Elektro-Löwen Eher moderat hat Peugeot den E-208 in der Leistung und bei der Reichweite optimiert und reicht mit demselben Antrieb den 308 als E-Modell nach. Inklusive Kombi.
Peugeot sucht die Perfektion in kleinen Schritten. Über die Modelle des B- und C-Segments, den 208 und den 308, liessen die Franzosen kleinere Optimierungen ergehen, die punktgenau da ansetzen, wo die schärfste Kritik zu hören war. Beim Elektromodell des 208 waren dies die Reichweite und die Leistung, die beide am unteren Ende des Spektrums zu finden waren. In Sachen Leistung nennt Peugeot nun 156 PS statt 136, bei der Reichweite gibt es die Verlängerung auf bis zu 410 Kilometer, zumindest in der Theorie, denn diese ist ohne signifikante Erhöhung der Batteriekapazität vonstatten gegangen. Das könnte nun für Ernüchterung sorgen, doch die Ingenieure in Sochaux und besonders am Entwicklungszentrum Vélizy bei Paris haben mit Nachdruck an dem gearbeitet, was ihnen zur Verfügung stand, statt alles nochmals neu zu erfinden. Sie scheinen dies in der Überzeugung getan haben, auf dem richtigen Weg zu sein. Es sind somit keine Nachbesserungen, sondern Weiterentwicklungen.
Starker Auftritt
Bei Stellantis hat man sich in weiser Voraussicht bisher noch nicht auf eine reine Elektroplattform eingelassen. Die freie Wahl der Antriebsart auf derselben Plattform und demselben Produktionsband lässt den Franzosen den nötigen Spielraum, die Anteile der Antriebe der Nachfrage entsprechend zu variieren. Als Nachteil mag man derweil sehen, dass die Autos nicht das allerletzte Wort in Sachen E-Mobilität darstellen. So ist die Batterie in zwei Hauptteile unter dem Wagenboden aufgeteilt, eine Partie sitzt unter der Rückbank, eine zweite unter den vorderen Sitzkonsolen. In Kombination mit Antrieb, Lade- und Steuereinheit unter der Motorhaube ergibt sich dennoch eine ausgewogene Gewichtsverteilung.
Beim grösseren 308 ist die Federung ein Stück straffer ausgelegt, um das Mehrgewicht der Batterien zu stemmen. Im Innenraum ist einzig eine Stufe im vorderen Fussraum zu bemerken. Überhaupt geben sich die beiden E-Autos erfreulich neutral in ihrem Auftritt, die emissionslose Antriebsart bleibt von aussen unbemerkt. Das gilt in manchen Fahrsituationen auch am Lenkrad. Natürlich fahren sich sowohl E-208 wie E-308 sehr geräuscharm und ohne jegliche Vibration. Die Zurückhaltung bei der Leistung lässt aber keine spektakulären Zwischensprints zu, es entsteht eher ein sich mit Nachdruck aufbauender Geschwindigkeitszuwachs wie noch vor wenigen Jahren beim gelungenen PSA-Zweiliter-Turbodiesel, der aus ideellen und politischen Gründen den Abschied gegeben hat.
Mehr Leistung für den Bestseller
Im Hier und Jetzt, elektrisch unterwegs, gefällt aber besonders der 308 mit seiner guten Strassenlage. Die Kombination von Fahrwerk, der guten Lenkung und dem Antrieb beschert ein verblüffend spritziges Fahrerlebnis. Peugeot hat es hervorragend verstanden, die ansonsten eher digitale, gefilterte Art des Elektrofahrens zu vermeiden und dem 308 viel Charakter zu belassen. Und so ist, selbst wenn man das kaum erwarten darf, der E-308 ein durchaus lustvoller Kurvenhobel, nicht zu straff gefedert und mit einem Mass an Leistung versehen, die man gern nutzt, und dabei weiss, dass man sich deswegen kaum in Schwierigkeiten bringt. Der 308 macht somit kaum Aufhebens um die Art seines Antriebs. Die von Peugeot genannten niedrigen Verbrauchswerte von nur 12.7 kWh per 100 Kilometer sind aber theoretischer Natur, typisiert ist der E-308 mit 16.1 kWh (WLTP). Bei unseren Ausfahrten in der reichlich coupierten Topografie des Hinterlandes von Tarragona (E) zeigten sich keine starken Abweichungen zwischen der prognostizierten Reichweite und der effektiven Fahrdistanz. Die nutzbare Kapazität der 54-kWh-Batterie liegt laut Peugeot bei 51 kWh. Als tauglicher Alltagswagen ohne Starallüren hinterliess der elektrifizierte 308 einen guten Eindruck. Der Kombi, die zweite Karosserievariante neben der Kompaktlimousine, macht den Elektro-308 zusammen mit seinem technischen Zwillingsbruder Opel Astra Sports Tourer Electric aktuell zu einer Ausnahmeerscheinung. Damit bringt Stellantis eine valable Alternative zur Flut elektrischer SUV und nutzt nebenbei die dynamischen wie aerodynamischen Vorteile eines klassischen Personenwagens: tiefen Schwerpunkt und geringere Stirnfläche. Der E-Kombi zeigt sich dazu bei der Innenraumvariabilität fast so vielseitig wie seine Geschwister mit Verbrennungsmotor.
