Test Peugeot E-5008: Mehrwert generieren

Martin Sigrist | 11.07.2024

Familien-SUV Der Peugeot 5008 wird zusammen mit seinem kleineren Bruder 3008 auf demselben Band in Sochaux gebaut. Den wichtigen Unterschied findet man ab der B-Säule des 5008.

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Bei Peugeot respektive Stellantis hat man sich von Anfang an um Plattformen bemüht, die sowohl Verbrenner- wie Elektroantriebe aufnehmen können. Damit sollte vermieden werden, dass wechselnde Nachfragen nach den einzelnen Antriebsvarianten zu Produktionsproblemen führen. Die Kehrseite ist hingegen, dass bis anhin die E-Versionen der Franzosen nicht so richtig zu begeistern vermochten, weder bezüglich ihrer Leistung noch im Hinblick auf die zu erzielenden Reichweiten. Mit dem Peugeot e-5008 scheinen sich die Dinge zum besseren zu wenden, denn die Leistungsdaten sind sehr vielversprechend. So nennt Peugeot für die Version mit grosser 96-kWh-Batterie bis zu 660 Kilometer Reichweite, als Antrieb stehen derweil drei verschiedene E-Motorkonfigurationen zur Verfügung: zwei Frontmotoren mit 213 respektive 231 PS für die Long-Range-Variante und zu einem späteren Zeitpunkt auch eine zweimotorige Ausführung mit 320 PS Systemleistung. Dazu sind, als Verbrenner, ein 136-PS-Mildhybrid und ein 195-PS-Plug-in-Hybrid verfügbar.

Wie Peugeot betont, soll derweil der grosse Verbrenner dank uneingeschränkten Tankvolumens auch als reiner Verbrenner ordentlich weit fahren können. Doch noch wichtiger als die reinen Reichweiten sind beim Peugeot 5008 die Ladekapazitäten im Innenraum oder, besser noch, die Anzahl der Plätze. Denn der 5008 ist eine Siebensitzer, ein überaus kompakter People-Carrier übrigens. Mit nur 4.79 Metern Gesamtlänge steht er ziemlich einzigartig in der Landschaft. Das Gepäckvolumen bei drei Sitzreihen liegt dann zwar nur noch bei 348 Litern, allerdings ist dies noch immer eine respektable Grösse für ein reines Elektrofahrzeug, das ja auch noch seine Batterie irgendwo unterzubringen hat. Ist die hinterste Sitzreihe abgeklappt, sind es 916 Liter Stauraum, maximal bietet der Peugeot eindrückliche 2232 Liter Laderaumvolumen.

Dicht gepackt

Um bei solchen Dimensionen den Zugang zur hintersten Sitzreihe einigermassen akzeptabel zu gestalten, haben sich die Ingenieure einiges einfallen lassen. So lassen sich die mittleren Sitze vorklappen und zusätzlich nach vorne schieben. Wer auf der hintersten Sitzreihe Platz nehmen soll, ist für Peugeot recht eindeutig: Kinder mittleren Alters. Denn Isofix-Befestigungen für Babysitzschalen oder Kindersitze für den etwas älteren Nachwuchs gibt es nur auf der mittleren Sitzbank, da, wo man es auch schafft, zappelnde Dreikäsehoch ordentlich zu sichern. Selbstverständlich lassen sich aber auf allen Plätzen auch mit den Dreipunktgurten Kindersitze installieren. Mit seinen drei Sitzreihen Steht der Peugeot 5008 in einer langen Tradition des Löwen aus Sochaux (F).

Armand Peugeot war ein Familienmensch, er hatte fünf Kinder, bereits 1894 (!) also vor genau 130 Jahren präsentierte er einen ersten Break, den Typ 10, einen hochbeinigen Wagen ohne Pferde für fünf Personen, angetrieben von ­einem Daimler-Einzylindermotor. Vier Jahre später bot der Typ 18 bereits acht Sitzplätze. In den 1930er-Jahren wurden Peugeots Familienkutschen mit dem 402 Familiale aerodynamisch. Und nach dem Zweiten Weltkrieg, als es kinderreichen Familien möglich war, mit staatlichen Zulagen einen anständigen Zuschuss zum Budget zu erhalten, machte der 203 als Familiale die Grossfamilien im Hexagon und in den ehemaligen Kolonien mobil. Das Verschwinden des 505 und der neue Minivan 806 bedeuteten das Ende der vielsitzigen Peugeot-Kombis.

Nicht zu viel, nicht zu wenig

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Peugeots neue i-Cockpit-Generation ist aufgeräumter und digitaler.

