Als der ID.Buzz vor zwei Jahren vorgestellt wurde, gab es ihn nur als Fünfsitzer, für einen Van ein Manko. Nun reicht VW den langen Radstand und mehr Sitze nach – und mehr Leistung im GTX!
Der ID.Buzz hätte fliegen können, die Idee eines elektrischen Abenteuer- und Familienvans schien dem Autor ein Grund, dass VW gut daran getan hätte, als erstes Modell statt des gar vernünftigen ID.3 doch besser den ID.Buzz zur Lancierung des Elektroprogramms auf den Markt zu bringen. Vanfahrer scheinen offener für neue Technik und alternative Lösungen. Das Handicap des ID.Buzz – nebst seinem erhabenen Preis – war aber die Tatsache, dass nur fünf Plätze zur Verfügung standen. Wir wollen es hier unterlassen, von einem Fail zu sprechen, doch die Dauer, bis der lange ID.Buzz hinzugekommen ist, erstaunt.
Dennoch soll nun der Blick nur noch nach vorne gerichtet sein und damit die Feststellung verbunden, dass VW nun sogar zwei Varianten des Mehrsitzers anbietet. Es gibt einen Sieben- wie auch einen Sechsitzer des LWB (Long Wheel Base). Beim Sechssitzer gibt es in der zweiten Reihe zwei Einzelfauteuils, beim Siebensitzer eine Sitzbank. Dank des längeren Radstands ist dazu auch der Einbau einer grösseren Batterie möglich. So gibt es auch einen Speicher mit 86 kW Kapazität. Beim sportlicheren GTX mit zwei Motoren – auch auf ihn werden wir noch zu sprechen kommen – ist sogar nur der grosse Akku erhältlich.
Länge läuft
Kurz nach der Abfahrt zeigt sich die noch souveränere Art des Fahrens mit dem langen Radstand. Der ID.Buzz scheint die Strassenoberfläche zu plätten, die Aufbaubewegungen bleiben gering, der tiefe Schwerpunkt des Vans ist deutlich spürbar, wenn mit Schwung um Kurven gefahren wird. Ebenso deutlich spürbar ist allerdings das erhabene Leergewicht der grossen Buzz von bis zu 2.7 Tonnen. Das lässt er auch in die Lenkung durchdringen, die nie locker aus dem Handgelenk zu bedienen ist, sondern stets ordentliches Zupacken erfordert. Immerhin hilft das knuffige Lenkrad dabei. Was man ebenfalls sehr schnell bemerkt, ist das überarbeitete Infotainment. Wer sich damit anfreundet und eingewöhnt, ist schnell zielsicher unterwegs. Einzig für die Klimatisation wären Schalter nach wie vor hilfreich.
Beim Sechssitzer gibt es in Reihe zwei einzelne, umklappbare Sessel.
Der lange Buzz bietet dazu auch eine eigene Klimaanlage für die Hinterbänkler, zu bedienen seitlich über den Fenstern und mit eigenen Ausströmern. Für Wohlbefinden sorgen auch die bequemen Sitze, zum Glück gibt es vorne auch türseitig Armlehnen, jene in den Türen wären viel zu weit weg. Beim Sechssitzer müssen hinten in der Mitte keinerlei Abstriche gemacht werden, doch auch in der letzten Reihe ist der Sitzkomfort ganz passabel. Erfreulich ist dabei auch das Volumen des Kofferraums, der selbst voll besetzt das Gros des mitgeführten Gepäcks aufnehmen dürfte. Am Rande erwähnt VW übrigens, dass es künftig auch den normalen ID.Buzz mit dritter Sitzbank geben wird, hier dürften die Abstriche beim Kofferraum allerdings erheblich grösser ausfallen.
Allrad und mehr Leistung
Zur Variante mit langem Radstand gesellt sich auch die zweimotorige GTX-Version neu zur ID-Buzz-Modellpalette hinzu. Damit wird der E-Van einem weiteren, länger gehegten Wunsch der Kundschaft gerecht: Allradantrieb. Selbst wenn der ID.Buzz kaum je abseits befestigter Strassen bewegt werden soll, ist es mit vier angetriebenen Rädern möglich, auch etwas weiter vorzudringen, um einen schönen Stellplatz zu finden. Oder er kann künftig auch Aufgaben als Hotelshuttle im Skigebiet erfüllen oder als Behördenfahrzeug mit erhöhter Einsatzfähigkeit dienen. Als netten Nebeneffekt gibt es beim GTX natürlich auch eine höhere Leistung von 340 PS gegenüber den 286 PS der einmotorigen Version.
Der ID.Buzz GTX bringt endlich Allradantrieb mit.
Auch die Ladeleistung wurde erhöht, der GTX lässt sich mit bis zu 200 kW laden. Da das Fahrzeug noch nicht homologiert ist, gibt es auch noch keine verbindlichen Angaben zur Reichweite des Power-Vans. Gewiss ist, dass auch der stärkste ID bei einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h abgeriegelt wird, was für den Schweizer Markt aber ohnehin kaum von Belang sein dürfte. Umso spannender ist hingegen die Anhängelast des GTX von 1800 Kilogramm. Damit steht dem Ziehen eines Pferdeanhängers oder eines geräumigen Familienwohnwagens wenig im Weg. Die Reichweite des GTX – bei der Variante mit Heckantrieb und der neuen 79-kWh-Batterie nennt das Werk bis zu 461 Kilometer nach WLTP – wurde noch nicht kommuniziert.
Erfreulich
Mit der Erweiterung des Modellprogramms sucht Volkswagen weitere mögliche Kunden für den ID.Buzz zu gewinnen, der Weg führt vorerst noch weiter nach oben, was den Preis und die Leistung anbelangt. Die People-Carrier, die Mehrsitzer, waren lange ein echtes Manko und dürften den ID.Buzz auch für kommerzielle Anwender, Taxi- und Shuttledienste attraktiver machen. Wer allerdings weniger Ansprüche stellt und kürzere Strecken zurücklegen muss, mag in den preislich doch recht hoch angesiedelten Vans keine echte Alternative erkennen. Spannend ist hingegen die Erwartung nach noch mehr kommerziellen Anwendungen der Modelle mit langem Radstand, quasi der Handwerkerversion des LWB mit der grossen Batterie, also einem möglichen LWB-Cargo. Man darf gespannt sein.
Unter dem herausnehmbaren zweiten Ladeboden stecken herausziehbare Fächer.
Der ID.Buzz wirkt zwar noch stark wie ein Lifestyleprodukt und weniger wie eine echte Alternative zum dieselgetriebenen, zweckorientierten Lastentransporter und Familien-Vielzweckauto. Als PW schlägt er sich hingegen überzeugend und ist eine echte Alternative zu einem grossen SUV. Immerhin bleibt auch der LWB mit einer Gesamtlänge von 4962 Millimetern unter der magischen Grenze von fünf Metern. Der elektrische VW-Bus erntet auf der Strasse sehr viele Sympathien, kein Wunder bei den stilistischen Zitaten des Ur-Bullis T1. Und historisch betrachtet ist es verzeihlich, dass eine weitere Karosserievariante so lange auf sich warten liess. Schon beim T1 von 1950 dauerte es knapp drei Jahre, bis zum Kastenwagen und Kombi eine Pritsche hinzu kam.