Erste Fahrt Mit dem Elroq erweitert Skoda sein Elektroportfolio um ein Kompakt-SUV. Wir konnten bereits eine Runde damit drehen.
Klaus Zellmer ist ein Freund klarer Worte. «Die Zukunft ist rein elektrisch, daran gibt es keinen Zweifel», sagt der Skoda-Chef strikt. Und das in einer Zeit, in der viele Autohersteller fleissig damit beschäftigt sind, von einst geäusserten Statements in diese Richtung wieder zurückzurudern. Klar, es ist ein schwieriges Umfeld, in dem die Konzerne derzeit operieren müssen, herausfordernder als je zuvor. Da die Autohersteller in langen Zyklen denken sowie entsprechend planen und investieren müssen, sind sie auf stabile Leitplanken angewiesen. Ändert sich die politische Landschaft, wie kürzlich bei den jüngsten Europawahlen, kann sich die Ausgangslage für sie von heute auf morgen um 180 Grad drehen. Da können die grossen Ankündigungen von gestern schnell zur Peinlichkeit von heute werden.
Hinzu kommt das Kaufverhalten der Kundschaft – und die scheint in grossen Teilen Europas gesättigt zu sein vom Elektroantrieb. Zwar stieg in der EU der Absatz von Elektroautos in den ersten fünf Monaten des Jahres im Vergleich zur Vorjahresperiode noch leicht um zwei Prozent an, doch in Ländern wie Deutschland (–16 %), Italien (–19 %) oder Schweden (–21 %) sind starke Einbrüche zu verzeichnen. Auch in der Schweiz ist der Absatz von E-Autos im laufenden Jahr rückläufig, wenn auch mit einem Minus von 4.3 Prozent nicht ganz so dramatisch. Für Skoda-Chef Zellmer ist es daher wichtig, dass die Kunden weiterhin die Wahl haben, welche Antriebsform sie kaufen wollen – solange das gesetzlich eben noch möglich ist. Deshalb hat der Hersteller in diesem Jahr seine Flaggschiffmodelle Kodiaq und Superb komplett neu aufgelegt und zudem den Kassenschlager Octavia und die Kompaktmodelle Scala und Kamiq aufgefrischt. Sie alle sind mit Verbrennungsmotoren ausgestattet.
Sechs neue Stromer
Gleichzeitig geben die Tschechen nun im Elektrobereich
richtig Gas. Bisher hat die VW-Tochter mit dem bereits seit 2020
erhältlichen E-SUV Enyaq und dessen Coupévariante erst eine elektrische
Baureihe im Angebot, nun sollen ihr aber in den kommenden Jahren fünf
neue Modelle zur Seite gestellt werden. Der Enyaq selbst wird 2025
komplett neu aufgelegt. 2026 startet der kleine Crossover Epiq, gefolgt
von einem grossen Siebensitzer-SUV, das mit der Studie 7S bereits
angekündigt wurde, und – natürlich – einem Kombi, vermutlich einem
Elektropendant des Bestsellers Octavia. Den Abschluss macht ein
elektrischer Kleinwagen auf Basis des kommenden VW ID.2, der quasi ein
elektrischer Fabia wird. Als erstes kommt aber 2025 das Kompakt-SUV
Elroq, das wir in noch getarntem Prototypenstadium erproben konnten –
mit Skoda-Chef Klaus Zellmer auf dem Beifahrersitz.
«Die Erweiterung unserer elektrischen Modellpalette auf
mehrere attraktive Segmente bildet ein Schlüsselelement unserer
Strategie und damit auch für den weiteren Erfolg von Skoda», sagt
Zellmer. Die Kunden hätten eine kompaktere Version des beliebten Enyaq
verlangt – «und der Elroq ist genau das». Der neue Stromer ist mit einer
Länge von 4.49 Metern das Elektropendant zum Karoq, und genauso setzt
sich auch sein Name zusammen: Die ersten zwei Buchstaben von Electric
und die letzten drei von Karoq ergeben Elroq. Optisch und technisch hebt
sich das neue Modell allerdings deutlich von seinem Verbrennerbruder
ab.
Mit Skoda-Chef Klaus Zellmer (rechts) im Gespräch.
Der Elroq sei ein Meilenstein im BEV-Portfolio des
Herstellers, auch weil er als erstes Modell die neue Designsprache der
Marke namens Modern Solid in die Serie einführe. «Schon auf den ersten
Blick ist klar, dieses Fahrzeug steht für etwas Neues.» Ausserdem biete
der Elroq die perfekte Balance aus Grösse, geräumigem Innenraum und
elektrischer Reichweite, ist der Deutsche überzeugt. Immerhin über 560
Kilometern sollen gemäss WLTP möglich sein – das ist eine Ansage.
Geladen wird mit bis zu 175 kW (DC) und 11 kW (AC). Zudem zeichne sich
das neue Modell durch fortschrittliche Technologien und Assistenzsysteme
aus, die die Kundschaft zu schätzen wüssten.
