Porsche Taycan – Noch besser

Cédric Heer | 27.06.2024

Pionier Der Porsche Taycan war mit seiner Architektur Vorreiter und Vorbild für viele andere. Nach etwas mehr als vier Jahren legt er bei der Technik nun nochmals einen oben drauf.

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Die Turbomodelle heben sich stärker als zuvor von den anderen Versionen ab. Neu ist die Akzentfarbe Turbonit, die unter anderem im Logo zum Einsatz kommt.

Der Porsche Taycan ist seit seiner Pre­miere im Jahr 2019 eines der besten Elektroautos auf dem Markt. Dafür mitverantwortlich sind mehrere Punkte. Porsche hat das Thema Softwareabstimmung als einzige Marke innerhalb des Konzerns mehr oder weniger im Griff, Fehler oder gar Aussetzer gibt es kaum. Das hat auch damit zu tun, dass Porsche beispielsweise einige im Konzern verfügbare Fahrassistenzsysteme nach wie vor nicht anbietet. Das ist verständlich, wenn man die Fehleranfälligkeit betrachtet, für den veranschlagten Preis wären einige Updates aber sicherlich längst notwendig. ­Einen Porsche soll man aber primär selbst fahren, woran auch im Taycan die Chassisabstimmung erinnert, die der Charakteristik der Verbrennerkollegen in nichts nachsteht. Das Gewicht von leer 2.3 bis vollbeladen 2.9 Tonnen bemerkt man nicht nur kaum, sondern quasi gar nicht. Grundstein des Erfolgs des Taycan ist aber seit Beginn die 800-Volt-Architektur, die effizientes Fahren und schnelles Laden erlaubt. Mit dem Facelift geht da gar noch mehr. Es kann mit einer Leistung von bis zu 320 kW geladen werden. Unter optimalen Bedingungen sind so über 400 Kilometer Reichweite in einer Viertelstunde wieder drin. Zu Hause dauert das Nachladen deutlich länger, wobei elf Stunden für eine Vollladung an der 11-kW-Wallbox noch immer o. k. sind. Zumal gar nicht so viel nachgeladen werden muss. Neu 97 kWh Nettokapazität fasst die Performance-Batterie Plus, gemäss WLTP geht es bis zu 600 Kilometer weit, beim Basis-Taycan mit Heckantrieb sind es kombiniert nochmals 70 Kilometer mehr. Diese Angaben scheinen nicht unrealistisch zu sein. Wer gleichmässig fährt, das Strompedal nur streichelt und stets vorausschauend mit der Rekuperationsleistung von neu maximal 400 kW verzögert, drückt den Verbrauch deutlich unter 20 kWh/100 km.

Enorme Spreizung

Doch natürlich bummelt man mit seinem Taycan nicht nur durch die Gegend. Immerhin bietet schon die hinterradangetriebene Basis eine Leistung von 300 kW (408 PS) und ein Drehmoment von 410 Nm. Beim Turbo S sind es bis zu 700 kW (952 PS) und 1110 Nm mit Launch-Control. Und der nur rund 1500-mal gebaute GT bringt es gar auf 760 kW (1034 PS) und 1240 Nm. Samt dem kostenlosen Weissach-Paket, bei dem unter anderem die Rücksitzbank einer Karbonabdeckung weichen muss und ein dicker Spoiler das Heck ziert, sprintet der 2.2 Tonnen schwere GT in 2.2 Sekunden von 0 auf 100 km/h, in 6.4 Sekunden auf Tempo 200 und weiter bis maximal 305 km/h.

Zwei E-Maschinen, hinten nun um 80 kW stärker, treiben bei den Allradmodellen je eine Achse an, vorne über ein Eingang-Getriebe, hinten über zwei Übersetzungsverhältnisse. Mehr als die unmittelbare Beschleunigung beeindrucken Art und Weise, wie der Taycan Kurven nimmt. Die Bausteine sind bei allen Varianten die gleichen. ­Eine adaptive Luftfederung und Aluminium-Doppelquerlenkerachse vorne sowie eine Aluminium-Mehrlenkerachse hinten sorgen für viel mechanischen Grip und eine grosse Spreizung im Fahrwerk.

Geld, dass sich lohnt

Auszuzeichnen vermag sich der Taycan dann auch seit jeher neben dem potenziell tiefen Energiehunger durch ein ruhiges und entspanntes Fahrerlebnis, ein ausgewogenes Fahrwerk und auch in den Turbovarianten durch viel Komfort. Dass die Grundabstimmung passt, zeigt der Basis-Taycan mit Hinterradantrieb. Auch er macht kaum Kompromisse zwischen Reiselimousine und Sportgerät. Der Taycan schafft in jeder Version sofort Vertrauen und bleibt stets berechenbar. Die Rückmeldungen sind verblüffend echt und haben nichts Künstliches, wie man es von manch anderen E-Mobilen kennt. Lässt man die Grundsatzdiskussion über die E-Mobilität oder die fehlenden Emotionen beiseite, gibt es derzeit wenig, das besser fährt als der Taycan – bezogen auf die Authentizität, Spreizung und Dynamik. Erst recht, wenn noch die für die Allradversionen verfügbare neue Sonderausstattung namens Active Ride an Bord ist.

Mit dem Facelift gibt es neue Bug- und Heckteile und neue Matrixscheinwerfer. Der Schriftzug im Leuchtband hinten ist dreidimensional geformt. Der Innenraum hat sich nur unwesentlich verändert. Die Materialqualität wurde leicht besser, die Verarbeitung ist an manchen Stellen noch immer nicht ganz optimal.

