Dynamisch Nach langem Warten steht der Tavascan nun endlich vor der Markteinführung. Wir konnten das nächste eigenständige Cupra-Modell schon fahren – und sind angetan.
Nach dem Formentor und dem Born ist der Tavascan Cupras dritter Streich auf dem Weg zur Eigenständigkeit. Schon 2019 wurde das SUV-Coupé als Konzept vorgestellt, im vergangenen Jahr dann statisch präsentiert (s. AR 46/2023) und kommt nun diesen Spätsommer, fünf Jahre nach dem ersten Kontakt, zu den Händlern. Die Designer sind nicht verantwortlich dafür, dass es so lange gedauert hat. Sie waren ja schon letztes Jahr fertig und hatten sich allgemein sehr nahe am ursprünglichen Showfahrzeug orientiert. So sieht man sich einem betont muskulösen Modell gegenüber, das während unserer Probefahrten in und um Barcelona (E) zahlreiche Blicke auf sich zog. Die nach oben verlaufenden Scheinwerfer mit dreifach dreieckiger Lichtsignatur gehören sicher zu den Blickfängen, das Heck wirkt mit schmalem Leuchtenband und ebenso dreieckszelebrierenden Rücklichtern im Vergleich etwas filigraner. Der Gesamteindruck der Linienführung darf als sportlich-elegant bezeichnet werden, wobei die markanten Falze auf der Motorhaube die Dynamik akzentuieren. Und natürlich die hinterleuchteten Cupra-Logos.
Individualität im Interieur
Wie das Aussendesign birgt auch die Interieurgestaltung keine wirklichen Überraschungen mehr. Die schlank gezeichnete Cockpitlandschaft mit scheinbar schwebendem Armaturenbrett, dünnen Lüftungsschlitzen und einer Mittelkonsole in Y-Form, die das Ganze trägt, haben AR-Leser schon gesehen. Neben dem inflationären Einsatz der Hausfarbe Kupfer wurde besonderes Augenmerk auf das Innenbeleuchtungskonzept gelegt. Mit reichlich LED-Technologie bis in die Türverkleidungen will sich Cupra von den Mitbewerbern abheben. Auch von jenen in der eigenen Familie, denn der Tavascan basiert auf dem Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) des VW-Konzerns und teilt sich somit viel Technik mit dem VW ID.4 respektive VW ID.5 oder dem Skoda Enyaq.
Eigenständigkeit: Trotz der engen Verwandtschaft mit anderen MEB-Modellen des VW-Konzerns wirkt der Tavascan auch im Innern sehr individuell. Vor allem das LED-Leuchtkonzept, das sich bis in die Türverkleidungen zieht, das scheinbar von der Y-förmigen-Mittelkonsole getragene Armaturenbrett und der grosse 15-Zoll-Zentralbildschirm gefallen. Platz gibt es konzeptbedingt reichlich.
Im Interieur sieht man diese Verwandtschaft am ehesten beim relativ spärlich dimensionierten Instrumentendisplay (5.3 Zoll), das aber wie bei ID.4 und Konsorten von einem Head-up-Display mit Augmented-Reality-Funktionalität ergänzt wird. Ansonsten brachte Cupra tatsächlich viel Eigenständigkeit ins Spiel. Sogar beim leicht zum Fahrer gedrehten Infotainmentbildschirm, der mit einer Diagonale von 15 Zoll nicht nur mindestens zwei Zoll grösser ist als bei VW und Skoda, sondern auch ein weitgehend individuelles Bedienkonzept verfolgt. Klar, die Grundsoftware teilt man sich mit den Brüdern, aber Cupra konnte für den Tavascan natürlich schon die erneut weiterentwickelte Version (5.0) verwenden und hat über diese ein eigenes Layout gelegt. Besonders gelungen ist die vielfach belegbare Favoritensymbolleiste, mit der sich ähnlich wie bei einem Smartphone verschiedene Funktionen blitzschnell an- und ausschalten lassen – etwa der Tempolimitwarner.
An der Front des 4.6 Meter langen Tavascan stechen die Scheinwerfer mit dreieckiger Lichtsignatur und der Haubenfalz ins Auge. Die Farbe Tavascan-Blue ist exklusiv für dieses Modell reserviert.