Platz en Masse
Tatsächlich ist der kompakte Elroq ein Hingucker –
neben dem mit Tarnfolie beklebten Prototyp, der zur ersten Probefahrt
bereitstand, konnten wir das neue Modell bereits auch ungetarnt in
Augenschein nehmen. Während das Kompakt-SUV in der Heckansicht dem
grösseren Bruder Enyaq noch sehr ähnlich sieht, hat sich das Design der
Frontpartie komplett verändert. Ein Tech-Deck-Face genanntes, schwarz
glänzendes, geschlossenes Panel, das sich anstelle eines Kühlergrills
über die Front zieht, wird von zwei sehr schmalen, in je vier Segmente
unterteilten LED-Streifen eingerahmt, die die Funktion von Tagfahrlicht,
Blinker und Standlicht übernehmen. Darunter finden sich je zwei
LED-Module für Abblend- und Fernlicht (in der Topversion mit
LED-Matrixscheinwerfern).
Anstelle des beleuchteten Crystal-Kühlergrills des
Enyaq bietet der Elroq in der Topversion eine Art Lichtleiste aus
einzelnen LED-Strichen, die sich quer über das Tech-Deck ziehen – das
ist wirklich sehenswert. «Auf diese Weise ist es uns gelungen, ein neues
Konzept für die Frontansicht zu konzipieren, aber gleichzeitig auch auf
bekannte Skoda-Linien zu verweisen», meint Chefdesigner Oliver Stefani.
Und er verrät: «Das Tech-Deck-Face wird das zukünftige
Design-Markenzeichen von Skoda sein.»
Im Innenraum fallen zunächst zwei Dinge auf: Das
Raumangebot ist äusserst grosszügig, und die Ausstaffierung wirkt
elegant und hochwertig. Besonders im Fond sind Kopf- und Fussraum
erstaunlich gut. Der gut zugängliche Kofferraum, mit diversen «Simply
clever»-Features wie einem doppelten Ladeboden oder variablen
Gepäcknetzen ausgestattet, fasst 470 Liter und kann durch Umklappen der
Rücksitze auf 1580 Liter erweitert werden. Das Cockpit mit einem kleinen
Fünf-Zoll-Bildschirm hinter dem Lenkrad und einem grossen,
freistehenden 13-Zoll-Touchscreen wird jedem Enyaq-Fahrer sofort
vertraut sein. Je nach Ausstattungsvariante kommen Stoffe aus
rezyklierten Materialien zum Einsatz. So sind etwa Sitze,
Türverkleidungen oder der Armaturenträger mit Recytitan bespannt, einem
Gewebe, das zu 78 Prozent aus wiederverwerteten PET-Flaschen besteht.
Drei Varianten
Die technische Basis des Elroq liefert die inzwischen
wohlbekannte MEB-Plattform des VW-Konzerns, auf der auch der 17
Zentimeter längere Enyaq aufbaut. Noch veröffentlicht Skoda keine
detaillierten technischen Daten, doch die verfügbaren Antriebsvarianten
sind bereits bekannt. Der Elroq wird in der Schweiz in den
heckgetriebenen Versionen 60 und 85 mit 150 kW (204 PS) respektive
210 kW (286 PS) Leistung sowie in der zweimotorigen Allradvariante 85x
mit 220 kW (300 PS) angeboten. Die Basisvariante ist mit einer
63-kWh-Lithium-Ionen-Batterie ausgestattet und schafft einen Topspeed
von 160 km/h, die beiden stärkeren Ausführungen haben einen 82-kWh-Akku
und fahren maximal 180 km/h schnell. Die in einigen Ländern verfügbare
Einstiegsvariante 50 mit 55-kWh-Batterie und 125 kW (170 PS) Leistung
wird in der Schweiz nicht angeboten werden.
Auf der ersten kurzen Ausfahrt rund um Amsterdam erwies
sich der Elroq, notabene noch im Vorserienstadium, als komfortables und
wendiges SUV. Dabei kann schon mal das Raumempfinden
durcheinandergeraten: Aufgrund des generösen Platzangebots wähnt man
sich in einem grösseren Fahrzeug, als es der Tscheche mit einer Länge
von 4.49 Metern tatsächlich ist. Gleichzeitig fühlt er sich kompakter
an, was sich anhand des Wendekreises von lediglich 9.7 Metern
verdeutlichen lässt. Das ist auf Niveau des Kleinwagens Fabia.
Nicht ausprobieren konnten wir die zahlreichen
Assistenzsysteme, darunter erstmals ein Parkassistent, der sowohl das
fernbediente Einparkieren via Smartphone-App als auch das autonome
Navigieren bis auf die Parkfläche aufgrund des abgespeicherten Fahrwegs
ermöglicht. Vertiefte Fahreindrücke werden erst mit der Serienversion
möglich sein, die im Oktober Weltpremiere feiert. Auch Preise wird man
frühestens dann erfahren – Skoda-Chef Zellmer verspricht allerdings,
dass sie «wie gewohnt» auf einem konkurrenzfähigen Niveau sein werden.