Das High-End-Fahrwerk übertrifft andere Konzepte in allen relevanten Kennwerten und bietet eine bisher nicht erreichte Bandbreite zwischen Fahrkomfort und Fahrdynamik – so sagt es Porsche. Tatsächlich ist der manuell einzeln ein- und ausschaltbare Effekt in allen Lebenslagen deutlich spürbar. Unebenheiten werden grösstenteils weggefiltert, einzig grobe Schläge dringen noch bis in die Fahrgastzelle durch. Zudem wird der Aufbau stets horizontal gehalten, Nick- und Wankneigungen werden effektiv überkompensiert. In langgezogenen Kurven stemmt sich der Taycan den Fliehkräften regelrecht entgegen und legt sich wie ein Motorrad in die Kurve. Auch bei Längsbeschleunigung tritt diese Überkompensation auf. Angenehm, aber nicht unbedingt notwendig ist, dass sich die Karosserie um 55 Millimeter anhebt, sobald eine Türe geöffnet wird. Schiesst ein Taycan also plötzlich in die Höhe, ist er mit dem 10 000-
Franken-Extra ausgestattet, das selbst beim Topmodell Turbo S nicht serienmässig inkludiert ist.

Nicht gänzlich robust

Doch über Preise müssen wir bei Porsche nicht sinnieren. Sie sind hoch, für gewisse Extras fast schon unverschämt und auch nach dem Facelift vor allem für die leistungsstärkeren Varianten noch immer nicht ganz angemessen. Ein Taycan 4S mit Allradantrieb und der Performance-Batterie Plus beispielsweise kostet mindestens 143 440 Franken – auch daraus lassen sich locker 200 440 Franken machen – und bietet bereits 600 PS, eine Zeit von 3.7 Sekunden für 0 bis 100 km/h und eine WLTP-Reichweite von 642 Kilometern. Mehr braucht es eigentlich auch nicht, zumal die Turbovarianten ausser noch mehr Leistung gar nicht sonderlich viel mehr bieten. Umso mehr, als dass mit dem Facelift die Serienausstattung etwas umfangreicher wurde und Dinge wie Ambientebeleuchtung, Parkassistent samt Rückfahrkamera oder eine Wärmepumpe immer mit dabei sind. Auch kann man den nur leicht aufgefrischten Innenraum nach Lust und Laune bezüglich Materialien und Farbe individualisieren. Neu mit dem Facelift gibt es eine Anzeige im digitalen Cockpit, die die Ladeprognose und das Ladeverhalten besser nachvollziehbar macht. Viel mehr hat sich abgesehen vom Zusatzdisplay für den Beifahrer, über das auch während der Fahrt Filme geschaut werden können, nicht verändert. Noch immer gilt: Für nochmals sehr viel mehr Geld gibt es einen immer besseren Materialmix, wobei nicht alle Teile gänzlich robust wirken.

Die Verbundenheit mit dem Auto bleibt weiterhin hervorragend, einzig das kleinteilige Infotainmentsystem stört die Symbiose leicht. Während der bisweilen rasanten Fahrt ist es nicht immer ganz einfach, Einstellungen vorzunehmen. Abgesehen von diesen dem Zeitgeist geschuldeten Auswirkungen des modernen Automobilbaus fährt sich der Taycan erfrischend nahbar. Die Sitzposition ist nahezu perfekt, zumindest bei den Kombivarianten passt die Übersichtlichkeit, und auch das Platzangebot im Fond ist für zwei Erwachsene in allen drei Karosserievarianten komfortabel. Wer hinten viel Wert auf Kopffreiheit legt, der sollte zu einer der Turismo-Varianten greifen. Hier steigt das Kofferraumvolumen von 407 Litern in der Limousine auf knapp 450 Liter und mit geklappten Rücksitzen mehr als 1200 Liter. Mit seinem Gesamtpaket ist der Taycan damit sowohl für den Alltag als auch für die Rennstrecke bestens gewappnet. Über 150 000 Einheiten wurden seit der Einführung verkauft. Mit dem gelungenen Facelift, das sich richtigerweise vor allem der Technik gewidmet hat, dürften es noch viele mehr werden. 

Fotos: Porsche

Kommentare

Christian Crott

Ich fahre seit knapp 2 Jahren einen Taycan GTS. Und kann nur immer wieder müde schmunzeln, wenn ich solche Artikel lese. Entweder ist der Autor (von Porsche) gekauft oder er hat keine Ahnung. Die Performance auf der Strasse ist zugegeben sensationell, Hammerstrassenlage, Beschleunigung jenseits von Gut und Böse... Die Performance der Batterie sprich Reichweite ist leider jedoch das genaue Gegenteil. Bei den richtigen Temperaturen kann ich die Batterie auf maximal 400km Reichweite (im Modus "Range") laden. Da nutzt mir dann die 800Volt-Ladetech nik auch nix. Wie um alles in der Welt soll ein Taycan auf eine Reichweite von 600km kommen? Selbst wenn ich das Auto fahre wie eine Hausfrau, reicht es vielleicht für gerade 300km. Aber wir reden hier von einem Porsche rsp. einem Sportwagen. Wenn ich wie eine Hausfrau fahren will, kaufe ich mir einen Tesla und keinen Porsche. Das ganze Konzept "Elektrosportwagen" ist einfach (noch?) nicht stimmig, zumindest bei Porsche. Dafür braucht es meines Erachtens noch eine Menge Entwicklungsarbeit. Die man bei Porsche für viel Geld dem Kunden "überlässt". Nach knapp 3000km war übrigens mein Getriebe im Eimer. Aber das nur nebenbei. Und von dem "Spass" an den Ladestationen, v.a. im Ausland, fange ich jetzt gar nicht erst an.
Christian Crott

Erich HügliChristian Crott

Sehe ich genau so, darum bleibe ich beim Elfer.
PS: gibt es das 993 Cabrio noch? ;-)
Gruss Erich Hügli