Ford Mustang – Das unbeugsame Pferd

Olivier Derard | 01.06.2024

Ikone Der Ford Mustang feiert mit der siebten Generation sein 60-Jahr-Jubiläum. 
Trotz unruhiger Zeiten leistet er Widerstand und behält seinen V8-Saugmotor bei.

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Angesichts der erzwungenen Elektrifizierung, der sich die Automobilhersteller unterwerfen müssen, ist es um die altmodischen, bezahlbaren Sportwagen nicht gut bestellt. Fast alle sind verschwunden oder im Begriff es zu tun. Dennoch gibt es auf der anderen Seite des Atlantiks, im Land der Freiheit, ein unbeugsames Pferd, das noch immer so unbeschwert galoppiert wie am Tag seiner Geburt vor 60 Jahren (s. auch Seite 18). Natürlich: der Mustang.

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Im Jahr 2014 wurde die vorherige Generation des Mustang – ja genau, die Generation, die den Europäern endlich den offiziellen Zugang zu amerikanischen Träumen ermöglichte – in einer weniger leistungsstarken Variante mit gänzlich europäischer Philosophie angeboten. Sie war mit dem brandneuen 2.3-Liter-Ecoboost-Reihenvierzylinder aus dem Focus RS ausgestattet, der 233 kW (317 PS) leistete. Während dieser Motor auf anderen Märkten weiterhin angeboten wird, hat sich Ford überraschenderweise dazu entschlossen, ihn auf dem alten Kontinent nicht mehr zu verkaufen und damit gegen den Strom der Industrie zu schwimmen. Der Grund dafür? Der Vierzylinder kratzte am Mythos und passte nicht mehr zum Image des coolen Herstellers, das sich der amerikanische Hersteller in Europa zu geben versucht.

V8 only

Das Herz mit acht Brennkammern ist also das einzige, das angeboten wird. Dieses ist in zwei Leistungsstufen erhältlich. In der GT-Ausstattung leistet der V8 nun 328 kW (446 PS) und 540 Nm. In der Ausstattungsvariante Dark Horse, die mit dieser neuen Generation eingeführt wird, hat der Motor neue Nockenwellen, was sich positiv auf die Leistung auswirkt. Die Leistungssteigerung ist jedoch gering und beträgt mit 334 kW (453 PS) nur 7 PS im Vergleich zum GT. Das Drehmoment bleibt mit 540 Nm gleich. Der Dark Horse erhält ein Torsen-Hinterachsdifferenzial, und das Getrag-Getriebe des GT wird für die manuelle Schaltung durch ein Tremec-Getriebe mit ebenfalls sechs Gängen, aber kleinerer Spreizung ersetzt.

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Das Herz mit acht Brennkammern wird als einziges Aggregat in zwei Leistungsstufen angeboten: 328 kW (446 PS) und 334 kW (453 PS).

Während die siebte Generation des Mustang das Fahrwerk des Vorgängermodells beibehält, wurde das Aussehen überarbeitet und aggressiver gestaltet. Im Inneren ist er mit den neusten technischen Errungenschaften ausgestattet. Das zeigt sich vor allem im Cockpit, wo das traditionelle, analoge Kombiinstrument des Vorgängermodells vollständig durch ein digitales Display ersetzt wurde. Leider geht dies auf Kosten des Designs, da das hübsche Armaturenbrett in Form einer doppelten Augenbraue, das beim Vorgängermodell als Reminiszenz an das Modell der ersten Generation verbaut war, verschwunden ist. Und vor allem ist diese gelinde gesagt banale Panoramascheibe so gewöhnlich wie jedes andere Display, das in den neusten SUV eingebaut wird. Das ist sehr schade. Glücklicherweise bietet Ford die Möglichkeit, dem Doppelbildschirm einen Retro-Look zu verleihen, indem man ihm das Aussehen der Mustang-Instrumente aus den 1970er-Jahren gibt. Und unter dem Bildschirm gibt es noch eine Reihe willkommener physischer Tasten.

Ziemlich gute Verarbeitung

Die Handbremse behält zwar ihr mechanisches Design, funktioniert aber dennoch elektronisch, da der Handbremshebel einfach eine By-wire-Vorrichtung aktiviert, wie es beispielsweise im Aston Martin Vantage der Baujahre 2005 bis 2017 der Fall war. Wir sind uns nicht sicher, wie sinnvoll das heute ist, zumal es schwerfällt, festzustellen, ob die Bremse wirklich eingerastet ist. Aber es entspricht aktuellen Industriestandards, was einige Kunden dann doch zu schätzen wissen dürften. Im Allgemeinen sind die Qualität der Materialien und die Verarbeitung recht gut. Es wird zwar viel Kunststoff verwendet, aber wer den niedrigen Einstiegspreis dieses Fahrzeugs berücksichtigt (dazu später mehr), wird das nicht als problematisch empfinden. Auch der Ergonomie scheint besondere Aufmerksamkeit gewidmet worden zu sein, sie gibt kaum Anlass zu Kritik.

