Peter Forrer | 25.04.2024
Sport-Evolution Audi hat den S3 überarbeitet. Sowohl der Sportback als auch die Limousine kommen dem Topmodell RS 3 zum Teil bedrohlich nahe.
Die Verringerung des Respektabstands zwischen S3 und RS 3 ist hausgemacht, denn Audi baut den im Topmodell eingesetzten Torque-Splitter jetzt auch im S3 ein. Dieser ermöglicht die aktive, voll variable Kraftverteilung zwischen den Hinterrädern, was den serienmässigen Quattro-Allradantrieb spürbar aufwertet. Im Verbund mit der veränderten Radgeometrie mit mehr negativem Sturz vorne und der optimierten Progressivlenkung lässt sich die S-Version von Audis Kompaktklassenvertreter fast so dynamisch um die Kurven zirkeln wie das RS-Modell. Besonders das Herausbeschleunigen gelingt mit derart spielerischer Agilität, dass der Abstand zum RS 3 schmilzt.
Auch leistungsmässig nähert sich der S3 seinem grossen, schnellen Bruder an. Der Vierzylinder-Turbo leistet jetzt 245 kW (333 PS), was einem Plus von 17 kW (23 PS) entspricht. Der RS 3 ist mit seinen 294 kW (400 PS) zwar immer noch ein rechtes Stück entfernt, hebt sich antriebstechnisch aber primär durch seinen zusätzlichen Zylinder vom S3 ab. Wer den RS 3 nicht kennt, wird im S3 jedenfalls kaum etwas vermissen. Dafür sorgt auch der zusätzliche Fahrmodus Dynamic Plus, der die Leerlaufzahl des Turboaggregats um 200 Umdrehungen steigert und so eine deutlich direktere Gasannahme ermöglicht. Gleichzeitig werden die Eingriffe des Stabilitätsprogramms minimiert, was auf der Rennstrecke durch eine klare Tendenz zum Übersteuern eine grosse Gaudi garantiert.
Auf mehr Dynamik getrimmt
Auch im Normalbetrieb bietet der überarbeitete S3 jetzt eine bessere Leistungsentfaltung. Der vorgespannte Turbolader wird im Teillastbereich sowie bei geringer und mittlerer Beschleunigung konstant auf Drehzahl gehalten. Parallel wurden das Anfahrmoment beim Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe erhöht und die Schaltzeit bei Volllastschaltungen halbiert. Der Spurt von 0 auf 100 km/h gelingt trotzdem nur marginal schneller als bisher. Beide Karosserieformen, der fünftürige Sportback und die viertürige Limousine, benötigen 4.7 Sekunden – eine Zehntelsekunde weniger als bisher. Der RS 3 ist immer noch um fast eine Sekunde flinker (3.8 s) und rennt zumindest optional auch beim Topspeed 30 oder gar 40 km/h schneller als der S3, dessen Abregelung bei 250 km/h weder für Geld noch gute Worte entfällt.
Ebenfalls nicht für den S3 verfügbar ist die Keramikbremsanlage aus dem RS 3, dafür gibt es aber ab Werk grössere, innenbelüftete Scheiben an der Vorderachse, die 357 Millimeter Durchmesser (+17 mm) aufweisen und mit 34 Millimetern auch vier Millimeter dicker sind als bisher. Zudem gibt es vorne Doppelkolbenbremssättel, die zusammen mit grösseren Belägen und der grösseren Reibfläche der Scheiben eine deutlich höhere Belastbarkeit sicherstellen. Eine noch bessere Verzögerung soll der neue S3 mit den aufpreispflichtigen 19-Zoll-Performance-Reifen erlauben. Von Haus aus ist er auf 18-Zoll-Rädern unterwegs und mit einem um 15 Millimeter tiefergelegten Sportfahrwerk ausgestattet. Optional steht neben den grösseren Rädern auch ein adaptives Sportfahrwerk in der Preisliste, eine weitere Gemeinsamkeit mit dem Audi RS 3.
Wolf im Alltagspelz
Trotz der zahlreichen Verbesserungen, die der S3 im Zuge der Modellaufwertung erfahren hat, bleibt er sich im Kern treu. Er ist ein alltagstauglicher Begleiter im Kompaktformat, dem man seine Performancetalente nicht auf den ersten Blick ansieht. Hier und da hat Audi das Design nachgeschärft, als auffällig oder gar aggressiv würden wir es aber nicht bezeichnen. Am ehesten fällt die Potenz noch beim Blick auf den Hintern auf, wo standardmässig vier Endrohre zum Marsch blasen. Das machen sie aber optisch weit eindrucksvoller als akustisch, denn der Sound der Abgasanlage bleibt eher zurückhaltend. Wer nicht nur in den Augen, sondern auch in den Ohren autoskeptischer Zeitgenossen gerne politisch unkorrekt unterwegs sein will, greift für 5460 Franken Aufpreis zur Performance-Abgasanlage mit Titan-Endrohren.
