BYD Atto 2: Das sind die Schwächen des elektrischen SUV
Hanno Boblenz | 17.03.2025
Die China-Marke BYD stellt ein elektrisches Kompakt-SUV zum Kampfpreis vor. Der BYD Atto 2 kann vieles, aber nicht alles gut.
Hand aufs Herz: Wie halten Sie es mit chinesischen Autos? Geht gar nicht – oder tiptop, weil günstig? Wenn Sie zur zweiten Fraktion gehören, dann könnte der neue BYD Atto 2 einen näheren Blick wert sein.
In der Schweiz verkündet der chinesische Hersteller am 1. April, mit welchen Modellen er auf dem hiesigen Markt antreten wird – und wieviel die Autos kosten sollen. Im benachbarten Ausland ist BYD schon aktiv und bietet den Atto 2 in Deutschland ab 32‘000 Euro an. Ab Spätsommer soll das 4.31 Meter lange, sehr gut ausgestattete Elektroauto bei den Händlern stehen. Der Atto 2 trifft im hart umkämpften Segment der kompakten Familien-SUV auf starke Konkurrenten wie Citroen e-C3 Aircross, Kia EV3 oder Peugeot e-2008.
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Der Akku hat nur 45 Kilowattstunden Kapazität – und lädt sehr langsam
Die eher müde gestarteten Chinesen wollen endlich auch die Kunden in Zentraleuropa elektrisieren. Bereits das Basismodell Active kommt mit Wärmepumpe, elektrisch verstellbaren Kunstledersitzen, Panoramadach und grossem, drehbaren Bildschirm sowie der üblichen Armada an Fahrhelfern. Selbst eine 220-Volt-Steckdose ist an Bord. Über die Vehicle-to-Load-Funktion (V2L) kann man beispielsweise nach der Radtour das Velo aufladen. Sitz- und Lenkradheizung, Handy-Ladeschale, Parksensoren, 360-Grad-Kamera und elektrisch klappbare Spiegel gibt es in der nächstteuren Ausstattungslinie.
In den Fahrzeugboden packt BYD wie üblich eine sogenannte Blade-Batterie. Die rechteckigen Zellen stecken nicht in Modulen, sondern platzsparend in einem festen Batterierahmen, der Teil der Karosseriestruktur ist.
Und hier kommen wir zum ersten Knackpunkt Der Akku speichert nur 45 Kilowattstunden. In der Stadt könnte das für 300 Kilometer reichen, zumindest im Sommer. Für Kurzstreckenfahrer kein Problem.
Aber Urlaubsreisen werden wenig Freude machen. Denn die maximale Ladeleistung beträgt 65 kW. Zwar werben die Chinesen damit, dass sich der Akku in knapp 40 Minuten von 10 auf 80 Prozent bringen lässt. Doch damit bunkert man eben auch nur Strom für die nächsten 200 Kilometer. Ladesäulen findet das Navisystem dann über Google Maps auch schnell, aber eine vernünftige E-Routenplanung ist im Bordsystem nicht integriert.
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Infotainment und Bedienung im BYD Atto 2? Steigerungsfähig
Überhaupt wirkt das Bedien- und Infotainmentsystem nicht ausgereift. Zwar finden sich viele Apps auf dem grossen Touchscreen, aber das verschachtelte Menü und die Bedienung sind wenig durchdacht. Zwei Beispiele: Der Bildschirm lässt sich zwar teilen, doch nur in Landkarte und Spotify. Radio- und Streaminginfos oder die Telefonfunktion in Kombination mit der Karte gibt es nicht.
Und wer einen Radiosender sucht – die Sprachsteuerung hilft da nicht weiter – muss die Strassenkarte wegklicken. Das wäre kein Problem, wenn dann im Cockpit wenigstens ein Pfeil die Richtung angeben würde. Und warum die unübersichtlichen digitalen Instrumente Geschwindigkeit (wichtig) und Motorleistung (unwichtig) gleich gross anzeigen, weiss nur der Programmierer in Shenzhen.
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Guter Sitzkomfort und viel Platz: Der BYD Atto 2 lädt zum Cruisen ein
Aber genug gemeckert, ab auf die Testrunde. Und die fällt dann doch positiv aus. Die gut konturierten Sitze sind bequem und auf der Rückbank haben auch Erwachsene mit langen Beinen viel Platz. Der 130 kW (177 PS) starke Stromer zieht ordentlich los, lässt aber beim starken Tritt aufs Strompedal vor allem auf nasser Straße die Vorderräder immer wieder durchdrehen. Es gibt nicht nur die üblichen drei Fahrprogramme Eco, Normal und Sport, sondern auch ein Programm für Regen und Schnee. Auch die Rekuperation lässt sich zweistufig verstellen – etwas umständlich im Untermenü der Fahrprogramme –einen grossen Effekt hat das aber nicht.
Der wendige, komfortabel gefederte Wagen ist weniger auf schnelle Kurven als aufs Cruisen ausgelegt und könnte ein unspektakulärer, harmonischer Alltagsbegleiter sein. Wären da nicht die übereifrigen Fahrhelfer, die immer wieder am Lenkrad zupfen und einen auf Kurs bringen wollen.
Zum Ende der Testfahrt ein schneller Blick in den mit 400 Litern klassenüblichen Kofferraum. Der Boden lässt sich auf Höhe der Ladekante einbauen, sodass schwere Sachen nicht aus dem tiefen Loch gelupft werden müssen. Darunter bleibt Platz fürs Kabel, einen Frunk hat der Atto 2 nicht. Doch Vorsicht, die Heckklappe schwingt nicht allzu weit auf. Über 1.70 Meter große Menschen laufen Gefahr, sich beim Beladen eine Beule zu holen.
Was bleibt, ist ein zwiespältiger Eindruck. Eigentlich ist der Atto 2 zu gross für ein Stadtauto, das nur als Zweit- oder gar Drittwagen genutzt wird. Für einen Allrounder lädt er zu langsam und Reichweite fehlt. Wer die will, muss bis Herbst warten, dann kommt die knapp 40‘000 Euro teure Version mit 420 Kilometern Reichweite. Wirklich nervig ist die Bedienung. Aber Chinesen lernen bekanntlich schnell und man kann davon ausgehen, dass sie die Kinderkrankheiten des Bordsystems schnell per Update ausmerzen. SP-X
Technische Daten
BYD Atto 2
Fünftüriges, fünfsitziges Kompakt-SUV
Länge 4.31 Meter, Breite 1.83 Meter, Höhe 1.67 Meter, Radstand 2.62 Meter
Kofferraumvolumen 400 bis 1340 l
E-Motor mit 130 kW (177 PS), Vorerradantrieb, Drehmoment k. A.
Beschleunigung 0-100 km/h 7.9 s, Höchstgeschwindigkeit 160 km/h
Verbrauch k. A., Akkugrösse 45 kWh, Reichweite 312 km (WLTP)
Ladeleistung DC 65 kW, AC 11 kW. Ladedauer DC 10-80 % in 37 Minuten , AC 10-80 % rund 3 Stunden
Preis ab 31‘990 Euro in Deutschland, Schweizer Preis steht noch nicht fest
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