Smart #3 – Smartus longus

Tristano Gallace | 07.12.2023

SUV-Coupé Aus eins mach drei. Mit dem Smart #3 erweitert die 
Marke ihr Produktportfolio um die längere Coupéversion des #1. Dank seiner Dynamik sollen automatisch Mundwinkel nach oben gehen.

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Länge ist bei Smart ein ganz grosses Thema und tief in der Marken-DNA verwurzelt. Diese Wurzeln liegen in der Schweiz, genauer in Biel BE. Uhrenfabrikant und Visionär Nicolas G. Hayek entwickelte mit Entwicklungspartner Mercedes-Benz das Konzept eines urbanen Zweisitzers, den Smart Fortwo. Bei der Präsentation am Produktionsstandort Hambach (F) vor 25 Jahren nahm der damalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl (knapp zwei Meter Körpergrösse bei identischem Körperumfang) hinter dem Lenkrad Platz – die wohl eindrücklichste Umsetzung des Werbeslogans «Reduce to the max».

Der unverwechselbare Zweisitzer wurde Kult, und so fuhr der Smartie eher mit Sympathien statt mit toller Technik in die Herzen seiner Käufer. Die Marke jedoch tat sich mit weiteren Modellen neben dem Fortwo sehr schwer. Es wurde skurril bis abwegig, um mit dem Roadster und dem Crossblade nur zwei Rohrkrepierer zu nennen. Auch die beiden Ehen, um mit Kooperationspartnern den Smart Forfour zu etablieren, endeten in Scheidungen. Zunächst jene mit Mitsubishi, später die mit Renault. Im kommenden Jahr wird der letzte Fortwo vom europäischen Band rollen, die neue Hashtag-Generation von Smart kommt ausschliesslich aus China. Denn seit 2019 gehört die Marke je zur Hälfte Mercedes-Benz und Geely. Die Chinesen liefern die Technik, die Deutschen das Design. Wem der #1 zu sehr nach SUV aussah, bekommt mit dem #3 nun eine dynamischere Alternative.

Von vorne Zwillinge

Was unterscheidet Häschtäg drei von Häschtäg eins? Von der Front bis zu den Aussenspiegeln gleichen sich die beiden Geely-Smart fast wie Zwillinge. Im Profil unterscheidet sich der Dreier von seinem SUV-Bruder mit einer flacher ansteigenden Fahrgastzelle, einer um acht Zentimeter niedrigeren Fahrzeughöhe und einer abfallenden Dachlinie, die dem One-Bow-Design der Mercedes-Stromermodelle ähnelt. Die gedrungene Form steht ihm gut und lässt den Smart #3 im Stand dynamischer und sportlicher wirken. An der Fahrzeugflanke gibt es versenkbare Türgriffe sowie das Smartlogo prominent auf dem vorderen Kotflügel. Man soll schliesslich erkennen, dass es sich um einen Smart handelt. Der saubere Look der Fahrzeugflanke wird am Heck fortgeführt. Die Dachlinie endet in ­einem schnittigen Spoiler auf dem Heckdeckel.

Bei der Technik des #3 wurde ebenfalls nachjustiert. Neben dem um 3.5 Zentimeter längeren Radstand wurden dem Fahrwerk härtere Feder-Dämpfer-Kombinationen spendiert, und die breiteren Reifen sorgen für mehr Radaufstandsfläche.

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Länger, breiter, tiefer, schneller. Wem der Smart #1 zu kastenförmig und kantig ist, hat mit dem neuen #3 eine dynamische Alternative. Längs­dynamisch geht die Post ab, querdynamisch geht Smart auf Nummer sicher.

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Länger, breiter, tiefer, schneller. Wem der Smart #1 zu kastenförmig und kantig ist, hat mit dem neuen #3 eine dynamische Alternative. Längs­dynamisch geht die Post ab, querdynamisch geht Smart auf Nummer sicher.

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Länger, breiter, tiefer, schneller. Wem der Smart #1 zu kastenförmig und kantig ist, hat mit dem neuen #3 eine dynamische Alternative. Längs­dynamisch geht die Post ab, querdynamisch geht Smart auf Nummer sicher.

Beim Innenraum setzt Smart weitgehend auf bekanntes #1-Interieur. Die Verarbeitung und Haptik sind gut. Kleine kosmetische Änderungen betreffen die zentralen Lüftungsdüsen oder Infotainmentfunktionen wie Carplay. Der markanteste Unterschied findet sich beim Gestühl der Passagiere. Dieses wurde aufgepeppt und die Sitzposition um zwei Zentimeter abgesenkt. Das vermittelt in der ersten Reihe den Eindruck, mehr in statt auf dem Fahrzeug zu sitzen. Der längere Radstand kommt der Beinfreiheit in der zweiten Sitzreihe zugute. Auch deren tiefere Sitzposition wirkt in Kombination mit dem weit nach hinten reichenden Glasdach ­einer geringeren Kopffreiheit durch die coupéhafte Dachlinie entgegen. Um den hinteren Passagieren noch mehr Kopffreiheit zu gewähren, verzichtete man auf das im #1 serienmässige Dachrollo. Damit kommt nun zwar viel Licht in den Innenraum, doch leider erwärmt sich dieser bei direkter Sonneneinstrahlung unverhältnismässig stark.