Womit wir bei den Preisen wären. Der fünftürige Sportback startet in der Grundausstattung bei 66 000 Franken, die Limousine kostet 1500 Franken mehr. Für dieses Geld gibt es einen sinnvoll weiterentwickelten Kompaktsportler, der im Alltag eine genauso gute Figur macht wie beim einen oder anderen Ausflug auf die Rennstrecke. Die punktuell verbesserten Dynamikeigenschaften dürften von den meisten Kunden aber nur selten (oder überhaupt nie) ausgereizt werden, denn die ganz Ambitionierten greifen wohl trotz der S3-Annäherung zum RS 3 auch zukünftig lieber zum Topmodell (ab 78 550 Franken). Damit verzichten sie aber auf das aufgewertete Interieur, das der S3 des Modelljahrs 2025 mitbringt. Während neu gestaltete Luftausströmer, textile Dekoreinlagen und das neue Innenlicht inklusive beleuchteter Cupholder sicher verschmerzbar sind, ist das beleuchtete Stofffeld in den Vordertüren wirklich ein schöner Hingucker. Genauso wie die optional justierbare Tagfahrlichtsignatur. Keine Bange: Der RS 3 bekommt diese Gimmicks später auch noch.
Feinschliff für die Basis und neue Allstreet-Version
Parallel mit dem neuen S3 führt Audi auch den Basis-A3 in überarbeiteter Form ein. Und wie schon beim S3 sind die optischen Veränderungen auf den ersten Blick überschaubar. Der Singleframe-Grill fällt etwas flacher aus als bisher, zudem entfällt der Rahmen. Ausserdem gibt es einen neuen Stossfänger mit grösseren Lufteinlässen und Anleihen beim S3. Auch am Heck will der A3 dank eines neuen Stossfängers mit Diffusor die Sportlichkeit zelebrieren.
Das Motorenangebot kann die Erwartungen, die das sportliche Design weckt, nicht ganz erfüllen. Für die Schweiz gibt es nämlich bis auf Weiteres nur die Variante 35 TFSI mit einem mildhybridisierten 1.5-Liter-Turbobenziner und einer Leistung von 110 kW (150 PS), die entweder über eine Sechsgang-Handschaltung oder von einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe verwaltet wird. Bei Testfahrten in München (D) erwies sich der Antrieb aber als völlig ausreichend, 8.1 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h galten vor nicht allzu langer Zeit als sehr dynamisch. Das Fahrwerk bietet einen guten Kompromiss aus Komfort und Athletik, wer es lieber noch etwas knackiger hat, kann für 290 Franken Aufpreis ein Sportfahrwerk ordern oder gönnt sich für 1370 Franken das adaptive Fahrwerk mit aktiver Dämpferregelung inklusive Fahrmoduswahl Audi-Drive-Select.
Nicht verfügbar ist diese Option für die neue A3-Variante namens Sportback Allstreet. Dieser insgesamt 30 Millimeter mehr Bodenfreiheit bietende A3 ist aber eher für Feldwege denn grobes Terrain geeignet, denn es gibt für ihn genauso wenig wie für den normalen Sportback oder die Limousine eine Allradoption – bei allen 35 TFSI werden nur die Vorderräder angetrieben. Dafür hat der Allstreet neben einigen exklusiven Designmerkmalen an der Karosserie serienmässig eine Dachreling zu bieten.
Ausser in der neuen Allstreet-Variante (nur Sportback) ist der neue A3 sowohl als fünftüriger Sportback als auch als viertürige Limousine in den Ausstattungslinien Basis, Advanced und S-Line erhältlich. Preislich geht es für den Sportback bei 39 550 Franken los, die Limousine kostet 1250 Franken mehr, den Allstreet gibt es ab 41 650 Franken. Die Ausstattung lässt sich markentypisch nach oben erweitern, entweder direkt bei der Konfiguration oder nach dem Kauf mit bis zu fünf Funktionen über das Angebot Functions on Demand für einen Monat, ein halbes Jahr, ein Jahr, drei Jahre oder dauerhaft. PFO