Wie der grössere Bruder 308 im C-Segment von Anfang an erhält jetzt auch der kleinere 208 im B-Segment den stärkeren Motor und die geringfügig optimierte Batterie mit neu 51 statt 46.3 kWh nutzbarer Kapazität. Die versprochene Reichweite steigt damit von 360 auf 400 Kilometer nach WLTP. Dies ist vermutlich die wichtigste Neuerung und dürfte den Elektroanteil im Absatz erhöhen. 2022 war der 208 inklusive Verbrenner- und Hybridmodelle das meistverkaufte Auto Europas.
Die Last der Elektronen
Auch beim E-208 ist äusserlich kaum ein Hinweis auf dessen Elektroantrieb zu sehen. Die Wagenfront trägt einen überarbeiteten, riesigen Kühlergrill (sofern ihn so nennen darf) und folgt damit der Modellpflege der gesamten 208er-Palette. Die gefällige, auf überschwängliche Effekthascherei verzichtende Karosserie blieb derweil unangetastet. Im Innenraum ist auch hier kaum eine Einschränkung durch das Batteriepaket festzustellen. Das Konzept der aufgeteilten Module statt eines einzigen, den Wagenboden bildenden Energiespeichers ist auch hier zu finden. Während der 308 auf der EMP2-V1-Plattform aufbaut, nutzt der kompaktere 208 die als CMP bezeichnete Grundeinheit, die etwa auch dem Opel Corsa oder dem zum Auto des Jahres 2023 gewählten Jeep Avenger als Basis dient. Und das ist auch beim Fahren im direkten Vergleich mit dem Peugeot 308 zu spüren. Erstaunlich, der grössere Elektro-308 wirkt eine Spur sportlicher als sein kleiner Bruder!
Der erstarkte E-208 braucht zur Speicherung seiner Energie nur noch 17 Batteriemodule statt deren 18 wie der schwächere Vorgänger. Damit ändert sich am Leergewicht (1585 kg) im Vergleich zum alten Modell aber nichts. In Sachen Dynamik verspricht Peugeot einen um 0.2 Sekunden kürzeren Sprint von null bis hundert, in der Praxis dürfte dies vernachlässigbar sein. Wichtig ist, dass sich durch bessere Batterietechnologie und, wenn auch in kleinen Schritten, optimiertes Batteriemanagement eine Annäherung an (Verbrenner-)Autos realisieren lässt, die sich der Kunde gewohnt war: mit ordentlicher Reichweite und moderatem Gewicht. Einzig in einer wichtigen Disziplin stehen die E-Versionen auch bei Peugeot ihren benzingetriebenen nächsten Verwandten noch signifikant nach, beim Preis. Der neue Peugeot E-208 startet bei uns bei 36 950 Franken und ist zudem momentan nur als Spitzenmodell GT zu haben. Die Frage nach dem Warum bleibt unbeantwortet. Der grössere 308 steht aktuell mit einem Eröffnungspreis von 43 500 Franken in der Liste, den Kombi gibt es ab 44 800 Franken, beide in der mittleren Ausstattungsvariante Allure, es gibt sie aber auch als noch teurere GT.
Problemloser Alltag
Peugeot liefert mit seinen beiden Kompakt-Elektroautos eine praxistaugliche, pragmatische Alternative zum Verbrenner. Der E-208 wie der E-308 sind Autos, wie sie der bisherige Käufer schätzt und sucht. Damit brechen die Franzosen gewiss keine Rekorde, aber sie können womöglich den einen oder anderen davon überzeugen, dass auch mit einem Elektroauto der Alltag problemlos zu meistern ist. Es bleibt zu hoffen, dass der Markt darüber entscheiden wird.