Ob Kombi oder Minivan, der neue 5008 zeigt im Vergleich dazu ein sehr effizientes Package. Salopp formuliert ist er ein 3008, den man ab der B-Säule neu gezeichnet hat. Dazu gehört ein um rund 16 Zentimeter verlängerter Radstand, der unter anderem mit 15 Zentimetern einem verbesserten Einstieg durch die hinteren Türen und natürlich dem gewachsenen Innenraum zugutekommt. Dazu ist das Dach wesentlich weiter nach hinten gezogen als beim 3008. Optisch bedient sich Peugeot dabei eines Tricks mit einer seitlichen, gebürsteten Aluminiumblende, die der recht steil stehenden C-Säule und damit dem ganzen Wagenheck optisch eine deutlich nach vorne geneigte, weniger kubische Form verleiht. Der Trick ist sehr gelungen. Zudem bringt die stark nach aussen gewölbte Heckklappe zusätzliches Ladevolumen. Sicken und Kanten brechen dazu die hohen Flanken des Wagens, sie sind ein Zugeständnis an die unter dem Auto verbaute Batterie, welche den Innenraum weiter nach oben rücken lässt. Im Übrigen entspricht der 5008 dem neuesten Familienbild der Peugeot-Modellpalette.

Unter den Besten

Das i-Cockpit findet sich natürlich ebenso im neuen 5008. Den Blick über das Lenkrad hinweg ist man sich schnell gewohnt, die Lenkradposition quasi zwischen den Knien erscheint auf den ersten Metern etwas seltsam, nach wenigen Kilometern Fahrt aber wirkt das Ganze recht natürlich. In den besser ausgestatteten Versionen zieht sich ein 21-Zoll-Bildschirm von der linken Seite vor dem Fahrer bis in die Mitte des Armaturenbretts, das Ganze wirkt sehr aufgeräumt und hat eine gewisse Coolness. Erfreulich ist die Bedienung des Wagens, so sitzen unterhalb des mittleren Bildschirms zehn frei belegbare, sogenannte i-Toggles. Mit diesen Tasten lassen sich oft genutzte Funktionen nach eigenem Gutdünken einrichten, sodass diese nicht dauernd in irgendwelchen Untermenüs gesucht werden müssen.

Die Lenkradtasten sind derweil so gestaltet, dass sie nur auf ausdrücklichen Druck reagieren, hier hat sich Peugeot wohl an Konkurrenzprodukten jenseits des Rheins ein negatives Beispiel genommen. Generell wirkt der Innenraum sehr sorgfältig ausgeführt, dabei ist die Materialwahl mit Stoffapplikationen unterhalb des Armaturenträgers ansprechend und passend zu den Aufgaben des Wagens. Dasselbe gilt für die Sitzbezüge, die beweisen, dass auch ohne das durchaus ebenso verfügbare Leder ein hochwertiger Innenraum möglich ist. Mit Vordersitzen nach AGR-Vorgaben (Aktion Gesunder Rücken) sitzt man in der ersten Reihe hervorragend, auch in der zweiten sitzt es sich ganz kommod – hier lassen sich die Rücklehnen in der Neigung ebenfalls verstellen – und in der dritten immerhin noch akzeptabel als männlicher, ausgewachsener, durchschnittlicher Westeuropäer.

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Über 40 Assistenzsysteme helfen dabei, Unfälle möglichst zu vermeiden.

Beim Fahren schätzt man natürlich das sehr geringe Geräuschniveau, dazu gehört auch die gelungene Unterdrückung allgemeiner Fahrgeräusche von Rädern, Fahrwerk und Karosserie (Wind). Mit dem freien Blick über das Lenkrad fühlt man sich wie in einer Kanzel eines Raumschiffes, was der Peugeot 5008 im Prinzip ja auch ist. Noch fehlen uns die Fahreindrücke mit den Verbrennermodellen, doch nach einem ersten Augenschein mit dem elektrischen 213-PS-Basismodell liegt die Vermutung nahe, dass die elektrischen Versionen des 5008 am besten zur Charakteristik des Wagens passen. Und mit der grossen 96-kWh-Batterie gibt es auch kaum mehr einen Grund für Reichweitenangst. Mit 660 Kilometern nach WLTP, in der Realität dürfte der Wert noch immer jenseits der 500-Kilometer-Marke liegen, fährt der e-5008 mitten unter vergleichbare Verbrennermodelle und positioniert sich unter den besten seines Genres.

Fotos: Peugeot

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