | 03.05.2024
Einfach Simplify, then add coolness. Dieses abgewandelte Zitat von Colin Chapman passt irgendwie zum neuen Dacia Duster. Nichts, was nicht nötig ist, soll drin sein – aber langweilig darf das Auto auch nicht sein.
Dank Allradantrieb macht der Dacia Duster auch auf Schotterstrassen – und sogar daneben – eine gute Figur.
Auch die Assistenzsysteme reduziert Dacia auf das Wesentliche. An Bord ist, was von Gesetzes wegen nötig ist, also Warnung bei Überschreitung des Tempolimits, ein Notbremsassistent und ein Spurassistent. Letzterer funktioniert ohne Probleme, hält das Auto aber bloss in der Spur und nicht in der Spurmitte, wie das heutige Systeme üblicherweise tun. Man wolle sich nicht von anderen vorschreiben lassen, was man in den Fahrzeugen zu verbauen habe, rechtfertig Xavier Martinet vorbeugend ein möglicherweise schlechtes Abschneiden bei den Euro-NCAP-Tests mangels serienmässiger Sicherheitssysteme. Darüber entscheide alleine der Kunde und der sei in vielen Fällen genervt von dem ganzen Gepiepse in neuen Autos. Ohnehin dienten die meisten dieser Assistenten gar nicht der Sicherheit, sondern dem Komfort. Wie bei den neuen Renault-Modellen auch lässt sich die präferierte Konfiguration der Assistenzsysteme abspeichern und über einen Schnellwahl-Knopf einfach aktivieren – beziehungsweise eben deaktivieren.
Eingebettet ist das alles in ein Hartplastik-Cockpit, das aufgelockert wird durch kupferfarbene Elemente, gemusterten Recyclingkunststoff und einen grossflächigen Duster-Schriftzug auf dem Armaturenbrett. Besondere Freude hat der Hersteller auch am You-Clip-System, den vielseitigen Haltevorrichtungen, die überall im Innenraum verteilt sind und an denen sich Handyhalterung, Becherhalter, Kleiderhaken oder Taschenlampen befestigen lassen.
Preiswert
Was für die Dacia-Kunden essenziell ist, ist natürlich der Preis. Und da ist der Dacia Duster weiterhin so gut wie ungeschlagen. 24 290 Franken kostet die Basisversion mit 130-PS-Mildhybrid, Vorderradantrieb und manuellem Sechsganggetriebe. Wobei in der Schweiz die Basisversion bereits die Topausstattung ist, günstigere Ausstattungslinien werden gar nicht erst angeboten. So hat der Kunde die Wahl zwischen den Linien Journey und Extreme – die eine ist auf Coolness auf der Strasse ausgelegt, die andere auf den standesgemässen Auftritt abseits des Asphalts mit einer rustikaleren Optik und mehr Bodenfreiheit. Nicht von der Ausstattung abhängig ist der Allradantrieb, der sowohl für Journey als auch für Extreme verfügbar ist.
Nicht erhältlich allerdings ist dieser in Kombination mit dem 140-PS-Vollhybrid. Bei Dacia geht man davon aus, dass sich rund die Hälfte der Kunden für diese Antriebsvariante entscheidet, allerdings zeigte diese in der Praxis gewisse Schwächen. In einem ersten Praxistest erwies sich zwar der Vollhybrid im Stadtverkehr als deutlich sparsamer als der Mildhybrid, auf der Landstrasse hingegen liegen beide nahezu gleichauf. Dazu kommt das CVT-ähnliche Verhalten des kupplungslosen Klauengetriebes, das bei erhöhter Leistungsanforderung die Motordrehzahl in die Höhe schnellen lässt. Das Handschaltgetriebe hinterlässt hier einen deutlichen stimmigeren Eindruck.
Die andere Hälfte der Kunden wird sich gemäss Erwartungen von Dacia für die schwächere Motorisierung in Kombination mit dem Allradantrieb entscheiden, der Fronttriebler wird eine Randerscheinung bleiben. Verständlich, schliesslich macht der 4×4 auch abseits befestigter Strassen eine gute Figur. Schotterwege, Schlaglöcher und Steigungen nimmt der Duster ohne Probleme, und die grosszügige Bodenfreiheit und kurze Überhänge verhindern ein Steckenbleiben auch unter erschwerten Bedingungen, wie der Rumäne auf den ersten Testfahrten bewies. Verschiedene Fahrmodi für verschiedene Untergründe helfen ausserdem mit, immer optimal unterwegs zu sein. Und den Offroad-Screen, der im Infotainment die Schräglage des Fahrzeuges anzeigt, hat man sich bei echten Geländewagen abgeschaut.
Wiederverwendet
Die Nachhaltigkeitsziele, denen sich die Renault-Gruppe verschrieben hat, gelten natürlich auch für die Untermarken, sodass man im Duster auf wiederverwendete Materialien setzt. Und das mit einem Recycling-Logo auf den vorderen Kotflügeln auch stolz zeigt. Nötig wäre das sicher nicht, aber es ist eines dieser netten Details, die den Coolness-Faktor ausmachen. Und es passt perfekt in die «Reduziert aufs Wesentliche»-Philosophie, die Dacia pflegt. Man kauft mit einem Dacia nicht mehr Auto als man braucht, man verwendet nicht mehr Ressourcen als unbedingt nötig. Das widerspiegelt sich auch im angesichts der kompakten Dimensionen grosszügigen Innenraum. Einzig der Kofferraum fällt mit 410 Litern etwas knapp aus, in den Versionen mit Hybrid- oder Allradantrieb schrumpft dieser sogar noch weiter.
Apropos Allradantrieb: Der neue Duster baut auf der CMF-B-Plattform auf und erhält als erstes und bisher einziges Modell auf dieser Basis einen echten 4×4. Die Rolle des Zweitverwerters im Konzern hat Dacia damit endgültig abgelegt.
Fotos: Dacia
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