Knöpfe und Tasten sucht man im Tavascan weitgehend vergeblich, ausser auf dem Lenkrad, wo die Anordnung aber nicht unbedingt das Gelbe vom Ei ist. Und auch die haptische Rückmeldung könnte besser sein, selbst die sonst oft kritisierten Slider-Regler für die Temperatur- und Lautstärkeeinstellung geben hier weniger Anlass zum Nörgeln. Stichwort Lautstärke: In der Schweiz fahren alle Tavascan serienmässig mit einem 425-Watt-Sennheiser-Soundsystem vor, das sich für diese Fahrzeugklasse sehr gut anhört und derart individuell kalibrieren lässt, dass sogar ein professioneller Toningenieur verblüfft sein dürfte.
Sport ist Trumpf
Es ist das erklärte Ziel von Cupra, mit dem Tavascan nicht nur die mutigste, sondern auch die sportlichste Interpretation der MEB-Plattform anzubieten. Dazu gehört natürlich ein adäquates Gestühl, das standardmässig aus Sportschalensitzen für die erste Reihe besteht. Sie sind entweder mit Textilstoff oder Mikrofaser bezogen, die Spitze bilden demnächst die noch griffigeren Cup-Bucket-Sitze mit Lederbezug und Sitzbelüftung.
Wie schon der Cupra Formentor ist auch der neue Tavascan ein SUV-Coupé. Die Unterschiede
sind trotzdem deutlich, nicht nur technisch, sondern auch optisch – etwa beim Licht am Heck.
Auch sonst wurde die DNA des Modells klar in Richtung Sport getrimmt, speziell beim Fahrwerk. Die vorderen MacPherson-Federbeine sowie die Mehrlenker-Hinterachse wurden verfeinert, im Verbund mit der straffen Federung und der serienmässigen Progressivlenkung ergibt sich ein durchaus dynamisches Fahrgefühl, welches das Lebendgewicht von rund 2.2 Tonnen beinahe vergessen macht. Wie ausgeprägt die Sportlichkeit ist, kann vom Fahrer mittels der adaptiven Fahrwerksregelung (DCC) aktiv bestimmt werden.
Für die Testfahrten stand ausschliesslich die Topausführung VZ mit Allradantrieb bereit. Sie hat genau die gleiche Leistung wie die Sportversionen von VW ID.4 (GTX) und Skoda Enyaq (RS), also insgesamt 250 kW (340 PS). Hinten werkelt ein 210 kW starker permanenterregter Synchronmotor, vorne ein 80-kW-Asynchronmotor. Das Aggregat über der Hinterachse kann 545 Nm abgeben, der Frontmotor steuert nochmals 134 Nm bei. Das System ist also hecklastig ausgelegt, was dem Fahrvergnügen äusserst zuträglich ist. Der Spurt von 0 auf 100 km/h soll in 5.5 Sekunden erledigt sein. Glauben wir.
Wer lieber noch etwas mehr Reichweite statt maximale Performance möchte, kann zur Einstiegsversion Endurance greifen, die nur den Heckmotor besitzt, somit also 210 kW (286 PS) leistet. Beide Varianten verfügen über einen Akku mit 77 kWh nutzbarer Kapazität, der Endurance soll mit diesem noch ein wenig weiter kommen als der VZ, nämlich 542 statt 512 Kilometer. Glauben wir beides nicht so richtig, mindestens 400 Kilometer liegen aber sicher immer drin. Preislich startet das spanische Sportstudio, das allerdings in China vom Band läuft, als Endurance bei 55 200 Franken. Die Bestellbücher sind ab 7. Juni offen, erste Auslieferungen sind für September geplant.
Born VZ: Hecktriebler mit 326 PS
Anlässlich der Fahrveranstaltung für den komplett neuen Tavascan hat Cupra auch einen alten Bekannten mit neuen Performancequalitäten gezeigt. Der Cupra Born VZ bildet ab Herbst die Speerspitze im Portfolio des spanischen VW-ID.3-Klons. 240 kW (326 PS) und 545 Nm Drehmoment werden alleine auf die Hinterräder losgelassen und beschleunigen den Stromer in 5.6 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Abgeregelt wird erst bei 200 km/h, 40 km/h später als bei den schwächeren Born-Versionen. Zudem erhält der VZ einen optimierten Akku mit 79 kWh Nettokapazität (+2 kWh), die für eine WLTP-Reichweite von deutlich über 500 Kilometern gut sein soll. Die maximale Ladeleistung liegt mit 185 kW über jener des Tavascan (135 kW), wo die Ingenieure laut Angaben von Cupra besonderen Wert auf konstante Leistung gelegt haben. Das Resultat am Schnelllader ist dasselbe: Wie der Tavascan braucht auch der Born VZ rund eine halbe Stunde, um den Akku von zehn auf 80 Prozent zu füllen. Bestellbar ist der schnelle Born ab 7. Juni 2024, die Preise sind noch nicht bekannt. sto