Beim Start des Motors, der über einen roten Knopf unten in der Mittelkonsole erfolgt, setzt der V8 seine Kolben mit einem für amerikanische Pony-Cars typischen Gluckern in Bewegung. Die Ausatmung kann noch sonorer werden, indem man die Temperamentstufe Sport aktiviert. Sie öffnet die Nüstern des Hengstes über eine aktive Klappe. Es geht aber auch leiser, wenn der «Quiet Start»-Modus (von Ford auch «Good Neighbor»-Modus genannt) aktiv ist.

Bei diesem ersten Ausritt hatte die AUTOMOBIL REVUE die Gelegenheit, die Standardversion GT mit Zehnstufen-Automatik sowie die sportlichere Version Dark Horse in der manuellen Variante zu testen. Trotz der kleinen Designabgrenzungen unterscheiden sich die beiden Mustang-Modelle nicht wirklich in ihrem Temperament. Die Lenkung ist in beiden Fällen unpräzise. Das Gefühl ist nicht sehr gut, und es ist schwer zu spüren, ob die Vorderräder Grip haben oder nicht. Ausserdem scheint die Nase des Autos in den Kurven manchmal ein wenig zu schweben. Und der Stang braucht eine Weile, bis er in Kurven Halt findet. Wenn das Tempo also zunimmt, fühlt sich der Fahrer am Steuer des Autos nicht wirklich entspannt, schon gar nicht in Serpentinen. Kommt dazu, dass der Amerikaner mit seinen 1.8 Tonnen nicht eben ein Ballerino ist. Wie seine Vorfahren wurde auch der Mustang in erster Linie für das Land entwickelt, in dem er gebaut wurde. In den USA sind die Strassen breit und gerade, und der Bedarf an einer scharfen Lenkung ist nicht so gross wie in Europa. Daher sollte das Coupé eher als komfortabler Cruiser denn als reiner Sportwagen betrachtet werden. Dies gilt auch für die Dark-Horse-Version, die von Ford als sportlicher beschrieben wird. Die adaptiven Magneride-Stossdämpfer (optional für den GT, serienmässig für den Dark Horse), die mithilfe von Sensoren Schlaglöcher und Bodenwellen erkennen, können ihre Härte schnell ändern, sodass die Räder besser über Unebenheiten gleiten und sogar zurückfedern können.

Hervorragende Traktion

Man darf lobend erwähnen, dass Ford bei der Hinterachse exzellente Arbeit geleistet hat, denn die Traktion der Hinterräder ist sehr gut. Um zu verhindern, dass der Amerikaner beim Anfahren zu sehr ins Rutschen gerät, haben die Ingenieure offenbar viel Arbeit in das Drehmomentmanagement investiert. Im Dark Horse macht es Spass, mit dem Schalthebel zu spielen, zumal sich der Metallschaltknauf gut anfühlt und sein mechanischer Weg kurz und präzise ist. Der V8 wird in beiden Ausführungen vor allem ab 4500 Umdrehungen lebendig und steigert sich linear bis zum roten Bereich von 7500 Umdrehungen. Das Auto fühlt sich schneller an, als es die beim GT angegebenen 4.9 Sekunden für den Spurt von 0 auf 100 km/h (Automatik) vermuten lassen. Der Dark Horse ist mit 4.4 Sekunden sogar noch um fünf Zehntelsekunden schneller. Der Verbrauch wird offiziell mit rund zwölf Litern pro 100 Kilometer angegeben, steigt jedoch bei schnellerer Fahrt an.

Der ursprüngliche Mustang war selbst für damalige Verhältnisse zu einem günstigen Preis zu haben (2368 US-Dollar), doch auch die neuste, siebte Generation hat ihren attraktiven Preis beibehalten, selbst bei uns. Denn Ford Schweiz bietet ihn zu einem Grundpreis von 66 500 Franken an. Der Dark Horse ist für 77 800 Franken erhältlich. Ein V8-Motor in einer Karosserie mit einem solchen Look, und das alles zu einem so attraktiven Preis – das muss man einfach feiern! Ach ja, und es gibt den Mustang natürlich auch wieder als Cabrio.

Ein Kleinserien-Mustang für die Rennstrecke

Der GTD ist beim Ford Mustang das, was der GT3 beim Porsche 911 ist: eine Rennversion. Allerdings sind die Unterschiede zwischen dem GTD und dem Standard-Mustang noch grösser. Viele Teile sind anders, da das Chassis von der US-Rennsportfirma Multimatic überarbeitet wurde. Der Mustang macht der GTD-Klasse, in der Ford in der amerikanischen Langstreckenmeisterschaft Imsa fährt, alle Ehre. Er leistet 800 PS, die über eine Karbon-Antriebswelle an ein Doppelkupplungsgetriebe geleitet werden, das zur besseren Gewichtsverteilung (50:50) hinten eingebaut ist. Aussen ist die Spur um zehn Zentimeter breiter, und fast die ganze Karosse besteht aus Karbon. Der GTD, der Ende dieses Jahres auf den Markt kommen soll, wird selten bleiben. Die genaue Anzahl der Exemplare wurde zwar noch nicht kommuniziert, aber der Preis von 300 000 US-Dollar sorgt allein für Exklusivität.

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