Rudolf Huber | 05.03.2025
Die Erwartungen an den vollelektrischen GLC sind hoch, denn die Verbrenner-Version ist der Bestseller im Mercedes-Portfolio. Akribisch wird der Marktstart im kommenden Jahr vorbereitet, auch auf Eis und Schnee. Erste Erprobungsfahrten.
Es wirkt wie eine Mission Impossible: Vor uns liegt eine steile Bergstrasse mit tief ausgefahrenen, spiegelglatten Spurrillen. Und hier soll der mit weiss-blau-schwarzer Folie getarnte Testwagen aus dem Stand hochfahren, ohne Spikes, ohne Ketten?
Es klappt, und das sogar ziemlich gut. Der Prototyp mit Allradantrieb legt beim Tritt aufs Fahrpedal an Tempo zu, zieht das Steilstück hoch, ohne erkennbar zu ruckeln und zu regeln. Aufgabe erfüllt, das gibt wieder einen Haken im Lastenheft beim Kältetraining nahe des Polarkreises.
Christoph Starzynski, bei Mercedes Leiter Gesamtfahrzeugentwicklung und Integration, drückt das so aus: «Bei der Wintererprobung in Schweden hat unser elektrischer GLC gezeigt, wie zuverlässig und robust er selbst unter extremen Bedingungen ist.»
Massstäbe bei Performance, Reichweite, Effizienz und Ladegeschwindigkeit?
Der künftige GLC mit EQ Technologie, wie er korrekt heisst, ist wegen des grossen Akkus unter der Fahrkabine einen Tick länger als das Verbrenner-Pendant, er bietet laut der Testingenieure das gleiche Platzangebot und den gleichen Fahrkomfort – mit Vorteilen bei der Geräuschentwicklung.
Flüsterleise arbeitet sich der mit Messgeräten vollgestopfte Testwagen durchs Gelände, dank der Luftfederung lässt sich die Karosserie bei Bedarf ein paar Zentimeter in die Höhe lupfen. Damit sind später mal auch ausgefahrene Schotterpisten oder der anspruchsvolle Weg zur Berghütte kein Problem. Und genau diese Fähigkeiten würden ja von einem Midsize-SUV erwartet, so der Experte auf dem Beifahrersitz.
Bei Performance, Reichweite, Effizienz und Ladegeschwindigkeit soll der vollelektrische GLC Massstäbe setzen, heisst es bei Mercedes vollmundig. Dabei bedient er sich auch bei der im Markenkollegen CLA eingesetzten Technik. So kann beim Allradler der E-Motor an der Vorderachse per Disconnect Unit (DCU) blitzschnell zu- oder abgeschaltet werden.
Sensoren erkennen in Sekundenbruchteilen durchdrehende Räder und verteilen das Drehmoment entsprechend. Leistungsdaten nennt Mercedes noch nicht, im CLA leistet der Heckmotor jedenfalls in der ersten Ausbaustufe 200 kW (272 PS), von der Front kommen nochmal 80 kW (109 PS) dazu. Die 800-Volt-Architektur ermöglicht schnelles Laden mit bis zu 320 kW. Auch für den GLC werden mehrere Akku-Versionen zu haben sein.
Mulimodale Wärmepumpe und neues Bremssystem im elektrischen Mercedes GLC
Ein Schwerpunkt bei der Wintererprobung des Strom-GLC lag beim thermischen Komfort. Das Wohlfühlklima an Bord soll nicht zu Lasten der Effizienz gehen. Deshalb kommt eine neuartige, multimodale Wärmepumpe zum Einsatz. Sie nutzt parallel drei Energiequellen. Zum einen die Abwärme der Antriebseinheit, zum anderen die Abwärme der Batterie und dazu noch die Umgebungsluft. Bei den Wintertests konnte der neue Zuheizer seine Fähigkeiten jedenfalls unter Beweis stellen.
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Ebenfalls ein Neuzugang unter dem Blech des GLC mit EQ Technologie ist das Bremsmodul. In diesem werden die bisher räumlich getrennten Zutaten wie Bremskraftverstärker, Hauptzylinder und ESP-Regelung zusammengefasst. Dadurch soll die Rückgewinnung von Bremsenergie verbessert und so die Reichweite erhöht werden.
Beim Fahren bemerkt man davon nichts – und genau diesen Effekt wollten die Techniker erreichen: Das Pedalgefühl bleibt stets gleich, egal, ob rekuperiert oder per Reibbremse verzögert wird. Ein Übergang zwischen den beiden Betriebszuständen ist nicht zu spüren.
Da der elektrische GLC erst im kommenden Jahr auf den Markt kommt, nennt Mercedes noch keine Preise. Zu rechnen ist aber mit einem Einstandspreis von mindestens 80‘000 Franken. SP-X/AR