Morgan Supersport: Britischer Klassiker mit bayerischen Zutaten
Benjamin Bessinger | 08.08.2025
Er hat die Technik eines Neuwagens, sieht aber aus wie ein Oldtimer. Genau dieser Widerspruch macht den Reiz eines Morgan aus - und den neuen Supersport zu einem zeitlosen Klassiker.
Wenn die Briten in diesen Tagen den neuen Supersport in seinen ersten Sommer entlassen, ist das trotz seines antiquierten Designs nicht nur einer der wenigen neuen Roadster dieser Saison. Sondern im Grunde ist es vor allem ein verkleideter Z4. Nur dass man es ihm selbst auf den zweiten Blick nicht ansieht.
Selbst der Z4, beim besten Willen kein Bestseller, ist Massenware gegen den Manufaktur-Roadster, der seltener ist als jeder Ferrari oder Aston Martin und dabei weniger kostet als jeder 911. Denn selbst wenn Morgan sich die Handarbeit und die historische Verkleidung mit fast 100 Prozent Aufschlag gegenüber dem vergleichbaren BMW bezahlen lässt, starten die Preise für den Supersport bei 126‘500 Euro.
Statt in der Presse entsteht die Karosserie in Handarbeit, statt aus Blech wird sie aus Aluminium gedengelt, das über einen Rahmen aus Eschenholz gespannt wird. Und wo BMW mit der Zukunft flirtet, wirft Morgan den Blick ganz weit zurück: Kotflügel, die sich über die gesamte Flanke schwingen, eine Motorhaube wie Schmetterlingsflügel, kurze Türen und dahinter ein Heck wie bei einer Luxusyacht – so lassen die Briten die goldenen Zeiten des Grossen Gatsby wieder aufleben. Einzig die LED-Beamer in den Froschaugen sind ein bewusster Kontrast, der den vermeintlichen Oldtimer zurück ins Hier und Heute holt.
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Auch innen atmet der Supersport den Geist von gestern. Ja, es gibt mittlerweile ein kleines Digitaldisplay, weil Brüssel den Briten ein paar zu viele Warnhinweise ins Lastenheft diktiert hat, als dass man diese alle mit Kontrollleuchten abbilden könnte. Aber es gibt ansonsten viel blank poliertes Aluminium, Holz, Wolle und Leder, klassische Knöpfe und natürlich analoge Instrumente. Die modernen Schalter für die Sitzheizung haben sie deshalb vorsorglich unter dem Armaturenbrett versteckt, die Lordosenstütze justiert man von Hand mit einem Blasebalg und die Musik spielt versteckt aus einem Bluetooth-Lautsprecher.
Und wenn sie schweren Herzens zum BMW-Motor auch die Achtgang-Automatik nehmen mussten, regiert ansonsten überall noch ehrliche Handarbeit. Die Fenster schiebt man zur Seite auf oder baut sie mit zwei Handgriffen gleich ganz aus, das Dach wirft man in einem Schwung zurück, wenn man unter gefährlichem Fingernageleinsatz erst einmal die zwei Schnapphaken geöffnet hat. Wer sich das sparen oder den Morgan auch im Winter geniessen will, bekommt ein Hardtop, das allerdings mit zwei Schrauben auch wieder in der Garage verschwindet.
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Steht einem im Supersport der Himmel erst einmal offen, nimmt die Zeitmaschine so richtig Fahrt auf. Der drei Liter grosse Reihensechszylinder bollert von der Zurückhaltung der Grossserie befreit munter drauf los. Die 340 PS und vor allem die 500 Nm haben buchstäblich leichtes Spiel mit dem eleganten Engländer. Der Supersport macht seinem Namen alle Ehre. Wo andere Roadster durch die Kurven cruisen, rasiert er die Radien und schneidet messerscharf durch die Serpentinen, die hinauf in die Malvern Hills führen. Wie ernst es den Briten damit ist, zeigen Extras wie das Gewindefahrwerk, das mit ein paar Klicks daheim in der Werkstatt perfekt für jede Strecke eingestellt werden kann. Oder das Sperrdifferential an der Hinterachse, mit dem den Zweisitzer auch mit dem Fuss lenken kann.
Aber man muss es gar nicht so doll treiben, um dem Reiz dieses Roadsters zu erliegen. Denn erstens ist er mit gerade mal 1170 Kilo ein wahres Leichtgewicht und deshalb ein viel besserer Sprinter als der BMW, kommt in 3.9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und schafft bei Vollgas 267 km/h. Und zweitens bietet er ein Fahrgefühl so analog, wie kaum ein andres Auto aus dem Jahr 2025. Einsteigen, anlassen, losfahren, Spass haben. Mehr muss man bei einer Fahrmaschine wie dieser nicht wissen. SP-X/AR
Technische Daten
Morgan Supersport
Zweitüriger Roadster, Länge 4.11 Meter, Breite 1.81 Meter, Höhe 1.29 Meter, Radstand 2.52 Meter, Kofferraumvolumen k.A.