Einmal gemütlich, einmal flott

Zur Produkteinführung gibt es den Smart #3 als Premium, welcher seine 200 kW (272 PS) ausschliesslich an die Hinterräder abgibt, und als Allradversion #3 Brabus. Diese liefert 315 kW (428 PS) Leistung. Gespiesen wird der Antrieb in beiden Fällen von einer Batterie mit 66 Kilowattstunden Kapazität. Die Fahrmodi Eco und Comfort funktionieren im urbanen Umfeld prima, sodass das Fahren zur flüssigen und unaufgeregten Nebensache wird. Die Modi kombinieren eine leichtgängige Lenkung mit reduzierten Leistungsabgaben und unterschiedlichen Rekuperationsstärken.

Wer die Stadt verlässt, ist mit dem Sport-Modus besser bedient. Die Lenkung gewinnt an Stabilität und Feedback, das Fahrzeug fühlt sich etwas satter an und läuft auch bei hohen Geschwindigkeiten spurtreu. Der Motor ruft seine gesamte Leistung ab und soll laut Hersteller erst bei Tempo 180 elektronisch eingebremst werden. Die Allradversion besitzt zusätzlich ­einen Brabus-Modus, der nun eine fast schon digitale Motorkennlinie freigibt. Die Beschleunigung ist auf Sportwagenniveau, aus dem Stand sollen 100 km/h nach 3.7 Sekunden erreicht werden. Es gibt wenige Fahrzeuge, die da mithalten können. Und noch weniger, die dabei noch erschwinglich sind.

Diese Beschleunigungsorgien machen Spass, doch auf Dauer hat man von der kopfnickenden Fahrweise genug. Auf kurvigen Strassen zeigt der #3, dass er aber vor allem ein sehr sicheres Fahrzeug ist. Schnelle Kurveneingänge absolviert der Smart weitestgehend neutral. Das liegt zum einen an der ausgewogenen Gewichtsverteilung, zum anderen wird bereits beim Rollen, spätestens aber beim Bremsen rekuperiert. Wer zu früh wieder herausbeschleunigen will, landet unausweichlich im elektronischen Fangnetz. Das ESP bringt den übereifrigen Piloten wieder in die Spur und gibt die Leistung erst wieder frei, wenn die Räder wieder in Fahrtrichtung stehen.

Die Fahrmodi des #3 haben auf das Fahrwerk keinen Einfluss, daher wurde ein Kompromiss zwischen dynamisch und straff gefunden. Ein Hoppeln ist nur auf sehr schlechtem Untergrund feststellbar, das in Kurven seitliche Wanken des #1 wurde hingegen deutlich reduziert, was dem Fahrwerk sowie auch dem niedrigeren Schwerpunkt zugeschrieben werden darf.

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Der grössere Radstand macht sich im Innenraum bemerkbar und kommt der Beinfreiheit im Fond zugute. Leider ist die Rückbank 
beim #3 nicht mehr längs verschiebbar.

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Der grössere Radstand macht sich im Innenraum bemerkbar und kommt der Beinfreiheit im Fond zugute. Leider ist die Rückbank 
beim #3 nicht mehr längs verschiebbar.

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Der grössere Radstand macht sich im Innenraum bemerkbar und kommt der Beinfreiheit im Fond zugute. Leider ist die Rückbank 
beim #3 nicht mehr längs verschiebbar.

Immer in Alarmstimmung

Der Smart #3 kommuniziert mit seinem Piloten. Viel sogar. Ja, sehr viel. Nein, viel zu viel. Auf jede noch so kleine Geschwindigkeitsübertretung wird neuerdings mit mahnender Stimme aufmerksam gemacht. Oft sogar zweimal hintereinander. Sonnenbrillen mit dunkeln Gläsern oder ein Gähnen reichen aus, und der Smart hält seinen Fahrer zu mehr Aufmerksamkeit an. Vieles lässt sich aktiv ausschalten, doch beim nächsten Start beginnt die Leier wieder von vorne. Etwas mehr Gelassenheit könnte hier dem System über ein Online-Update gern eingeflösst werden, denn leider trübt die dauernde Bevormundung den ansonsten tadellosen Auftritt der restlichen Assistenzsysteme.

Hartes Konkurrenzfeld

War der damalige Zweisitzer konkurrenzlos, hat der #3 jede Menge Mitbewerber. Zum ­einen die Geely-SEA-Plattform-Brüder Smart #1 oder Volvo EX30 (Anwärter Car of the Year 2024). Zum anderen die gesamte chinesische Verwandtschaft, die hierzulande mit ihren Produktfeuerwerken (noch) nicht vertreten ist, unter ihnen Firmen wie BYD, MG oder GWM. Für den Preis von rund 42 980 Franken (Premium) oder 47 480 Franken (Brabus) erhält man ein sehr gutes Elektroauto für den Alltag mit vielen Assistenten, hoher Leistung und guter Reichweite. Und auch wenn der Smart gewachsen ist, schaut er immer noch irgendwie niedlich aus. 

Fotos: Smart

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